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Spiel mit dem Feuer

Spiel mit dem Feuer

Titel: Spiel mit dem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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soll immer nur die Tatsache überdecken, daß sie sich einfach nicht
besonders leiden können.« Er ließ den Hubschrauber küstenwärts gleiten, bremste
ihn ab. »Da — schauen Sie mal. Das gehört alles den Wellbrights. Pali House,
Malihini House, La’i Cottage — Peters Haus — und Lani House, wo Stephanie und
Ben wohnen.«
    Ich schaute hinunter, erkannte die
aquamarinfarbenen Ziegel des Pali House und den Rasen vor dem Malihini House.
Ein kleineres Gebäude lag zwischen den Bäumen westlich davon, und dahinter
befand sich ein Komplex mit etlichen Trakten und einem blauen Ziegeldach.
    »Geben hier alle Leute ihren Häusern
Namen?«, fragte ich.
    Russ lachte. »Nur die reichen. La’i
heißt Frieden, und Lani bedeutet himmlisch.«
    Ich musterte ein Areal auf der anderen
Seite vom Lani House — ein wildes Durcheinander aus umgestürzten Bäumen und
Gestrüpp, das ein Windbruch zu sein schien. »Was ist das?«, fragte ich und
zeigte mit dem Finger darauf.
    »Das, was Iniki von Elsons Wald übrig
gelassen hat. Gartenbau war sein Hobby. Er hat ein Stück Naturwald genommen und
andere einheimische Bäume und Pflanzen dazwischengesetzt. Wär schrecklich für
ihn, das da sehen zu müssen.«
    Der Windbruch wirkte bedrohlich und
irgendwie deplatziert neben dem gepflegten Anwesen.
    »Was ich sagen will«, fuhr Russ fort,
»ist, dass die Wellbrights viel zu reich sind, um Pläne zu schmieden, wie sie
den Daumen auf Petes Geld halten können. Die einzig vergleichbaren Ländereien
hier an der Nordküste sind diese Parzellen da unten, zwischen dem
Wellbright-Land und dem staatlichen Naturschutzpark. Außerdem besitzt die
Familie noch Ranchland bei Hanea und Zuckerrohrfelder auf der Südostseite.«
    Ich nickte, betrachtete die riesigen
Landparzellen unter uns und studierte dann einen überfüllten, von Bäumen
gesäumten Strand, der im Schutz einer felsigen Landzunge und eines Riffs lag.
Die Straße schien an dem zugehörigen Parkplatz zu enden.
    »Erzählen Sie mir von Elson
Wellbright«, sagte ich.
    Tanner blickte versonnen vor sich hin.
»Er war ein komischer Vogel, selbst für diese Familie, aber ich hab ihn gemocht
und geachtet. Meine Familie, wir sind arme Verwandte, Mischlinge — wir haben
vor allem hawaiianisches, aber auch ein bisschen portugiesisches, ein bißchen
Haole-Blut. Es heißt zwar, diese Inseln seien ein Schmelztiegel, aber das hier
ist immer noch eine Klassengesellschaft, und die Hawaiianer stehen ganz unten,
was uns für Leute wie die Wellbrights zu unerwünschten Personen macht. Aber
Elson mochte mich aus irgendeinem Grund. Er hat mir Bücher geliehen und mir
Dinge über meine Kultur beigebracht, die mich richtig stolz gemacht haben. Und
vor zwölf Jahren, als ich meine eigene Charterfirma aufmachen wollte, hat er
mir das Geld gegeben, um diesen Vogel hier zu kaufen. Ich verdanke ihm alles.«
Er hielt inne. »Hey, tun Sie mir einen Gefallen?«
    »Was?«
    »Machen Sie die Augen zu und erst
wieder auf, wenn ich’s sage.«
    Ich schaute auf die endlosen tückischen
Wände aus gefaltetem Felsgestein, die vor uns in die raue See abfielen.
»Tanner, was haben Sie vor?«
    »Seien Sie nicht so ein Hasenfuß und
trauen Sie mir.«
    »Okay.« Ich schloss die Augen und
gelobte, mich bitter zu rächen, falls er irgendetwas Beängstigendes tun sollte.
    Mit geschlossenen Augen zu fliegen
erzeugt eine merkwürdige Orientierungslosigkeit. Man glaubt vielleicht zu
wissen, ob man im Geradeausflug oder in einer Kurve, im Steig- oder Sinkflug
ist, aber wenn man dann die Augen aufmacht, findet man sich in der Mehrzahl
aller Fälle in einer Lage oder Höhe, auf die man nicht gefasst war. Da ich mit
Hubschraubern überhaupt nicht vertraut war, kam mir jetzt jeder Richtungssinn
abhanden.
    »Tanner?«, sagte ich nach etwa einer
Minute.
    Keine Antwort.
    »Tanner!«
    »Okay, aufmachen!«
    Wir schwebten neben den Klippen, so
tief und so dicht am Fels, dass ich das Gefühl hatte, ihn berühren zu können,
wenn ich die Hand hinausstrecken würde. Rotbraun und tief gefurcht, ragten die
Steilwände aus dem Sand halbmondförmiger Buchten oder aus tosender Brandung in
den unglaublich blauen Himmel. Die Sonne, jetzt schon im Westen, goss goldenes
Licht über die tiefgrünen Spalten und obsidianfarbenen Lavazungen, ohne jedoch
die grandiose Schroffheit zu mildern. Nichts vermochte das — nicht mal die
Jahrtausende.
    Mir stockte der Atem, und ich sah Russ
an. Er nickte, selbst sichtlich ergriffen. »Die Na-Pali-Küste«, sagte er.
    »Was

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