Spiel mit dem Tod (German Edition)
anscheinend Blumer.
«Und Hans Rost hat nie den Schlüssel bei Ihnen geholt?»
«Nein, ganz sicher nicht, Frau …»
«Kupfer, Nadine Kupfer.»
«Nein, bestimmt nicht, Frau Kupfer.»
«Aber bei mir», hörten sie Blumers Stimme im Hintergrund.
«Bei Ihnen?»
«Ja, jetzt, wo Sie es erwähnen, Frau Kupfer. Ich meine nicht direkt, also nicht selbst. Der Lehrling dieser Abteilung hat einmal im Auftrag von Hans den Schlüssel geholt.»
«Weshalb?»
«Rost hatte Besuch. Und dem wollte er das Gebäude zeigen, inklusive den Ausblick vom Dach.»
«Können wir den Lehrling sprechen», fragte der Kommissär.
«Der Lehrling ist in der Schule. Wenn Sie wollen, schicken wir ihn ins Kommissariat.»
«Danke. Aber ich denke, es reicht im Augenblick zu wissen, dass Hans Rost den Schlüssel für kurze Zeit hatte.»
«Hans hat mir dann den Schlüssel persönlich zurückgebracht. Und kurze Zeit später habe ich den Lehrling getroffen. Er hat mich gefragt, ob ich den Schlüssel wieder habe, und mir erzählt, dass Hans mit einer Frau das Gebäude besichtigt hat.»
Ferrari lief es kalt über den Rücken beim Gedanken, dass Hans Rost womöglich mit Christina …
«Sie waren zusammen mit Denise Grieder als Erster auf dem Dach, Herr Blumer. Können Sie mir schildern, was dort oben geschah», fuhr Nadine fort.
«Das werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen, Frau Kommissärin. Frau Grieder und ich fuhren mit dem Lift nach oben und rannten die letzten Stufen hoch aufs Dach. Ich ging voran, da Frau Grieder sich nicht auskannte. Hans stand ganz vorne am Geländer. Als er mich sah, schrie er, ich solle sofort zurückgehen. Er beruhigte sich erst, als Frau Grieder neben mir auftauchte. Sie sprach beruhigend auf ihn ein.»
«Na ja, so wie sie es erzählte, berührte sie der Todessprung nicht besonders», bemerkte Nadine abschätzig.
«Was sagen Sie da! Das stimmt überhaupt nicht. Frau Grieder ging ganz vorsichtig auf ihn zu, versuchte einfühlsam, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Fast hätte sie es geschafft. Sie wollte ihn sogar festhalten.»
«Das haben Sie gesehen?»
«Aber selbstverständlich, Herr Kommissär. Ich darf gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn sie ihn wirklich festgehalten hätte. Vermutlich wären sie zusammen runtergestürzt. Und noch etwas, Frau Kommissärin, Sie tun Frau Grieder Unrecht. Sie hat danach richtig geweint. Ich konnte sie beinahe nicht mehr beruhigen. Ich bin dann vorsichtig ganz nach vorne gegangen, habe mich am Geländer festgehalten und runtergeschaut. Ein schrecklicher Anblick.»
Soso, die ach so hartgesottene, kaltschnäuzige Fernsehproduzentin hatte Gefühle gezeigt, dachte der Kommissär. Interessant. Er würde sie bei Gelegenheit damit konfrontieren, wenn sie wieder einmal auf kühle Schönheit machte. Ferrari und Nadine bedankten sich und machten einen schnellen Abgang. Die einzig mögliche Rettung, denn der Abwart war sehr leutselig und schien Zeit zu haben. Viel Zeit.
«Gehst du nach Hause, Francesco?», erkundigte sich Nadine.
«Nein, ich komme mit ins Büro. Ich fühle mich ein wenig besser. Nur die Stimme klingt heiser.»
«Und wie. Ein untrügerisches Zeichen für eine schwere Erkältung. Sicher hast du hohes Fieber. Wahrscheinlich stehst du kurz vor einer Lungenentzündung.»
«Sie müssen es ja wissen, Frau Kommissärin.»
Ferrari litt still vor sich hin. Frauen. Wenigstens hatte er sich durchgesetzt, für eine Station ins Tram zu steigen. Nur keine unnötigen Schritte in seinem Zustand. Kräfte sparen und Konzentration auf das Wesentliche waren angesagt.
20. Kapitel
Gliederschmerzen. Abwechslungsweise heiss und kalt. Schweissausbrüche. Der Rückfall machte ihm ordentlich zu schaffen. Monika hatte recht. Ich bin ein Weichling, wenn es um eine Erkältung geht. Schon eine kleine wirft mich um. Ferrari fühlte sich müde und erschöpft. Der Schweiss lief ihm den Nacken runter. Gestern Regen und fünfzehn Grad, heute Sonnenschein mit beinahe fünfundzwanzig Grad. Vor ihm auf dem Schreibtisch standen Medikamente in Reih und Glied. Aspirin-C-Brausetabletten, Rhinitin retard, um die Nasenschleimhäute abschwellen zu lassen und eine übermässige Sekretion zu hemmen, Mebucaine gegen Halsschmerzen und Heiserkeit, und falls das nichts nutzte, Hextril-Spray mit der gleichen Wirkung. Der krönende Abschluss machte Resyl plus zur Linderung des Hustenreizes und zur Erleichterung des Abhustens. Mürrisch las er die Beschreibungen der einzelnen Medikamente durch. Das
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