Spiel mit dem Mörder
Wenn Sie mich fragen, ein echter Künstler. Wahrscheinlich äußerst temperamentvoll und emotional.«
»Das wird also sicher lustig. Hat er vorher schon mal mit Draco zusammen irgendwo gespielt?«
»Sogar mehrmals. Und ein paar Mal mit der Mansfield. Das letzte Mal in London. Ist augenblicklich unverheiratet, hat aber zwei Exfrauen und einmal mit einer Frau in einer offiziell registrierten Lebensgemeinschaft gelebt.«
Eve suchte nach einem Parkplatz, verwarf dann den Gedanken und stellte ihr Fahrzeug direkt vor dem Gebäude in der Park Avenue ab. Ehe sie jedoch Gelegenheit zum Aussteigen bekam, ragte bereits der uniformierte Türsteher des Hauses über ihr.
»Tut mir Leid, Madam, aber dies ist eine Parkverbotszone.«
»Und das hier ist mein Dienstausweis.« Sie hielt ihm ihre Marke vor die Nase. »Wie komme ich zu Kenneth Stiles?«
»Mr Stiles bewohnt das Apartment in der fünfzigsten Etage. Nummer fünftausend. Unsere Empfangsdame wird Sie gerne melden. Gnädige Frau -?«
»Steht hier gnädige Frau?«, fragte Eve und wartete geduldig, bis der Blick des Türstehers erneut auf ihren Ausweis fiel.
»Ich bitte um Verzeihung, Lieutenant, dürfte ich vielleicht Ihr Fahrzeug während Ihres Besuchs in der Garage unterbringen lassen? Einer unserer Hausdiener wird es zurückbringen, sobald Ihr Besuch beendet ist.«
»Das ist ein nettes Angebot, aber wenn ich Ihnen den Code des Anlassers verraten würde, müsste ich mich selbst verhaften. Also bleibt das Fahrzeug schlicht hier stehen.«
Ohne ihren Dienstausweis wieder einzustecken, kletterte Eve aus dem Wagen, marschierte in das Gebäude, und der Türsteher bedachte ihr erbsengrünes Polizeifahrzeug mit einem unglücklichen Blick.
Sie konnte es ihm nicht verdenken. Das Foyer des Hauses war mit schimmerndem Messing und hohen, leuchtend weißen Blumen elegant geschmückt. Große, blank polierte, schwarze Fliesen bildeten den Bodenbelag, und hinter einem langen weißen Tresen saß eine hoch gewachsene, schlanke Frau kerzengerade auf einem Hocker und lächelte sie freundlich an.
»Guten Morgen. Was kann ich für Sie tun?«
»Kenneth Stiles.« Eve legte ihren Dienstausweis neben einer üppig bepflanzten Messingschale auf den Tisch.
»Werden Sie erwartet, Lieutenant Dallas?«
»Das will ich doch wohl hoffen.«
»Eine Sekunde, bitte.« Nach wie vor lächelnd drehte sie sich zu einem Link, und ihre Stimme behielt während des Gesprächs mit dem Bewohner ihres Hauses den weichen, angenehmen Ton eines teuren, gut programmierten Droiden bei. »Guten Morgen, Mr Stiles. Hier unten sind ein Lieutenant Dallas und Begleitung. Darf ich sie zu Ihnen heraufschicken?« Sie wartete einen Moment und fügte dann hinzu: »Vielen Dank. Ich wünsche Ihnen noch einen wunderbaren Tag.«
Sie wandte sich den beiden Frauen wieder zu und deutete in Richtung einer Reihe bereitstehender Lifts. »Der Fahrstuhl ganz rechts steht Ihnen zur Verfügung, Lieutenant. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag.«
»Den habe ich bestimmt. Ich habe mich manchmal gefragt, weshalb Roarke nicht mehr Droiden bei sich zu Hause einsetzt«, sagte sie auf dem Weg über die schimmernden Fliesen zu ihrer Assistentin. »Aber wenn ich auf einen wie den hier treffe, kann ich ihn verstehen. So viel Höflichkeit ist einfach unheimlich, finden Sie nicht auch?«
Die Fahrt hinauf in die fünfzigste Etage war schnell genug, um Eves Magen einen Satz machen und sie schlucken zu lassen, damit der Druck auf ihren Ohren, oben angekommen, wieder nachließ. Sie würde nie verstehen, weshalb für manche Menschen Höhe gleichbedeutend mit Luxus war.
Als die Tür des Fahrstuhls aufglitt, wartete dort ein weiterer Droide. Er gehörte sicher Stiles. Im Vergleich zu ihm nahm sich der steife Summerset wie der reinste Penner aus, überlegte Eve. Die stahlgrauen Haare waren sorgfältig aus der hohen Stirn gekämmt, ein farblich identischer, schwerer, dichter Schnurrbart beherrschte das schmale, knochige Gesicht, und schneeweiße Glaceehandschuhe hoben sich beinahe leuchtend von seinem schwarzen Anzug ab.
Er machte eine förmliche Verbeugung und sagte mit unüberhörbar britischem Akzent: »Lieutenant Dallas, Officer. Mr Stiles erwartet Sie bereits. Wenn Sie mir bitte folgen würden?«
Er ging vor ihnen durch den Korridor zu einer Flügeltür, durch die man in das Eck-Apartment kam. Das Erste, was Eve bei Betreten des Wohnzimmers bemerkte, war die verglaste Wand, durch die man den regen Luftverkehr von New York City ganz aus der Nähe
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