Spiel mit dem Tod (German Edition)
Nadine sachlich.
«Ist nicht wahr? Die Alte ist seine Frau?»
Nadine bedankte sich beim Lehrling und begleitete ihn zur Tür.
«Die heutige Jugend! Ich bin froh, dass ich nicht mehr zwanzig bin.»
Eigenartige Aussage einer knapp Dreissigjährigen, dachte Ferrari, liess es aber dabei bewenden. Er hatte keine Lust auf eine Grundsatzdiskussion über das Alter.
«Vielleicht sollten wir nochmals mit dem Kameramann sprechen», hörte er Nadine sagen.
«Besser ein Strohhalm als gar nichts. Rufst du Denise Grieder an? Sie weiss sicher, wo er ist.»
«Das, mein Lieber, mach mal selbst. Denise wird sich freuen, deine Stimme zu hören.»
Michael Lang, der Kameramann, liess nicht lange auf sich warten. Bereits eine knappe halbe Stunde später brachte ihn Nadine ins Büro des Kommissärs.
«Vielen Dank, dass Sie so rasch kommen konnten.»
«Kein Problem! Gibt es etwas Neues von Anselm?»
«Nein. Deswegen möchten wir mit Ihnen sprechen. Sie kennen sich bestimmt gut, oder?»
«Sehr gut sogar. Wissen Sie, wenn man praktisch Tag und Nacht zusammen arbeitet, entsteht eine enge Beziehung.» Als er Ferraris erstaunten Blick bemerkte, relativierte er rasch, «nicht so, wie Sie denken. Ich meine, man erzählt sich praktisch das ganze Leben».
«Entschuldigen Sie, ich wollte nicht indiskret sein.»
«Schon in Ordnung. Anselm ist ein begnadeter Journalist. Viel zu schade für unsere Kleinstadt. Er ist zu Höherem geboren. Eigentlich sollte er Kriegsberichterstatter in fernen Ländern sein. Da würde er so richtig aufblühen.»
«Hat er eine Freundin?», wollte Nadine wissen.
«Das war einmal. In unserem Beruf bleibt keine Zeit für Beziehungen. Wir sind immer auf Achse. Von einer Sensation zur anderen. Vergebene Liebesmüh, dir eine Freundin anzulachen. Sobald die anfängliche Faszination verblasst ist, lässt sie dich sitzen. Anselm hat immer wieder Affären, aber nichts Festes!»
«Wissen Sie, wie es finanziell um ihn steht?»
«Er spekuliert ziemlich erfolgreich an der Börse. Wobei seine Aktien im letzten Jahr arg in den Keller gerutscht sind. Wie bei anderen Leuten auch. Das schien ihm aber nichts auszumachen, er war auf jeden Fall nicht beunruhigt. Man muss warten können, war seine Devise. Aber da fragen Sie besser seinen Vermögensverwalter. Er heisst Thomas Schaller. Sein Büro befindet sich in der Elisabethenstrasse. Er füllt nämlich auch meine Steuererklärung aus. Das ist für mich ein Horror sondergleichen. Anselm hat ihn mir vermittelt.»
Ferrari notierte sich den Namen.
«Wissen Sie, wo Stalder sich aufhalten könnte?»
«Darüber zerbreche ich mir seit Tagen den Kopf. In seiner Wohnung wohl kaum. Vielleicht im Elsass, er hat dort irgendwo ein kleines Häuschen. Wo genau, weiss ich nicht. Ich war leider nie dort.»
«Die meisten der Aufnahmen haben Sie zusammen als Team gemacht.»
«Ja, wir sind aufeinander eingespielt.»
«Auch die Berichte über die architektonisch interessanten Gebäude?»
«Ja, das war aussergewöhnlich spannend. Und sie kamen auch gut an. Es ging um die Gebäude, vom Keller bis zum Dach, um Firmenpolitik und um die Menschen, die dort arbeiten.»
«Waren Sie auch auf dem Dach, von dem Rost hinuntergesprungen ist?»
«Selbstverständlich. Aber ich bin nicht schwindelfrei. Ich wagte mich nicht weit nach vorne.»
«Und wie kamen Sie da hinauf?»
«Komische Frage, Frau Kupfer. Durch die Tür natürlich.»
«Nein, entschuldigen Sie, ich meine, wer verschaffte Ihnen den Zugang?», präzisierte Nadine.
«Der Abwart. Ich weiss aber nicht mehr, wie er heisst.»
«Und der war die ganze Zeit bei den Aufnahmen dabei?»
«Nein. Nur zu Beginn aus reiner Neugierde. Dann gab er uns seinen Hauptschlüssel, mit dem wir uns im ganzen Gebäude frei bewegen konnten.»
Ferrari notierte sich die Aussagen des Kameramanns und bedankte sich nochmals für sein promptes Erscheinen. Das Detail mit dem Schlüssel war neu und aufschlussreich.
«Stalder hatte den Schlüssel. Ein Leichtes, einen Schlüsselservice zu finden, der dir einen Nachschlüssel produziert, Francesco.»
Immer wieder Anselm Stalder und die drängende Frage, ob sein Verschwinden mit dem Fall Rost zusammenhing. Ferrari hatte keine Antwort. Noch nicht. Nur eine leise Ahnung.
26. Kapitel
Am Nachmittag des gleichen Tages erhielt Ferrari vom Chef der Fahndung einen Anruf.
«Hallo Francesco, wie geht es dir?»
«Gut und dir, Josef?»
«Auch gut. Ich wollte dir nur mitteilen, dass du einen neuen Mordfall hast.»
Ferrari erhob
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