Spiel mit dem Feuer
anderen
Straßenseite, mit einer Zigarette. Es kann doch nicht sein, dass Elson
Wellbright hier auf der Insel ist, oder?«
»Nein, ganz bestimmt nicht. Irgendwer
hätte ihn erkannt. Soll das heißen, dass der gute Pete nicht mehr alle Tassen
im Schrank hat?«
»Nein, er hat wohl jemanden gesehen,
aber... Hat Eli Hathaway wirklich so große Ähnlichkeit mit Elson?«
»Wenn ihn eine Maskenbildnerin in der
Mache gehabt hat, ist er der perfekte Doppelgänger.« Tanner grinste, weil er
kapierte, worauf ich hinauswollte. »Und rauchen tut er auch.«
Ich nickte. »Nach dem Take kam er aus
der Höhle, um sich eine Zigarette anzuzünden. Dann ging er rüber zur Straße.
Ich hätte gleich drauf kommen können, als Peter mir von seiner Vision erzählt
hat, aber in der Aufregung nach dem Schuss hatte ich Eh ganz vergessen, er ist
mir erst heute Abend auf der Fahrt hierher wieder eingefallen.«
»Na ja, dann ist ja schon mal ein
Rätsel gelöst.«
Ich biss mir auf die Unterlippe. »Ich
glaube, da ist noch eins, das ich gelöst habe. Nachdem wir uns heute Morgen
getrennt hatten, war ich in Lihue, auf dem Einwohnermeldeamt und in der
öffentlichen Bibliothek. Ich wollte ein paar Vermutungen überprüfen, die mir
bei der Lektüre von Elsons Tagebuch gekommen waren.«
»Sind wir wieder an dem Punkt?«
»Ich möchte dir gern meine Theorie über
den Ablauf der Ereignisse vortragen.«
»Klar, warum nicht?« Aber sein Körper
war jetzt angespannt. Er trank von seinem Bier, rückte ein Stückchen von mir
weg.
»Im Oktober 1985, zu einem Zeitpunkt,
als Elson sich, wie er schreibt, nach etwas Wärme und Helligkeit in seinem
Leben sehnte, lernte er eine Frau kennen. Es war eine unmögliche Verbindung. Er
war über sechzig und verheiratet. Sie war viel jünger, noch Studentin. Aber im Frühjahr
darauf war sie plötzlich schwanger. Um sie und das Kind abzusichern, suchte
Elson die Hilfe des Mannes, der ihn mit ihr bekannt gemacht hatte. Dieser Mann
heiratete sie, und dafür ließ ihm Elson eine beträchtliche Geldsumme zukommen.«
Tanner saß reglos und flach atmend da,
starrte geradeaus. Seine Hände umklammerten das Glas.
»Die Ehe hielt nur vier Jahre, dann
ließ sich der Mann scheiden, wobei er das Sorgerecht für das Kind bekam. Anfang
1990 starb die Frau an einer Überdosis Drogen, was Elson schlagartig
klarmachte, dass er langfristig für das Kind sorgen musste. Er änderte sein
Testament —«
»Warum schleichst du um den heißen
Brei?« Tanners Stimme knisterte vor Zorn.
»Ich schätze, ich will, dass du’s
zugibst.«
Er drehte sich zu mir, mit angespanntem
Gesicht und hartem Blick. »Du willst, dass ich’s zugebe? Als ob’s was wäre,
wofür ich mich schämen müsste? Pech gehabt, ich schäme mich nicht dafür. Aber
es stimmt, Casey ist Elsons Kind. Ich habe Liza Santos geheiratet und das Geld
von Elson genommen, um meinen Charterservice zu gründen. Und ich habe mich von
ihr scheiden lassen. Und als sie dann starb und Elson sich Sorgen um die
Zukunft der Kleinen machte, da habe ich ihm zugeredet, sein Testament zu
ändern, was er mit Freuden getan hat, weil er mir vertraut hat und wusste, dass
ich mein Erbteil für Caseys Erziehung und Ausbildung verwenden würde. Und jetzt
breche ich mein Versprechen dem Mann gegenüber, der mich besser behandelt hat
als irgendjemand sonst auf dieser Welt. Und ich möchte wirklich wissen, wieso
du unbedingt in Dingen herumwühlen musst, die längst begraben und vergessen
sind!«
Ich wich vor der Hitze seiner Wut
zurück. »Die Vergangenheit ist nicht begraben, Russ.«
Er starrte mich noch einen Moment an,
aber dann wurden seine Züge und sein Blick weicher. »Nein, natürlich nicht. Vor
allem, wenn man die ganze Geschichte kennt.« Er stieß sich von der Bar ab,
stand auf und streckte mir die Hand hin. »Komm. Hier geht das nicht. Wir gehen
zu mir, wo wir ungestört sind, dort erzähle ich dir alles.«
Als ich vor Russ durch die Tür trat,
hörte ich das Stimmengemurmel aus dem Funkscanner. Beruhigende Geräusche für
jeden Flieger, denn sie bedeuten, dass der Heimat- oder Zielflugplatz in
nächster Nähe ist, und mit ihm der ersehnte Kaffee oder die benötigte Hilfe. Im
Haus war es heiß und stickig; Russ ging ein paar Fenster öffnen, während ich im
Dunkeln dastand und dem nächtlichen Flugfunkverkehr lauschte. Als er zurückkam,
schätzte ich die Entfernung zwischen uns falsch ein, und wir kollidierten. Er
fasste mich an den Schultern und zog mich an sich.
»Tut mir
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