Spiel mit dem Mörder
Assistentin hinter ihrem Rücken. »Er heißt Troy. Er ist zweiundzwanzig.«
Eve lehnte ihre Stirn gegen die Scheibe, schloss die Augen und erklärte, wie es zu den Verletzungen gekommen war.
»Wir kümmern uns um ihn«, erwiderte die Schwester. »Sie gehen jetzt in das Untersuchungszimmer vier.« Sie selbst ging durch die andere Tür und wurde Teil der undurchdringlichen blau-grünen Wand.
»Peabody, finden Sie seine Familie. Und sorgen Sie dafür, dass ein Psychologe sie betreut.«
»Sehr wohl, Madam. Feeney und McNab bewachen Stiles. Er liegt gleich nebenan.«
Die Notaufnahme füllte sich mit weiteren Verletzten aus dem Bahnhof an. Sicher hätten die Ärztinnen und Ärzte die ganze Nacht hindurch mit der Behandlung von Schnittwunden, Prellungen und Knochenbrüchen zu tun. »Ich werde den Commander informieren.« Sie trat von der Glasscheibe zurück, damit sie, während sie Bericht erstattete, nicht zusammenbrach.
Nach Ende des Gesprächs trat sie wieder vor die Tür und rief bei sich zu Hause an.
»Roarke.«
»Du blutest.«
»Ich - ich bin in einem Krankenhaus.«
»Wo? In welchem?«
»Roosevelt. Hör zu …«
»Ich bin schon unterwegs.«
»Nein, warte. Ich bin okay. Aber einen meiner Männer hat's erwischt. Einen Jungen«, sagte sie, und ihre Stimme brach. »Er ist noch ein Junge. Er wird gerade behandelt. Ich muss bleiben bis … ich muss einfach noch bleiben.«
»Ich bin unterwegs«, wiederholte er, und sie wollte erneut protestieren, nickte aber dann ermattet. »Ja. Danke.«
Die Schwester kam wieder durch die Tür und bedachte Eve mit einem bösen Blick. »Warum sind Sie nicht in Zimmer vier?«
»Wie ist Truehearts Zustand?«
»Sie sind noch dabei, ihn zu stabilisieren. Bald wird er operiert. Operationssaal sechs. Ich bringe Sie, nachdem Sie sich haben behandeln lassen, in einen Warteraum.«
»Ich will einen ausführlichen Bericht über seinen Zustand.«
»Den werden Sie bekommen. Nachdem Sie behandelt worden sind.«
Am schlimmsten war das Warten. Es gab ihr zu viel Zeit, um nachzudenken, die Ereignisse ein ums andere Mal in Gedanken durchzugehen, sich zu überlegen, wie sie den Unfall hätte verhindern können, jeden noch so kleinen Fehler zu entdecken, der ihnen unterlaufen war.
»Er ist jung und kräftig«, sagte Peabody, weil sie die Stille nicht länger ertrug. »Das wird ihm sicher helfen.«
»Ich hätte ihn nach Hause schicken sollen. Ich hätte ihm sagen müssen, dass er Feierabend machen soll. Ich hatte nicht das Recht, einen blutigen Anfänger bei einer solchen Operation mitwirken zu lassen.«
»Sie wollten ihm einen Gefallen tun.«
»Einen Gefallen?« Eve wirbelte herum und funkelte ihre Assistentin mit brennenden Augen an. »Ich habe ihn in Lebensgefahr gebracht, in eine Situation, auf die er eindeutig nicht vorbereitet war. Dabei hat es ihn erwischt. Und das ist alleine meine Schuld.«
»So ein Quatsch.« Peabody reckte trotzig das Kinn. »Er ist Polizist. Wenn man Polizist wird, nimmt man die Risiken, die mit dem Beruf verbunden sind, bereitwillig in Kauf. Er hat sich für diesen Job entschieden, und er war sich der Gefahr, dass er in Ausübung seiner Pflicht irgendwann mal Schaden nehmen könnte, bestimmt bewusst. Wenn ich links gegangen wäre und nicht rechts, hätte ich nicht anders als Trueheart reagiert, und dann läge ich jetzt an seiner Stelle im OP. Und es würde mich ziemlich ärgern, wenn ich wüsste, dass Sie hier draußen stehen und die Verantwortung für eine Entscheidung übernehmen, die ich in Ausübung meines Dienstes eigenständig getroffen habe und die mir diese Verletzung eingetragen hat.«
»Peabody …« Eve brach ab, schüttelte den Kopf und marschierte zurück zu dem Kaffeeautomaten, der bereits im Übermaß von ihr beansprucht worden war.
»Gut gemacht.« Roarke trat neben Peabody und legte eine Hand auf ihre Schulter. »Sie sind ein echtes Juwel.«
»Es war nicht ihre Schuld. Ich halte es nicht aus, mit ansehen zu müssen, wie sie sich mit Selbstvorwürfen quält.«
»Wenn sie das nicht tun würde, wäre sie nicht sie.«
»Ja, ich nehme an, Sie haben Recht. Ich werde mal gucken, ob ich McNab erreiche, damit er mir sagt, wie es Stiles inzwischen geht. Vielleicht können Sie sie ja dazu überreden, einen Spaziergang mit Ihnen zu machen oder wenigstens kurz an die frische Luft zu gehen.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann.«
Er ging zu seiner Frau. »Wenn du weiter diesen Kaffee in dich reinkippst, sind deine Magenwände bald mit faustgroßen
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