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Spiel mit dem Feuer

Spiel mit dem Feuer

Titel: Spiel mit dem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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dann endgültig zum
Teufel. Celia schmiss Elson aus dem Pali House raus, und er zog ins La’i
Cottage. Schon gesehen?«
    »Noch nicht.«
    »Das ist ein tolles Haus. Jede Menge
Musterbeispiele für hawaiianische Handwerkskunst. Tonnenweise Bücher über
unsere Kultur. Er war jemand, den es wirklich interessiert hat, wie die
Vergangenheit die Gegenwart prägt. Und er glaubte an die heilige Verantwortung
für ‘aina — die Erde. Er war Teil dieser Insel, und sie war ein Teil von
ihm.«
    Er hielt inne, um auf das Funkgerät zu
horchen. Die Stimme eines anderen Piloten sagte: »Hey, Brah, wer hat
dich gechartert?«
    »Koreaner, die sich Land anschauen
wollen.«
    »Sehn wir uns nachher im Shack?«
    »Klar, Mann.« Tanner grinste mich an.
»Wenn wir zurück sind, gucken wir in meinem Stammlokal vorbei und zischen ein
paar Bier mit dem Burschen. War mal ein Kumpel von Drew Wellbright, kann Ihnen
vielleicht was über die Familie erzählen.«
    »Drew ist der jüngste Sohn, Andrew?«
    »Richtig.«
    »Inwiefern ist er aus der Bahn
geraten?«
    Tanners Miene verfinsterte sich.
»Drogen. Er war selber drauf und hat damit gedealt.«
    »Was ist aus ihm geworden?«
    »Keine Ahnung. Vielleicht weiß es ja
mein Freund.«
    »Noch eine Frage zu Elson: Wenn er so
an Kauai hing, warum hat er sich dann davongemacht?«
    Er zuckte die Achseln. »Vielleicht war
da ja eine Frau, die ihm noch mehr bedeutet hat als die ‘aina. Wir
fliegen jetzt zu dem Stück Land rüber und setzen die Kunden ab, damit sie sich
dort umgucken können. Und während sie beschäftigt sind, gönnen wir zwei uns ein
bißchen Fun !«
     
    Die geschichteten, gekerbten Wände des
Waimea Canyon stürzten auf uns zu, während der Hubschrauber einer riesigen,
rostfleckigen Felszinne entgegenraste. Ohne das Gewicht der drei koreanischen
Geschäftsleute wirkte er so leicht wie eine Libelle. Ich klammerte mich an
meinem Sitz fest, als Tanner den Helikopter nur wenige Meter vor der Felswand
seitlich wegzog und wir in den Himmel emporstiegen.
    Er sah mich an und lachte, ein Ausbruch
schieren Vergnügens. Warf dabei den Kopf so schwungvoll zurück, dass sein
glattes, schwarzes Haar flog. »Schon gewusst?«, sagte er, »Hubschrauber sind
letztlich in jedem Flugmodus instabil.«
    »Danke für die Information.«
    »Soll ich Ihnen sagen, wie sich so ein
Vogel in Wirklichkeit definiert: Zehntausend bewegliche Teile, die alle nur
danach trachten, einem körperlichen Schaden zuzufügen.«
    »Russ!«
    Er lachte wieder. Meine Anspannung
verflog, und ich lachte mit. Wir schwangen uns im Rückwärtsflug über einen
Felskamm, ließen uns in die nächste Schlucht sinken und stiegen dann in einer
Serie schneller Spiralen empor.
    Es war phantastisch!
    »Tanner«, sagte ich, »Sie sind
verrückt.«
    »Wollen Sie mal ran?«
    »Nein!«
    »Wenn Sie nicht aufpassen, nenn ich Sie
nur noch Hasenfuß.«
    »Ich schreie doch nicht ›Aufhören‹,
oder?«
    »Nein.«
    »Und gekotzt hab ich auch noch nicht,
oder?«
    »Zum Glück nicht.«
    »Also?«
    »Also?« Er ließ den Hubschrauber steil
in Richtung Canyongrund hinabgleiten, stieg dann wieder hoch und blieb neben
einem breiten Felssims in der Luft stehen. »Wissen Sie was: Ich könnte Sie doch
für ein Weilchen hier absetzen.«
    »Absetzen?«
    »Ja. Ich geh auf dem Sims da runter,
lass Sie raus, und Sie bleiben da sitzen, während ich meine Kunden wieder
abhole. Auf die Art können Sie diesen Ort hier wirklich erleben — ihn fühlen.
Die Chance kommt vielleicht nicht wieder.«
    Es war eine verlockende Vorstellung,
aber plötzlich überkam mich die irrationale Angst, er würde mich im Stich
lassen. Die Nacht würde hereinbrechen, und in dieser Höhe würde die Temperatur
radikal absinken. Bis zum Morgen wäre ich ein Fressen für die Geier. Hy würde die
ganze Insel nach mir absuchen und irgendwann schließlich erraten, was passiert
war. Wenn es ihm gelänge, Tanner zum Reden zu bringen, würde er von mir nur
noch ein paar kahl gefressene Knochen finden, nicht mal genug für eine
Beerdigung. Aber meine Familie legte ja sowieso keinen großen Wert auf
Beerdigungen...
    Ich gluckste in mich hinein, weil ich
an die Asche meines Großvaters dachte, die noch immer im Wandschrank meines
Vaters stand. Niemand von uns hatte sich bisher aufraffen können, sie zu
verstreuen oder beizusetzen.
    Tanner runzelte die Stirn. »Sie drehen
doch nicht durch, oder?«
    »Hab nur gerade an was gedacht, was
niemand außer mir komisch findet. Aber ich würde gern eine Weile

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