Spiel mit dem Tod
mich davon überzeugen, dass du nicht verletzt bist. Wenn du nicht aufmachst, muss ich …“
Die Tür wurde aufgerissen. Alice stand vor ihr, die Augenlider geschwollen und das Gesicht gerötet vom Weinen. Ansonsten schien ihr nichts zu fehlen.
Stacy blickte hinter sie. Im Zimmer war sonst niemand zu sehen. Die Scherben einer zerbrochenen Statuette lagen auf dem Boden.
Alice hatte geweint. Das Krachen Ergebnis eines Wutanfalls. Typisches Teenager-Drama.
„Ich habe das Krachen gehört und deinen Schrei, und …“
„Ist das …“ Alice stockte und riss die Augen auf. „O mein Gott, Sie haben eine Pistole!“
„Die muss dich nicht erschrecken.“
Alice wich zurück. „Bleiben Sie mir vom Leib, Sie Psycho!“
„Ich bin kein Psycho. Es gibt eine ganz einfache Erklärung für …“
Das Mädchen schlug Stacy die Tür vor der Nase zu. Sie hörte noch, wie das Schloss zuklickte.
Sie starrte einen Moment auf die geschlossene Tür und musste plötzlich grinsen.
Sie zählte bis zehn, dann klopfte sie an die Tür. „Alice, ich habe eine Erlaubnis für diese Waffe. Außerdem genug Erfahrung, mit diesem Ding umzugehen, dein Vater weiß davon.“ Sie schwieg einen Moment, um ihre Worte wirken zu lassen. „Ich wollte mich nur davon überzeugen, dass es dir gut geht. Wenn du irgendwas brauchst, egal wann, ich bin nebenan.“ Sie ließ dem Mädchen einen Augenblick Zeit, um das zu verdauen, dann fügte sie dazu: „Gute Nacht, Alice.“
Sie ging in ihr Zimmer zurück und lauschte, aber das Mädchen hatte entweder aufgehört zu weinen oder bemühte sich, das Schluchzen zu unterdrücken. Das arme Kind dachte wahrscheinlich, dass es nicht mal mehr in Ruhe im eigenen Zimmer heulen konnte.
Sie ging zu ihrem Laptop, klappte den Deckel auf und schaltete das Gerät an. Es summte einen Augenblick, bevor der Bildschirm hell wurde. Stacy öffnete ihr E-Mail-Programm und die Mail, die sie heute von Jane erhalten hatte.
Bilder von Apfel-Annie, die einen Strampelanzug aus Jeansstoff trug, den Stacy ihr geschickt hatte, den mit den aufgestickten Äpfeln auf dem Latz und den Taschen.
Stacy betrachtete die Fotos, und mit Tränen in den Augen fragte sie sich, was sie hier eigentlich machte.
Geh nach Hause, Stacy. Zurück zu den Menschen, die dich lieben.
Zu den Menschen, die du liebst.
Sie wollte es, sie verspürte eine heftige Sehnsucht. Was hielt sie zurück? Zurückfahren war nicht Weglaufen. Es bedeutete nicht, dass sie einfach aufgab.
Es brauchte mehr als ein paar Drohungen und Tote, um sie zum Absturz zu bringen.
Stacy erstarrte.
Zum Absturz.
Leos Partner war von einer Klippe gestürzt.
Dabei umgekommen.
Sie hielt den Atem an. Könnte es sein, dass Danson noch am Leben war?
Stacy blickte auf die Uhr. 12:35 Uhr.
Es erwies sich jetzt als günstig, dass Leo eine Nachteule war; sie musste ihm ein paar Fragen über seinen früheren Partner stellen.
Stacy griff nach ihrem Morgenmantel und lief über den Flur und die Treppe hinunter. Wie erwartet, sah sie einen Lichtstreifen unter Leos Bürotür. Sie klopfte an.
„Leo“, rief sie, „ich bin es, Stacy.“
Er öffnete mit einem jungenhaften schiefen Grinsen die Tür. „Noch jemand, der um Mitternacht über die Flure wandert“, sagte er. „Was für eine nette Überraschung.“
„Darf ich hereinkommen?“
Bei ihrem geschäftsmäßigen Tonfall verblasste sein Lächeln. „Sicher.“
Sie ließ demonstrativ die Tür offen.
„Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen“, sagte er. „Für heute Nachmittag.“
„Das haben Sie bereits. Es ist erledigt.“
„Tatsächlich? Ich bin mir nicht so sicher.“
„Leo …“
„Ich fühle mich von Ihnen angezogen und denke, Sie sich von mir ebenfalls. Wo liegt das Problem?“
Stacy blickte kurz zur Seite, dann sah sie ihm direkt in die Augen. „Selbst wenn ich interessiert wäre, Sie lieben immer noch Ihre Exfrau.“
Er leugnete es nicht, versuchte keine Erklärungen abzugeben oder Ausreden zu finden. Sein Schweigen war Antwort genug. „Deshalb bin ich aber nicht hier. Ich möchte, dass Sie mir von Ihrem Expartner erzählen.“
„Dick? Warum?“
„Ich weiß nicht genau. Mir ist etwas durch den Kopf gegangen, aber ich brauche dazu mehr Informationen. Er ist seit drei Jahren tot?“
„Ja. Von einer Klippe gestürzt, in Carmel, Kalifornien.“
„Sie haben wie von dem Unfall erfahren?“
„Ein Rechtsanwalt hat Kontakt zu uns aufgenommen. Durch seinen Tod wurden unsere Gemeinschaftsunternehmen aufgelöst,
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