Spiel mit dem Mörder
und blickte Eve aus tränennassen Augen an. »Jedes Mal, wenn ich mich hinlege, fangen sofort die Albträume an. Grauenhafte Albträume. Ich sehe fürchterliche Bilder, und dann wache ich schreiend auf und habe das Gefühl, als wäre ich von Kopf bis Fuß mit seinem Blut bedeckt. Sie können sich nicht vorstellen, wie das ist.«
O doch, das konnte Eve. In ihren Albträumen gab es immer dasselbe kleine, kalte Zimmer und hinter dem Fenster immer dasselbe schmutzig-rote Licht. Immer wieder erlebte sie das Grauen der Vergewaltigung, den Schmerz in ihrem Arm, der ihr, als sie sich hatte wehren wollen, von ihm gebrochen worden war. Jedes Mal sah sie das Blut, sah sie überall Blut, sah, wie es an ihren Händen klebte und von dem Messer tropfte, während sie auf allen vieren durch das Zimmer kroch.
Sie war acht Jahre jung gewesen. Und in ihren Träumen bliebe sie bis an ihr Lebensende das hilflose kleine Kind.
»Ich will, dass Sie herausfinden, wer das getan hat«, wisperte Areena. »Sie müssen denjenigen finden, der dafür verantwortlich ist. Dann hören die Albträume doch sicher auf. Nicht wahr? Dann hören sie doch sicher auf.«
»Ich weiß es nicht.« Eve zwang sich, die eigenen Erinnerungen zu verdrängen, die Kontrolle zu behalten und in der Gegenwart zu bleiben, im Hier und Jetzt. »Erzählen Sie mir, was Sie über seinen Drogenkonsum wissen. Wer waren seine Kontaktpersonen, wer hat ihn beliefert, wer hat mit ihm zusammen mit dem Zeug gespielt?«
In der Küche nippte Charles an seinem Wein, und Roarke begnügte sich mit dem halbwegs anständigen Kaffee-Ersatz, der ihm vom AutoChef zubereitet worden war.
»Areena hat momentan eine schwere Zeit«, begann Charles das Gespräch.
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Es gibt kein Gesetz, das es verbieten würde, dafür zu bezahlen, dass man nicht alleine ist.«
»Nein.«
»Ich verdiene mit dieser Arbeit auf ehrliche Art und Weise meinen Lebensunterhalt.«
Roarke nickte. »Monroe, Eve führt keinen persönlichen Feldzug gegen Menschen mit Ihrem Beruf.«
»Dann anscheinend ausschließlich gegen mich.«
»Sie will Peabody beschützen.« Roarke trank einen Schluck von seinem Kaffee. »Und das möchte ich genauso.«
»Ich mag Delia. Ich mag sie sogar sehr. Ich würde ihr niemals wehtun. Ich habe sie niemals getäuscht.« Mit einem angewiderten Schnauben wandte Charles sich ab und blickte durch das Fenster auf die Lichter von New York. »Ich habe vorher einmal eine Frau getäuscht und dadurch die Chance auf eine rein private Beziehung und damit auf ein Leben außerhalb meines Berufs vertan. Mir lag so viel an ihr, dass ich es nicht wagte, ihr gegenüber völlig ehrlich zu sein. Doch daraus habe ich gelernt. Ich bin nun einmal, was ich bin, und mache keinem Menschen gegenüber mehr einen Hehl daraus.«
Er wandte sich Roarke wieder zu und verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Ich mache meine Arbeit gut, und das hat Delia problemlos akzeptiert.«
»Vielleicht. Aber Frauen sind nun einmal seltsame Geschöpfe. Wir Männer kennen uns auf Garantie nie wirklich bei ihnen aus. Was, wie ich glaube, einer der Gründe dafür ist, dass sie uns derart reizen. Ein Rätsel ist schließlich nur so lange interessant, bis man es vollständig gelöst hat.«
Mit einem halben Lachen blickte Charles über die Schulter, als Eve zu ihnen in die Küche kam.
Sie hätte nicht sagen können, weshalb es sie störte, dass Charles und ihr Gatte sich miteinander amüsierten. Da es sie nun aber einmal störte, sah sie Roarke stirnrunzelnd an.
»Verzeihung, dass ich eure nette Unterhaltung unterbreche, aber könntest du vielleicht kurz Areena Gesellschaft leisten, während ich mit Charles hier spreche?«
»Natürlich. Der Kaffee ist durchaus genießbar.«
Sie wartete, bis er den Raum verlassen hatte, und trat dann, weil sie etwas Zeit gewinnen wollte, um sich zu beruhigen, vor den AutoChef. »Wann hat Ms Mansfield den Termin mit Ihnen gemacht?«
»Heute Nachmittag. Ich glaube, gegen zwei.«
»Ist das nicht ein bisschen kurzfristig?«
»Ja.«
Eve zog den Kaffee aus dem Schlitz, lehnte sich gegen die Wand und hob das dampfende Gebräu an ihren Mund. »Waren Sie nicht schon anderweitig gebucht?«
»Den anderen Termin habe ich verlegt.«
»Warum? Areena hat behauptet, Sie hätten sich weder privat noch beruflich je zuvor gesehen. Weshalb also haben Sie sich einer Fremden wegen eine solche Mühe gemacht?«
»Weil sie das Doppelte bezahlt hat«, erklärte er schlicht.
»Was hat sie
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