Spiel mit dem Feuer
Blinklichter und dachte an Hy und
Tanner. Worüber hatten die beiden auf dem Weg nach Lihue geredet? War Tanner
defensiv gewesen? Hatte er sich entschuldigt? Hatte Hy zornige Töne
angeschlagen? Den Spruch vom Raum, den er mir geben wollte, wiederholt? Waren
sie zu irgendeiner Von-Mann-zu-Mann-Einigung gelangt, die über meinen Kopf
hinwegging? Mich auf eine Art Besitzstück reduzierte, das man nach Belieben
hin- und herschieben konnte? Unfair, McCone. Keiner von beiden gehört zu der
Sorte Mann. Wahrscheinlicher war, dass Hy sich gar nicht erst die Mühe
gemacht hatte, einen Kopfhörer aufzusetzen. Dass er die ganze Zeit nur
schweigend dagesessen hatte.
Und was jetzt? Tanner hatte gesagt, er
würde mich morgen früh abholen, damit ich den Datsun holen konnte. Aber wenn er
es sich nun in den Kopf gesetzt hatte, heute Nacht noch zurückzukommen? Wie
würde ich damit umgehen?
Präziser gefragt, willst du das ?
Ja und nein.
Und wenn er morgen kommt — was willst du damit Ich weiß
nicht genau.
Ich blieb sitzen, lauschte der
Meeresbrandung und betrachtete das Mondlicht. Etliche Hubschrauber waren in
dieser Nacht unterwegs, und jedesmal, wenn ich die Lichter sah, überkam mich
eine Mischung aus Hoffnung und Angst. Der Ginnebel hatte sich verzogen, und ich
war jetzt hellwach, wie meistens, wenn ich harte Sachen getrunken hatte. Ich
wollte schlafen, aber das war unmöglich.
Kurz vor Mitternacht ging ich zum Haus
hinauf, um nach den Background-Checks zu gucken, die Mick gemailt hatte, und
Manuskript und Tagebuch zu suchen.
6. APRIL
Kauai
12
Uhr 18
19.
Juni 1955
Kauai
Diese
Geschichtenerzähler, die ich da gefunden habe, sind wirklich erstaunlich! Sie
lassen die alten Mythen auf eine Art lebendig werden, wie es die gestelzten
schriftlichen Fassungen nicht vermögen. Heute haben wir von Pele gesprochen,
der Feuergöttin, deren Wut Rivalinnen in Stein verwandelt. Ich schloss die Augen
und sah Celia vor mir. Die schöne, leidenschaftliche Celia, deren Liebe zu mir
so groß ist wie die der Pele zu Häuptling Lohiau. Lohiau starb vor
Verzweiflung, nachdem Pele ihn verlassen hatte, um in ihr Heim im Krater des
Lilauea zurückzukehren, und sie setzte Himmel und Hölle in Bewegung, um ihn zu
sich zurückzuholen. Würde Celia dasselbe für mich tun?
Tagebuch und Manuskript waren
Fotokopien, abgegriffen, von Glenna mit handschriftlichen Randnotizen versehen.
Dabei ging es zum Teil um detaillierte Vorstellungen, wie die betreffenden
Szenen gedreht werden sollten, zum Teil aber auch um Punkte, die es noch zu
klären galt. Neben diesem Abschnitt stand: »Parallelen?«
26.
Juli, 1962
Kauai
Habe
heute etliche Stunden mit meinen Geschichtenerzählern verbracht und die
Migrationsversion des Pele-Mythos exploriert: die Geschichte einer erratischen
Wanderschaft, auf der Suche nach einem Zuhause. Zuhause — für Celia das
Wichtigste auf der Welt. Als ich ihr heute Nachmittag erzählte, dass ich für National
Geographic über Bali schreiben soll, hat sie geweint, als wollte ich sie
für immer verlassen. Dabei sind es doch nur zwei Wochen, und auch die erst im
nächsten Frühjahr, Herrgott! Aber sie sagt, die Kinder seien so schwierig,
alles laste auf ihr. Ich habe ihr erklärt, wenn ihr nach Gesellschaft sei,
brauche sie doch nur die Kinder einzupacken und zu ihren Eltern auf die
Hauptinsel zu fahren. Dieser Vorschlag hat sie aufgeheitert. Meine Pele — es
zieht sie zurück ins Land der Feuer, die sie nähren.
Glennas Randnotiz lautete: »Bali, 62
und 88.« Ich blätterte kurz weiter und sah mehrere Einträge, verfaßt auf Bali
im Jahr 1988.
17.
Oktober 1969
Djakarta
Unfassbar,
was Celia mit mir macht! Sie hat Mona Davenport, die hier mit Harold Urlaub
macht, zu mir ins Hotel geschickt, um mich zu bitten, diesen Auftrag sausen zu
lassen und nach Hause zu kommen. Mona tat ihr den Gefallen, ohne wirklich zu
erwarten oder auch nur zu wollen, dass ich mich füge. Sie sagte, sie könne
verstehen, dass mir Celias Abhängigkeit lästig ist.
Doch
ebenso unfassbar ist das, was zwischen Mona und mir passiert ist — aus meiner
Sicht das Produkt verschiedener Faktoren. Sie ist eine sehr schöne Frau, die
von ihrem Mann noch öfter allein gelassen wird als Celia von mir. Sie trägt es
großartig, aber ihre Einsamkeit und mein Gefühl, von der eigenen Frau verraten
worden zu sein, haben uns zusammengeführt. Wir waren uns beide einig, dass das
nie wieder vorkommen darf, und ich glaube, wir können dieses
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