Spiel mit dem Feuer
House, saßen auf der Terrasse. Als der Wind
einsetzte, waren wir sogar froh drüber. Weil er die Hitze vertrieb.«
Matthew ergänzte: »Und weil wir seit
acht Uhr am Vorabend auf den Hurrikan gewartet hatten. Die ersten
Zivilschutzsirenen heulten morgens um halb sechs. Als es dann losging, war es
eine Erlösung, weil wenigstens endlich was passierte. Und es wurde
stockdunkel.«
Stephanie fragte Russ: »Wo warst du?«
»Mit meiner Tochter, meiner Mutter und
noch ein paar anderen Verwandten unterwegs. Wir haben versucht, zu einer der
Schutzunterkünfte zu kommen.« Man hörte ihm an, wie sehr ihn die Erinnerung
bewegte. »Wir haben es nicht geschafft. Die Straße war von umgestürzten Bäumen
versperrt, also hab ich meinen Van schließlich in eine von den Trockenhöhlen
manövriert. Da waren noch andere Leute, die nicht mehr weiterkamen. Mann, war
das unheimlich, als das Auge des Sturms über uns wegzog!« Matthew schauderte.
»Warum müssen wir das noch mal durchkauen?«, sagte er. »Warum können wir nicht
einfach froh sein, dass der Regen die Brände löscht?«
Und tatsächlich — zwar stieg immer noch
Dampf aus dem Windbruch, aber Flammen waren nicht mehr zu sehen. Ein
Feuerwehrmann tauchte zwischen den Bäumen auf und kam auf uns zu. Ben und Russ
gingen hin, um mit ihm zu reden.
Matthew war arg mitgenommen; er
zitterte und zuckte am ganzen Leib. Ich sagte zu Stephanie: »Wollen Sie und
Matt nicht mal gucken gehen, ob Jill inzwischen zu Hause aufgetaucht ist? Ich
schaue im La’i Cottage und im Malihini House nach und komme dann anschließend
ins Pali House.«
Sie sah mich dankbar an und ging zu
Matthew hinüber, fasste ihn am Arm und sagte: »Matt, Liebling? Lass uns mal
nachschauen, ob Jill zurückgekommen ist.«
Er wandte sich ihr langsam zu, und sein
Gesicht war so völlig ausdruckslos, dass es babyhaft-unfertig wirkte. »Jill«,
sagte er. »Sie ist bestimmt zu Hause.«
»Ja. Und ich will nicht allein durch
die Dunkelheit gehen.«
Er nickte und nahm ihre Hand. Zusammen
gingen sie in Richtung Straße.
Der Feuerwehrmann entfernte sich
wieder, und Benn und Russ kamen mit grimmigen Gesichtern zum Lanai zurück. Ben sagte: »Sie sind sich ziemlich sicher, dass es Brandstiftung war.
An einer Stelle, die sich nicht entzündet hat, war alles benzingetränkt.« Peter
und ich wechselten einen Blick. »Geht es immer noch weiter?«, fragte er.
»Warum nur? Jetzt, wo Sie die
Dreharbeiten abgebrochen haben.«
»Vielleicht ging es ja gar nicht um die
Dreharbeiten.«
»Vielleicht.«
Russ legte mir die Pfand in den Nacken
und massierte ihn, während er weiter in den Regen hinausstarrte. Der ließ jetzt
nach, als sei er nur für den Zweck geschickt worden, den er erfüllt hatte. Ich
blickte auf, sah Russ’ ruhiges Gesicht und wusste, wenn ich diesen Gedanken
äußerte, würde er sagen, ja, genauso sei es auch gewesen.
Ein Gutes hatte das Feuer gehabt: Es
hatte mich davor bewahrt, den unwiderruflichen Schritt über eine Grenze zu tun,
von der ich immer noch nicht sicher wusste, ob ich sie überschreiten wollte.
Ich hatte es nicht mit lockeren Affären und Seitensprüngen, und es war auch
nicht meine Art, in einem Mann Erwartungen zu wecken, um sie dann nicht zu
erfüllen. Nein, ich würde mit Russ nicht mehr diese kleinen erotischen
Spielchen spielen. Wenn — falls — ich mich auf irgendein Spiel einließ, dann in
der Ersten Spielklasse. Ich trat ein Stück von ihm weg. »Ich werde mich mal auf
die Suche nach Jillian machen.«
Sanftes Licht schimmerte durch die
Jalousien des La’i Cottage. Stirnrunzelnd blieb ich unter den tropfenden Ästen
eines Eisenbaums stehen. Ich hätte schwören können, dass da vorhin, als Tanner
und ich das Cottage passiert hatten, alles dunkel gewesen war. Vielleicht war
Glenna ja von Oahu zurück?
Die Tür stand einen Spalt offen, und
ein Lichtstreifen fiel auf den Lanai. Ich ging über den Rasen und die
Treppe hinauf. Von drinnen kamen Laute — das Weinen einer Frau.
Ich stieß die Tür auf und trat ein.
Zuerst schien alles leer. Dann sah ich sie neben einem Eingeborenenkanu, das
zum Couchtisch umfunktioniert worden war, am Boden kauern.
Jillian.
Ihr Haar war nass und verfilzt, ihr
Gesicht dreck- und tränenverschmiert, ihr hellgelbes Kleid schmutzig und
zerrissen. Sie sah auf und sagte: »Ich kann ihn nicht finden.«
Mein erster Impuls war es, zu ihr
hinzugehen und sie in die Arme zu nehmen, aber neben der Qual war da auch Angst
in ihren Augen. Ich hielt mich zurück
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