Spiel mit der Liebe
wirst genau das tun, was ich dir sage, junge Lady. Du wirst diesen Mann heiraten, oder ich schicke dich ins Kloster von St. Mary’s, genau wie ich es dir gesagt habe. Und ich werde es noch heute Nacht tun. Vier lange Jahre wirst du kein Tageslicht mehr sehen.«
Kitt begann zu zittern. Das konnte nicht sein. Das durfte ganz einfach nicht sein!
Sie warf dem Mann, der ruhig neben ihr stand, einen flehen-den Blick zu. »Sagen Sie es ihm, Clay. Sagen Sie ihm, dass ich mich nicht aus dem Haus geschlichen habe, um mich mit Ihnen zu treffen, sagen Sie ihm, dass zwischen uns nichts geschehen ist, dass Sie mich nur nach Hause gebracht haben. Sagen Sie ihm, dass Sie mich nicht h-heiraten werden.«
In diesem Augenblick kam Judith aus dem Haus. Sie schrie und jammerte. »Oh, mein Gott. Sie ist hier draußen mit ihm. Mit dem schlimmsten Schwerenöter in ganz London. Lieber Gott, sie wird uns noch alle ruinieren!«
»Hör auf zu jammern, Judith.« Die Stimme ihres Vaters klang ein wenig ruhiger und auch sicherer. »Das Mädchen wird niemanden ruinieren. Kassandra wird die Braut des jungen Harcourt werden. Ist das nicht so, mein Junge?«
»Nein!« Kitt warf Clay einen Blick zu. »Er will mich nicht heiraten, und ich will auch ihn nicht heiraten. Sagen Sie es ihnen, Clay, erklären Sie ihnen, dass wir nichts Schlimmes getan haben!« An seiner Schulter vorbei starrte Kitt zum Nachbarhaus, in dem plötzlich zwei Lampen angezündet wurden. Als sie nach oben sah, erkannte sie die Baroness von Whitelawn, die aus einem der Fenster im oberen Stock sah. Innerlich zuckte sie zusammen.
Als Clay dann endlich sprach, klang seine Stimme eigenartig sanft. »Dein Vater hat Recht, Liebes. Du hast dieses Spiel mehr als nur einmal gespielt. Heute Abend hast du ganz einfach verloren. Es ist an der Zeit, dass du diese Tatsache akzeptierst. Komm. Lass uns ins Haus gehen, wo wir allein sind.«
Mit einem letzten Blick auf die Baroness, neben der jetzt auch ihr Mann am Fenster stand, folgte Kitt mit hölzernen Bewegungen ihrem Vater ins Haus, Clay direkt hinter ihr. Sie gingen in den Salon, und ihr Vater schloss die Tür hinter ihnen.
»Also gut - was haben Sie zu sagen, Harcourt? Wann soll die Hochzeit stattfinden?«
Zu Kitts Erstaunen und zu ihrem Ärger zögerte Clay nicht.
»Sobald ich die Sondererlaubnis bekommen kann ... das wird höchstens ein paar Tage dauern.«
»Nein ...« Kitt starrte ihn mit wachsendem Entsetzen an. »Das kann nicht Ihr Ernst sein. Sie wollen genauso wenig heiraten wie ich.«
»Vielleicht habe ich ja meine Meinung geändert. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, scheint es mir kein so schrecklicher Gedanke mehr zu sein. Und die Wahrheit ist, wir haben gar keine andere Wahl. Ich möchte genauso wenig aus der Gesellschaft ausgestoßen werden wie du.«
Tränen traten in ihre Augen. Ihr Hals wurde eng, und die Worte, die sie sagen wollte, kamen nicht aus ihrem Mund. Clay hatte Recht. Selbst wenn Judith den Mund halten würde - was sehr unwahrscheinlich war -, so hatten doch der Baron und seine Frau sie beide zusammen gesehen. Es war eine Sache, mit einer Witwe wie Lady May zu tändeln, eine ganz andere Sache war es jedoch, ein unverheiratetes junges Mädchen zu kompromittieren. Wenn sie und Clay nicht heiraten würden, dann würden sie beide von allen gemieden werden, bis auf wenige enge Freunde.
Lieber Gott, sie war erst zwanzig Jahre alt. Sie wollte nicht, dass ihr Leben schon vorüber war. Und sie wollte auch nicht die nächsten vier Jahre in einem staubigen alten Kloster beten.
Sie warf Harcourt einen schnellen Blick zu. Er sah so gut aus, dass es ihr den Atem raubte. Er hatte ihre Zeichnungen gesehen, hatte sie tanzen sehen in dem Zigeunerlager, und dennoch hatte er sie nie verurteilt. Und er hatte sie immer beschützt.
Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?, hatte sie ihn gefragt.
Jemand, der sich Sorgen um Sie macht.
Obwohl er nicht vollkommen einverstanden war mit dem, was sie tat, so vertraute sie ihm in den meisten Dingen so sehr, wie sie noch keinem anderen Mann vertraut hatte.
Und dennoch konnte sie ihn nicht heiraten.
Es wäre Clay gegenüber nicht fair.
»Ich muss mit Ihnen sprechen«, sagte sie und zwang sich, diese Worte auszusprechen. »Allein.«
Clay warf ihrem Vater einen Blick zu, doch dieser zögerte. Dann nickte er, griff nach Judith’ Hand und zog sie mit zur Tür.
»Wir werden vor der Tür warten«, warnte ihr Vater ihn.
»Es wird nicht lange dauern«, versprach Clay.
Nicht lange,
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