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Spiel mir das Lied vom Glück

Spiel mir das Lied vom Glück

Titel: Spiel mir das Lied vom Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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Jesus hat für uns gelitten, und wir müssen für ihn leiden, und diese Kinder müssen schon früh lernen, dass nicht alles im Leben perfekt ist. So, jetzt wollen wir wieder beten. Ich muss noch zur Maniküre.‹«
    »Verdammt.« Lara ließ sich zu uns in den Kreis fallen. »Verdammt und verflucht.«
    In völliger Stille dachten wir Frauen über Verdammung und Verfluchung nach. Eigentlich waren wir auf den Psycho-Abend über die Macht der Brüste eingestellt.
    Nach einigen Minuten des Schweigens sagte Lydia: »Lara, das hier ist meine Nichte Julia.«
    Lara gab mir die Hand.
    »Freut mich«, sagte ich. »Was hat sie gekauft?«
    »Was?« Lara wusste nicht, wovon ich sprach.
    »Die Frau, die mit Gott spricht. Die genau weiß, was er will. Vielleicht hat Gott ihr gesagt, was sie bei Pottery Avenue bestellen soll.«
    Lara lächelte, dann ließ sie die Schultern hängen. »Nun, er hat ihr gesagt, sie soll drei verschiedene Sets von Platten kaufen, einen Stuhl, Tischdecken, neue Töpfe … Ich habe gehört, wie sie mit der Verkäuferin um den Preis feilschte. Nichts da mit einem Dach für die Vorschüler, aber immer gerne gestreifte Teller für den Picknickkorb für 535 Dollar.«
    Laras blondes Haar war zu einem strengen Knoten zurückgekämmt. Strahlend blaue Augen schätzten mich ab. Sie war größer als ich, aber fast so dünn wie die schöne Hellseherin mit dem zuckenden Auge.
    Lara trug eine beige Hose. Langweilige flache Schuhe. Eine unauffällige blaue Bluse, die bis oben zugeknöpft war. Um den Hals hing ein mittelgroßes goldenes Kreuz.
    »Hübsches blaues Auge«, bemerkte sie. »Wer war das denn?«
    Ihre Direktheit störte mich nicht. »Mein Ex-Verlobter. Aus gutem Hause. Eine alteingesessene, angesehene Bostoner
Familie«, sagte ich leise. »Da gibt es jede Menge guter, angesehener Männer, und allen rutscht bei ihren Frauen hin und wieder die Hand aus. Ihre Freundinnen schlagen sie offenbar nicht. Nein, das müsst ihr streichen. Solche Skandale werden vertuscht. Wer will sich schon mit einer guten, alteingesessenen, angesehenen Familie anlegen, insbesondere wenn der Öffentlichkeit vermittelt wird, dass die Frau, die betreffende Geschlagene, in Wirklichkeit drogenabhängig und eine Schlampe ist und mit dem unberechtigten Prozess nur an das Geld der Familie will.«
    »Ah, verstehe. Keine Sorge. Solche Leute kommen nach dem Tod postwendend in die Hölle. Wenn ich nur eins weiß, dann dass prügelnde Männer und Kinderschänder direkt nach unten wandern. Wer ohne Reue Unschuldige schlägt, hat keine Vergebung verdient.« Lara trank noch einen großen Schluck Wein, zog sich dann müde das Gummiband aus dem Haar, so dass ihr die blonden Locken bis auf die Schultern fielen.
    Sie öffnete die obersten Knöpfe ihrer Bluse und drehte dabei den Kopf hin und her, als hätte die Bluse sie fast erwürgt.
    Die Verwandlung war erstaunlich. Vorher hatte Lara wie, nun ja, wie ein richtig fromme Pfarrersfrau ausgesehen, und jetzt wirkte sie wie eine Studentin, die jeden Abend mit Freunden herumsaß und trank.
    Lara hob mir ihr Glas entgegen. Ihr Mund zitterte. »Sei froh, dass du abgehauen bist. Du hättest dein ganzes Leben lang ordentlich und anständig sein müssen und nicht die Frau sein dürfen, die du bist. Dein Leben lang. Du hättest tun müssen, was die anderen von dir erwarten. Du hättest sein müssen, was andere von dir erwarten.«
    Wieder trank sie, und ich sah eine Ader an ihrer Schläfe pochen, während sie die tanzende Flamme der Kerze beobachtete.
    »Und wenn du auch nur das kleinste bisschen von ihren Vorstellungen abgewichen wärst, hätten dich die Leute empört
angeguckt, und deine Schwiegermutter hätte deinem Mann vorgeschlagen, du bräuchtest vielleicht eine psychologische Beratung oder mehr Bibelstunden. Dich als Mensch hätte es nicht mehr gegeben. Zertreten wie ein Käfer. Alles wegen eines Fehlers, den du vor vielen Jahren gemacht hast, als du jung und verliebt warst und unbedingt deinem Vater gefallen, aber noch dringender vor ihm fliehen wolltest.«
    »Hier, iss das!« Lydia gab Lara einen Brownie. »Nimm zwei!«
    »Ist was drin?« Ich hörte Hoffnung in Laras Stimme, als sie abbiss.
    »Nur ein bisschen. Wie gewünscht.«
    Lara aß den Brownie und trank zwischendurch mit geschlossenen Augen den Wein in großen Zügen. Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, wie heißt du nochmal?«
    Ich nannte ihr meinen Namen.
    »Julia, Julia, Julia.« Sie ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen, als könnte

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