Spiel mit dem Mörder
denkst es. Ich kann regelrecht hören, dass du das denkst. Es ist nur so, dass ich keine Zeit habe, um dieses blöde Spiel zu Ende zu spielen.«
»Das kann locker warten.« Er knöpfte seine Hose zu. »Ich habe Hunger. Lass uns etwas essen.«
»Ich schiebe mir nur schnell irgendwas zwischen die Zähne. Ich habe noch zu tun. Ich will noch mal los und mir Dracos Hotelzimmer ansehen.«
»Kein Problem.« Roarke trat vor den AutoChef, kam nach kurzem Überlegen zu dem Schluss, dass an einem kalten, regnerischen Abend etwas Deftiges genau das Richtige wäre, und bestellte für sie beide einen Rindfleisch-Gerstentopf. »Ich werde dich begleiten.«
»Das ist Sache der Polizei.«
»Natürlich. Ich werde lediglich abermals meine Bürgerpflicht erfüllen, Lieutenant«, meinte er und fügte, da er wusste, dass sie das ärgern würde, grinsend hinzu: »Denn schließlich ist es mein Hotel.«
»Das hätte ich mir denken können.« Da sie wusste, dass er sie ärgern wollte, schob sie sich, statt ihn weiter anzufauchen, den ersten Löffel Eintopf in den Mund. Verbrannte sich die Zunge und beruhigte sich, während sie, um die Suppe etwas abzukühlen, auf den Löffel blies, mit der Tatsache, dass ja in dem Zimmer kein Verbrechen begangen worden war. Und auch wenn sie es nicht gerne zugab, wären Roarkes aufmerksamer Blick und sein wacher Verstand ihr bestimmt von Nutzen.
»Meinetwegen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber komm mir ja nicht in die Quere.«
Er nickte zufrieden. Nicht, dass er die Absicht hatte, sich tatsächlich im Hintergrund zu halten. Wo bliebe dann der Spaß? »Nehmen wir Peabody mit?«
»Sie hat frei. Sie hatte eine Verabredung.«
»Ah. Mit McNab?«
Schlagartig verspürte Eve nicht mehr den geringsten Appetit. »Die beiden haben keine Verabredungen, wie du dir das vorstellst.« Auf Roarkes überraschten Blick hin schob sie sich missmutig einen weiteren Löffel Eintopf in den Mund. »Hör zu, möglicherweise gehen die beiden in einem völlig fremden, weit, weit entfernten Universum gelegentlich miteinander ins Bett. Mehr läuft da nicht.«
»Meine liebe Eve, auch wenn das noch so traurig ist, kommt früher oder später unweigerlich der Zeitpunkt, an dem eine Mutter ihre Kinder ziehen lassen muss.«
»Halt die Klappe.« Sie piekste ihm mit ihrem Löffel in die Brust. »Ich meine es ernst. Mehr als eine lächerliche, vorübergehende Bettgeschichte läuft zwischen den beiden eindeutig nicht.«
Vielleicht hätten manche Menschen Ian McNabs schäbiges Apartment in der Lower West Side als fremdes Universum tituliert. Es war eben die Bleibe eines Mannes - voll gestopft mit irgendwelchen Sporttrophäen, dreckiger Wäsche, schmutzigem Geschirr, und ansonsten eher spärlich dekoriert.
Ab und zu dachte er daran, einen Teil des Unrats in den staubigen Kleiderschrank zu stopfen, wenn er Damenbesuch erwartete. Seine Wohnung war halt etwas völlig anderes als der weitläufige Prachtbau, in dem Roarke zu Hause war. Doch trotz des Durcheinanders und des Geruchs nach verkochtem Gemüse, der ständig in den Zimmern hing, fühlte er sich in seinen vier Wänden durchaus wohl.
In diesem Moment, mit heftig klopfendem Herzen und von ausgedehntem Sex schweißbedeckter Haut, fühlte er sich sogar regelrecht fantastisch.
»Himmel, Peabody.« Wie eine gestrandete Forelle warf er sich auf den Rücken. Doch es war ihm egal, dass er kaum noch Luft bekam. Eine wundervolle, nackte Frau lag in seinem Bett. Wenn er in diesem Moment stürbe, stürbe er als durch und durch glücklicher Mann. »Damit haben wir bestimmt einen Rekord gebrochen. Wir sollten aufschreiben, wie wir das alles machen.«
Da es für sie wie jedes Mal völlig unbegreiflich war, was zwischen ihr und diesem Mann geschah, blieb sie so liegen, wie sie lag, und meinte: »Ich kann meine Füße nicht mehr spüren.«
Er stützte sich auf einen Ellenbogen, da sie aber über Kreuz auf der Matratze lagen, konnte er nicht weiter sehen als bis zu ihren Knien. Sie hatte wirklich hübsche Knie, fiel ihm auf. »Ich glaube nicht, dass ich sie abgerissen habe. Daran würde ich mich noch erinnern.« Trotzdem hob er mühsam seinen Kopf und schielte, um ganz sicherzugehen, an ihren Knien vorbei. »Sie sind genau da, wo sie hingehören, und zwar alle beide.«
»Gut. Schließlich brauche ich sie noch.«
Als die Betäubung langsam nachließ, fing sie an zu blinzeln, starrte auf McNabs anziehendes Profil und fragte sich zum wiederholten Mal, ob sie verrückt geworden war.
Ich liege
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