Spiel, Kuss & Sieg
aufgeschreckt hatte. Sie hatte sogar versucht, sich zu verstecken!
Seufzend lehnte er den Kopf gegen die warmen Kacheln und starrte in die Dampfschwaden, die träge durch die Luft glitten. In wenigen Minuten würde sie ihm präsentieren, woran sie gearbeitet hatte. Vielleicht würde es ihm dann gelingen, all ihre Lügen und Täuschungsversuche aufzudecken und sie als die Betrügerin zu entlarven, die sie in Wirklichkeit war.
Und anschließend würde er sich um das andere unerledigte Geschäft kümmern, das seit sechs Jahren wie eine nicht explodierte Bombe zwischen ihnen stand.
Seit sechs Jahren verfluchte er sich, weil er in jener Nacht sein Urteilsvermögen dem Verlangen geopfert hatte. Allmählich ärgerte ihn jedoch mehr, was er in jener Nacht nicht getan hatte. Wenn er, wie sonst auch immer ein Kondom bei sich gehabt, wenn er sie nicht alleine gelassen, wenn er auf der kalten harten Bank aus Stein den letzten Schritt getan hätte, würden ihn jetzt nicht die Gedanken an das quälen, was ihm entgangen war.
Damals war er für ein Vergehen bestraft worden, das er gar nicht begangen hatte. Aber da er den Preis ja schon bezahlt hatte, war es da nicht folgerichtig, dass er nun die Frucht auch versuchen durfte?
Eine halbe Stunde vor der Zeit betrat Tamsin mit dem Laptop unter dem Arm das Schwimmbad. Sie wollte alles vorbereitet haben, bevor Alejandro eintraf. In seiner Gegenwart, so viel wusste sie mittlerweile, war es um ihr rationales Denken geschehen.
Bis vorhin hatte sie in ihrem Zimmer alle Kombinationen durchprobiert, die mit ihren wenigen Kleidungsstücken möglich waren.
Wenn sie doch nur ihr rotes Kleid eingepackt hätte! Darin fühlte sie sich immer stark und selbstbewusst. Oder das kurze Limonengrüne, das selbst von ihr entworfen worden war, darüber den schwarzen Cardigan … perfekt für einen warmen Abend wie heute.
Missmutig betrachtete sie nun die in Gold-und Pinktönen gehaltene Tunika aus Seide, für die sie sich notgedrungen entschieden hatte. Sie fuhr erschrocken zusammen, als ihr eine Frau in einem kurzen weißen Kleid entgegenkam. Sie bewegte sich mit einer natürlichen Anmut, die Tamsin nur bewundern konnte. „Buenas tardes“ , murmelte sie und strebte weiter dem Ausgang zu.
Vielleicht würde sie sich nicht so unwohl fühlen, wenn es hier nicht von wunderschönen Frauen geradezu wimmelte.
Vielleicht auch doch. Vielleicht redete sie sich nur ein, dass Kleider und Mode einen Unterschied bedeuteten. Denn Kleidung hin oder her, letztendlich lief es darauf hinaus, dass sie nicht sexy genug war. Aus diesem Grund hatte er sie vor sechs Jahren sitzen gelassen, mit halb ausgezogenem Kleid und ihrem in winzige Fetzen zerrissenen Stolz.
Das Schwimmbad umgab, wie den Rest von San Silvana, einen Hauch von europäischem Kolonialismus. Es war ein hohes, quadratisches Gebäude. Den Eingangsbereich zierten weiße Säulen. Aus der Ferne wirkte es wie eine spanische Kirche. Doch beim Näherkommen sah man, dass es in Wirklichkeit eine harmonische Kombination aus alten und neuen Elementen bildete. Eine Wand war komplett entfernt und durch gläserne Schiebetüren ersetzt worden, die auf eine Terrasse mit dunklen Holzdielen hinausführten.
Tamsin stellte ihren Laptop auf einen großen Tisch in der Mitte der Terrasse und setzte sich. Sie versuchte, sich von der luxuriösen Umgebung weder beeindrucken noch einschüchtern zu lassen.
Kühl und professionell, dachte sie. Rasch öffnete sie die Dateien, die ihre Entwürfe enthielten, die technischen Angaben, sowie eine grobe Kostenkalkulation für jedes Trikot. Sie kontrollierte, ob alle Informationen vorhanden waren. Dann kontrollierte sie ein zweites Mal. Erst danach lehnte sie sich zurück, biss sich auf die Unterlippe und schaute auf die Uhr.
In ihrem Magen breitete sich ein flaues Gefühl aus, das weder cool noch professionell war. Alejandro würde erst in zwanzig Minuten kommen – bis dahin war sie ein einziges Nervenbündel.
Kurz entschlossen schob sie ihren Stuhl zurück und schlenderte in das Schwimmbad hinüber. Das Becken nahm nur ungefähr die Hälfte des Gebäudes ein, den restlichen Platz teilten sich eine Sitzecke aus gemütlichen Liegestühlen und eine Bar. Zudem gab es einen Whirlpool und einen großzügig gestalteten Duschbereich. Am hinteren Ende sah sie zwei mattierte Glastüren.
Neugierig ging sie darauf zu. Die erste Tür führte in eine Umkleidekabine. Unter einem überdimensionierten Spiegel mit dunklem Holzrahmen befanden sich
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