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Spiel mit dem Feuer

Spiel mit dem Feuer

Titel: Spiel mit dem Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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leer,
aber ich rannte trotzdem zum Haus zurück.
    Der Steinewerfer war nicht Jillian
gewesen, da war ich mir ziemlich sicher. Aber wer dann? Und warum? Ich hatte
keine Lust, im Dunkeln herumzuwandern, um es herauszufinden.
     

21
Uhr 41
    Ich fand Russ Tanner an seinem üblichen
Platz — auf dem dritten Hocker an der Freiluftbar des Shack. Er saß allein
dort, vor einem Bier, und seine Schulterhaltung signalisierte
Niedergeschlagenheit. Als ich ihn am Arm berührte, drehte er sich um, und sein
Gesicht hellte sich auf. »Hey, schöne Frau, darf ich dir einen Drink
spendieren?«
    » Mahalo , gern. Weißwein bitte.«
    Er nickte und verständigte sich mit dem
Barkeeper.
    Ich sagte: »Du hast traurig ausgesehen,
als ich eben kam.«
    »Bin ich auch. Du hattest Recht mit dem
Toten: Es ist Tommy. Rob hat mich gebeten, seine Zahnarztunterlagen nach Oahu
zu fliegen. Sie haben ihn zuverlässig identifiziert.«
    »Wie haben es Rob und Sunny und die
anderen verkraftet?«
    »Schlecht. Jede Menge Schuldgefühle, dieses
ganze Was-haben-wir-nur-falsch-Gemacht. Verdammt, es ist doch nicht ihre
Schuld, dass er nicht von den Drogen lassen konnte. Ich glaube, er hat damit
rumgemacht, seit er acht war.«
    »Drogen? Er ist nicht ertrunken?«
    »Nein. Laut Autopsie war es eine Überdosis.«
    »Wovon?«
    »Heroin. Er war Fixer. Ich hab Rob
nicht näher ausgefragt. Er leidet so schon genug.«
    Ich dachte kurz nach. »Russ, hast du
Rob oder der Polizei erzählt, was ich dort auf dem Zuckerrohrland gesehen
habe?«
    »Na-ah. Nur, dass ich irgendwo das
Gerücht gehört hab, der Tote könnte Tommy sein. Hab mir gedacht, ich kann’s ja
immer noch genauer erzählen, wenn die Polizei feststellt, dass er’s wirklich
ist. Aber als Rob mir dann gesagt hat, es war eine Überdosis, na ja, wozu ist
das dann noch wichtig? Diese jungen Leute haben ihn ja nicht umgebracht.«
    Es sei denn, sie hätten ihm absichtlich
gepantschten Stoff gegeben oder ihn gezwungen, sich die Spritze zu setzen. Aber
diesen Verdacht wollte ich Tanner nicht einpflanzen. »Danke, dass du dich drum
gekümmert und mich da rausgelassen hast. Ich bin in deiner Schuld.«
    »Nein, bist du nicht. Für dich würde
ich ziemlich weite Wege gehen — oder fliegen.«
    Wir saßen ein paar Minuten schweigend
da, die Ellbogen auf die Bar gestützt, aber gerade so, dass sie sich nicht
berührten. Wenn es doch immer so zwischen uns bleiben könnte — Freundschaft,
aber nicht mehr. Doch da war dieses Glühen, und ich war mir der Konturen seines
Körpers nur allzu bewusst, wusste, dass es ihm umgekehrt auch so ging. Er nahm
einen Schluck von seinem Bier, stellte das Glas wieder ab und lehnte seinen Arm
gegen meinen. Ich wich nicht aus.
    Gefährlich, aber vielleicht will ich ja
eine kritische Situation heraufbeschwören, dieses emotionale Hin und Her zur
einen oder anderen Seite hin entscheiden.
    Schließlich sagte er: »Was ich mich
frage — warum haben diese jungen Leute Tommy ins Meer geworfen? Ich verstehe
ja, dass sie keinen Toten am Hals haben wollten, aber warum mussten sie ihn den
Haifischen zum Fraß vorwerfen?«
    »Vielleicht habe ich den Vorgang nicht
richtig beschrieben. Es war mir unangenehm, drüber zu reden. Sie haben seinen
Leichnam an eine heilige Stätte geschleppt, zu einem Heiau. Einer von
den Männern, Buzzy Malakaua, hat so eine Art religiösen Singsang auf
Hawaiianisch von sich gegeben. Dann hat Amy Laurentz auch noch was gesagt.« Ich
hielt inne, versuchte mich an den genauen Wortlaut zu erinnern. »Drei Worte auf
Hawaiianisch, und dann irgendwas von der Liebe zum Feuer und der Angst vor dem
Feuer.«
    »Abi wela maka’u. Das ist ungefähr das, was mit uns los
ist. Feuer kann Gefahr bedeuten, aber auch Lebenskraft. Man fühlt sich davon
angezogen, und man hat Angst davor. Man läuft drauf zu, und man läuft davor
weg.«
    Der Vergleich war mir unangenehm, vor
allem, weil er so zutreffend war. Ich sagte: »Ich glaube, sie haben so eine Art
Trauerfeier für Tommy veranstaltet.«
    Russ nickte. »Deiner Beschreibung nach
haben sie ihn an einer Stelle über die Klippen geworfen, wo sich normalerweise
die Geister runterstürzen, um in die Unterwelt zu gelangen.«
    Wieder redete er so, als sei der Mythos
real. Das stieß mich erneut auf die grundlegenden Unterschiede zwischen uns.
    »Russ, Peter hat mir da neulich etwas
Seltsames erzählt. Er sagte, nach dem Schuss bei der Trockenhöhle sei ihm kurz
so gewesen, als stünde sein Vater unter den Eisenbäumen drüben auf der

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