Spiel mit dem Mörder
beziehungsweise Beklagtem geht.«
»Diese Sache liegt Jahre zurück. Jahre. Und die Akten wurden versiegelt. Man hat mir damals versichert, sie blieben unter Verschluss.«
»Hier geht es um einen Mordfall.« Feeney verzog verächtlich das Gesicht. »Da gelten solche Zusagen nicht mehr.«
»Gib ihm doch wenigstens Gelegenheit, sich dazu zu äußern, Feeney. Mr Stiles, wir haben im Verlauf unserer Ermittlungen die Genehmigung bekommen, die Akten einzusehen.«
»Du brauchst ihm nichts zu erklären.«
»Bleib ganz ruhig«, murmelte Eve und wandte sich wieder Kenneth zu. »Sie wurden wegen tätlichen Angriffs auf Richard Draco angezeigt. Bei diesem tätlichen Angriff haben Sie ihm erhebliche körperliche Schäden sowie ein mentales und emotionales Trauma zugefügt.«
»Um Gottes willen. Das Ganze ist vierundzwanzig Jahre her.«
»Ich weiß. Das ist mir klar. Aber … Sie haben in Ihren bisherigen Aussagen zu Protokoll gegeben, dass Sie und der Verstorbene keine Schwierigkeiten miteinander hatten. Und trotzdem …«, Eve machte eine kurze, bedeutungsschwere Pause, »… trotzdem haben Sie ihn einmal derart heftig attackiert, dass er sich im Krankenhaus behandeln lassen musste, dass Sie verhaftet wurden und zu einer Schmerzensgeldzahlung in siebenstelliger Höhe verurteilt worden sind.«
Stiles drückte den Pappbecher so fest zusammen, dass etwas von dem Wasser durch die Gegend spritzte. »Das alles liegt eine Ewigkeit zurück, und außerdem haben wir uns am Schluss geeinigt.«
»Hören Sie, Kenneth.« Durch die Verwendung seines Vornamens stellte sie eine gewisse Nähe zu ihm her. »Tatsache ist, alles, was ich über diesen Draco rausgefunden habe, weist eindeutig darauf hin, dass er ein widerlicher Kerl gewesen ist. Ich gehe also davon aus, dass Sie guten Grund für Ihren Angriff hatten. Einen wirklich guten Grund. Er hat Sie sicher provoziert. Sie erscheinen mir nämlich ganz und gar nicht wie ein gewaltbereiter Mensch.«
»Das bin ich auch nicht.« Dem Schauspieler brach der Schweiß aus, und er schüttelte den Kopf. »Nein, das bin ich nicht. Natürlich bin ich das nicht.«
Wieder schnaubte Feeney höhnisch auf. »Das kaufe ich dir sogar ab. Schließlich hattest du noch nicht einmal den Nerv, ihm das Messer selber in die Brust zu rammen.«
»Ich habe Richard nicht getötet!«, brüllte Stiles und funkelte Feeney an. »Ich habe nichts mit seinem Tod zu tun. Das, was damals passiert ist, meine Güte, damals war ich noch ein halbes Kind.«
»Ich weiß. Sie waren jung, und er hat Sie provoziert«, erklärte Eve in mitfühlendem Ton, stand auf, füllte einen zweiten Pappbecher mit Wasser und brachte ihn ihm an den Tisch. »Erzählen Sie mir, wie es passiert ist. Warum es passiert ist. Alles, was ich möchte, ist, Licht in diese Sache bringen, damit Sie nach Hause gehen können.«
Stiles schloss die Augen, atmete langsam ein und hörbar aus. »Wir hatten beide unsere ersten Erfolge am Theater feiern können. Bescheidene Erfolge an irgendwelchen kleinen Bühnen, aber immerhin. Wir wollten beide hierher nach New York. Der Broadway war damals gerade wieder stark im Kommen.«
Seine Stimme wurde etwas wärmer, und er bekam wieder ein wenig Farbe ins Gesicht, als er an seine Jugend dachte, an die freudige Erwartung des Erfolges und das Gefühl der Unverletzbarkeit. »Nach den Verheerungen der Innerstädtischen Revolten war dies die Rückkehr ans Licht, die Neuentdeckung des Glamour, der Brillanz. Die Leute sehnten sich nach Unterhaltung, nach einer Flucht aus der Realität und, ich nehme an, nach Helden, die keine Waffen trugen. Wir waren ein kleiner und möglicherweise etwas arroganter Kreis. Es war eine Schwindel erregende Zeit, Lieutenant, eine Renaissance. Wir wurden wie Könige behandelt. Außerhalb der Bühne haben wir sehr aufwändig, ja exzessiv gelebt. Sex, verbotene Drogen, ausschweifende Partys.«
Er griff nach seinem Becher und trank einen großen Schluck. »Ein paar von uns hat dieses Leben kaputtgemacht. Ich würde sagen, es hat auch Richard zu dem gemacht, der er am Ende war. Er hat den Ruhm und die Exzesse genossen. Das hat seine Arbeit nie beeinträchtigt, denn er war ein Genie, aber im Privatleben hat er jedem erdenklichen Laster gefrönt. Er war grausam, vor allem gegenüber Frauen.
Er hat mehr als eine Frau zerstört. Er hat sich sogar noch damit gebrüstet und Wetten abgeschlossen, welche Frau er sich als nächste angeln würde. Ich fand das … unangenehm.«
Er räusperte sich und schob den
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