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Spiel mir das Lied vom Glück

Spiel mir das Lied vom Glück

Titel: Spiel mir das Lied vom Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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reingeguckt, weil, er kann nämlich gar nicht lesen. Hat nicht viel Grips im Kopf, genau wie sein Alter. Der erinnert mich jeden Tag an seinen Vater. Der Typ hat mich abgezockt, mir den Braten in die Röhre geschoben, und dann wurde er wegen Mord verknackt. Und ich hockte allein da. Kein Unterhalt, nichts. Der ist der letzte Dreck.« Brandy kratzte sich am Hals, musterte ihre Fingernägel, kratzte sich wieder.
    Ich wusste, wie ich mit ihr umzugehen hatte: genau wie mit meiner Mutter. Und wie mit Robert. Die Erkenntnis verschaffte mir Aufschub. Ich hatte Roberts Ego so oft gehätschelt, damit er sich beruhigte, ich war eine Meisterin darin.
    Ich nickte mitfühlend.
    »Und Carrie Lynns Vater ist kein Stück besser. Ist auch abgehauen, mit ’ner anderen. Hab ihn nicht groß gekannt, aber er wusste genau, dass er mir ein Blag angedreht hatte. War ihm aber scheißegal. Und beide Kinder haben nur geschrien. Die ganze Zeit haben die geschrien.«
    Das wunderte mich nicht. Babys schreien halt, wenn sie Hunger haben.
    »Dann müssen Shawn und Carrie Lynn die Intelligenz von Ihnen haben«, schmeichelte ich ihr. »Die beiden sind so klug. Richtige Überflieger. Wenn Sie öfter in der Bücherei wären, würde das bestimmt noch mehr helfen. Ich weiß, Sie als gute Mutter möchten bestimmt, dass die beiden bei Ihnen zu Hause sind, aber Sie müssen ja auch arbeiten und haben so viel zu tun –«
    »Das können Sie wohl laut sagen! Ich hab ’ne Menge zu tun. Wenn keine Schule ist, laufen die mir ständig vor den Füßen rum. Ich hab genug zu tun. Ich bin nicht so eine reiche Schlampe, die nicht weiß, was sie mit ihrer Zeit anfangen soll.«
    »Natürlich nicht. Sie müssen bestimmt sehr hart arbeiten.«
Ja, es musste anstrengend sein, mit einem Typen nach dem anderen zu schlafen, um an Geld für Drogen zu kommen. Ich wusste immerhin so viel über Drogen, dass sie die Seele eines Menschen auslöschten und ihn in einen Teufel verwandelten.
    »Apropos harte Arbeit: Da die Kinder jetzt so viel lesen, wäre es gut, wenn sie einen Bibliotheksausweis bekämen. Shawn, lauf mal schnell rein und bring uns zwei Anträge auf Bibliotheksausweise.« Ehe Brandy protestieren konnte, war Shawn schon unterwegs. Carrie Lynn drückte sich an meine Seite. Kurz darauf kam ihr Bruder zurück.
    »Sie müssen nur hier Ihre Adresse eintragen und dann hier unterschreiben, Brandy. Dann sorge ich dafür, dass Shawn und Carrie Lynn einen Mitgliedsausweis bekommen. So können sie herkommen und sind Ihnen nicht im Weg, wenn Sie arbeiten müssen.«
    Zuerst glaubte ich, sie wäre dagegen, doch dann bekamen ihre bösen kleinen Augen einen verschlagenen Blick. Sie nickte, trug ihre Adresse ein und unterschrieb. Ich nahm ihr die Anträge aus der Hand.
    Vielleicht hätte mir Brandy mit ihrer Drogenabhängigkeit ein wenig leidgetan, wenn sie nicht so eine erbärmliche, sträflich schlechte Mutter gewesen wäre.
    »Also, ich bin immer von eins bis fünf da. Die Kinder können um ein Uhr kommen, dann schicke ich sie um fünf nach Hause. Sie können beim Sortieren der Bücher helfen, ich kann mit ihnen lesen. Wir haben hier nicht viel zu tun.«
    Ich stellte mir Ms. Cutters Gesicht vor, wenn sie das hörte. Als hätte sie in eine Zitrone gebissen. »Unerwünschte Familien« in ihrer Bibliothek! Eine Schande!
    »Wenn Sie die beiden zwischen den Beinen haben wollen, bitte schön«, sagte Brandy und verzog den Mund. Sie kratzte sich im Gesicht, dann am Arm und untersuchte ihre Haut. Ich nahm an, dass sie auf Crystal war. »Aber wer die Bullen
gerufen hat, dem können Sie sagen, dass ich eine Pistole habe, und die benutze ich auch, wenn sich jemand in meine Sachen einmischt, verstanden?«
    »Das verstehe ich, Ma’am«, sagte ich mit vollendeter Höflichkeit und wünschte mir insgeheim, sie wäre bald tot. Beispielsweise von einem Laster überfahren. »Aber ich war das nicht. Also dann bis morgen um eins, Shawn und Carrie Lynn«, sagte ich lächelnd. Shawn blickte nicht auf, aber ich merkte, dass er grinste. Sogar Carrie Lynns Mundwinkel verzog sich zu einem Schmunzeln.
     
    Stash bestand darauf, weiterhin mit uns Schießen zu üben. Als ich schlafen ging, zischten mir die Kugeln nur so um den Kopf.
    Aber irgendwie konnte ich danach besser schlafen.
    Ruhig und gefasst wachte ich auf.
    Ich war bereit für Ms. Cutter.
     
    Ms. Cutter drehte tatsächlich durch, als Shawn und Carrie Lynn um eins kamen und bis fünf Uhr blieben. Leider verlor sie vor den Kindern die Fassung. Am

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