Spiel mit dem Feuer
draußen, blieb ich einen Moment
auf dem Hügel stehen und hörte ein schweres Fahrzeug die Straße entlangfahren.
Der letzte Feuerwehrwagen, der sich entfernte. Als das Geräusch erstorben und
die Nacht still war, ging ich den Hügel hinunter und durch das regennasse
Papayawäldchen zum Cottage hinüber. Kein Volvo. Glenna hatte wohl beschlossen,
über Nacht auf Oahu zu bleiben. Hinter den Bäumen und Büschen, die es zum
Cottage hin abschirmten, war das morische Haus immer noch innen und außen hell
illuminiert. Ich erwog kurz, dort hinzugehen, verwarf es dann aber. Ich wollte
im Moment keine Erklärungen zum Thema Jillian abgeben, und das Gespräch, das
Tanner mir versprochen hatte, konnte warten.
Das Cottage war dunkel, genauso, wie
ich es verlassen hatte. Ich trat ein und knipste eine kleine Tischlampe an. Ihr
Schein erhellte nur die Raummitte, alles andere ringsherum lag im
Schattendunkel. Ich blieb still stehen und fuhr all meine Sinnes- und
Gefühlsantennen aus.
Temperatur: warm. Luftfeuchtigkeit:
hoch. Geruch: feuchtes Holz, ein Hauch von Moder, vor allem aber Staub und
Alter. Alt die Bucheinbände, die Kunstgegenstände, das Gebäude selbst. Aber
auch die Gefühle, die hier drinnen gefangen waren. Von Peter und Glenna spürte
ich nichts, obwohl sie noch vor kurzem hier gewesen waren. Elson Wellbright
aber fühlte ich, als sei er nebenan.
Ein Kopfmensch, ja. Aber auch ein
leidenschaftlicher Mensch. Unglücklich, voller Sehnsucht nach dem, was ihm
entgangen war. Und was noch?
Ein Mensch voller Angst.
Ich schloss die Augen, atmete tief ein
und aus, horchte auf das Geräusch des nahen Meeres. Pragmatischere Ermittler
mochten die Nase über diese intuitive Technik rümpfen, aber mir hatte sie immer
gute Dienste erwiesen.
So wie selbst kleinste Blutspuren auf
Textilien noch nach Jahren unter bestimmten Arten von Licht zum Vorschein
kommen, teilen sich einem die in einer Wohnung gefangenen Gefühle mit, wenn man
dafür empfänglich ist. Ich spürte jetzt: Hoffnung, Leidenschaft, Zorn, Angst.
Nein, nicht Zorn — Wut. Und nicht Angst
— Panik.
»Sharon?«
Ich fuhr zusammen. Öffnete die Augen
und sah Peter in der Tür stehen.
»Alles okay?«, fragte er.
»Ja, ich habe nur...« Wie zum Teufel
sollte ich ihm erklären, was ich getan hatte, ohne ihn zu der Überzeugung zu
bringen, eine Verrückte angeheuert zu haben.
Er trat jetzt ganz herein. »Sie spüren
es auch.«
Ich nickte überrascht.
»Es bereitet mir Albträume. Ich habe
keine Nacht mehr richtig geschlafen, seit ich hier wohne. Und Glenna auch
nicht.« Er sah sich um. »Apropos, ist sie schon zurück?«
»Als ich eben im Malihini House
nachgeguckt habe, war sie nicht da.«
»Verflixt! Sie ist wirklich sauer auf
mich.«
»Vielleicht will sie ja nur allein
sein, um mit sich und der Situation ins Reine zu kommen. Ist das Feuer endgültig
gelöscht?«
»Ja. Wir haben beschlossen, dass dort
aufgeräumt werden muss. Wenn Matt ein Denkmal für unseren Vater will, soll er
das Gelände wieder aufforsten, so wie es vor Iniki war.«
Ich dachte an die Lehuabäume, die Elson
1969 als Tribut an Mona Davenport gepflanzt hatte. Manche Dinge ließen sich
nicht ersetzen. »Peter, Sie sprachen von der emotionalen Atmosphäre hier im
Cottage.«
»Ich glaube, mein Vater war hier sehr
unglücklich.«
»Mona Davenport schildert ihn als ganz
zufrieden. Und in seinem Tagebuch klingt er auch so.«
»Vielleicht war es ja ein Fehler von
mir, es nicht zu lesen. Ich hatte kaum noch Kontakt mit ihm, nachdem ich die
Inseln verlassen hatte.«
»Soweit ich es seinem Tagebuch
entnehmen konnte, ging er wegen einer Frau von hier weg — einer, die er bei
seinen Reisen kennen gelernt hatte.«
»Das ist gut. Er hatte ein bisschen
Glück verdient.«
»Sie war möglicherweise aus Santa Fe,
New Mexico. Jedenfalls hatten sie vor, dorthin zu gehen. Die Nachforschungen
meines Mitarbeiters haben allerdings auch dort keinerlei Spuren ergeben.«
»Na ja, er könnte doch einen anderen
Namen angenommen haben. Wenn man Geld hat, ist es nicht schwer, sich eine neue
Identität zuzulegen.«
»Warum hätte er diesen Aufwand auf sich
nehmen sollen? Warum musste er überhaupt so weit weggehen? Warum konnte er sich
nicht einfach von Ihrer Mutter scheiden lassen und auf eine der anderen Inseln
übersiedeln?«
»Vielleicht hing diese Frau ja genauso
an New Mexico wie er an Hawaii, und er war verliebt und bereit, Konzessionen zu
machen. Außerdem ist das hier eine kleine Insel, ein kleiner
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