Spiel mit mir!: Roman (German Edition)
sein.«
»Doch.« Sie schmiegte den Kopf auf seine Schulter. »Er hatte uns gebeten, ihn anzurufen, und da ich nicht wusste, ob du im Laufe des Tages dazu gekommen warst, habe ich es getan. Ich habe in deinem Telefonbuch seine Nummer nachgeschlagen, ihn aber nur auf dem Handy erreicht. Hast du gewusst, dass er sein Festnetztelefon abgemeldet hat?«
»Ja. Er bildet sich offenbar ein, durch die Telefonleitung könnten Geister in sein Haus gelangen.«
»Ehrlich gesagt glaube ich, dass er nur ein bisschen Aufmerksamkeit haben will.«
Mike fuhr hoch. »Wie bitte?«
Amber tätschelte seine Brust, um ihn zu beruhigen. Als sie die Wärme seiner Haut spürte, kam sie sogleich in Versuchung, wieder dort weiterzumachen, wo sie vorhin aufgehört hatten, aber ihr war klar, dass sie nicht nur auf Sex bauen konnte, wenn sie eine dauerhafte Verbindung zu ihm herstellen wollte. Sie mussten über Themen reden, die ihnen wichtig waren, und mit seinem Eingeständnis, er habe als Kind unter den instabilen Verhältnissen zu Hause gelitten, war bereits der erste Schritt getan, um die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken. Sie zog nun lediglich Schlüsse, auf die ein direkt Betroffener wohl nicht ohne weiteres kommen würde.
»Nachdem dein Vater so lange allein gelebt hat, glaubt er offenbar, dass es einfach so sein muss. Aber die Eskapaden, mit denen er deinem Cousin Derek und seiner Frau das Leben schwermacht, und die Tatsache, dass er sein Festnetztelefon abgemeldet hat …« Amber atmete tief durch. »Das alles wirkt auf mich wie eine Art Hilferuf. Ich wage zu bezweifeln, dass er tatsächlich an Voodoo-Zauber glaubt.«
»Und was ist mit dem Fluch? Denkst du, dass er daran plötzlich auch nicht mehr glaubt?«
Sie seufzte. »Nein. Aus dem Gespräch mit ihm gestern ging eindeutig hervor, dass er sehr besorgt ist, du könntest dich in mich verlieben. Der Fluch ist für ihn real, keine Frage.«
»Und dieser ganze Voodoo-Kram nicht?«
Sie zuckte die Schultern. »Ich bin mir nicht ganz sicher. Aber wir haben mindestens eine Stunde miteinander telefoniert. Er hat mir eine Menge Fragen gestellt und dazwischen immer wieder lange geschwiegen. Es hat den Eindruck erweckt, als würde er nur deshalb nicht auflegen, weil er sich noch ein wenig mit jemandem unterhalten wollte.« Sie zögerte und fuhr dann fort: »Hast du dich je in eine Situation hineinmanövriert, aus der du nicht mehr herausgekommen bist, so sehr du es dir auch gewünscht hast?«
»Nun …«
Sie stieß ihn sanft mit dem Ellbogen an. »Ich meine jetzt nicht unsere Heirat. Ich glaube, du bist gern mit mir zusammen, so sehr du auch dagegen ankämpfst.«
Er stritt es nicht sofort ab, was neue Hoffnung in ihr aufkeimen ließ.
»Ich spreche davon, dass man sich selbst ins Abseits befördert hat – etwa, indem man sich so abschottet, wie dein Vater es getan hat«, führte Amber ihre Erläuterungen weiter aus.
Mike räusperte sich. »Es steckt mehr dahinter als nur die selbst gewählte Isolation. Mein Vater hat über dreißig Jahre kein Wort mit meinem Onkel Thomas geredet. Er schiebt die Schuld zwar auf den Fluch, aber er lebt völlig freiwillig seit Jahren so zurückgezogen. «
Beim letzten Satz versagte Mike die Stimme. Amber wandte sich mit einem Kloß im Hals zu ihm um und streichelte ihm über die Wange. »Ich glaube, er ist einsam, und er tut alle diese verrückten Sachen nur, weil er nicht weiß, wie er sich sonst bemerkbar machen soll.«
»Und das schließt du alles aus einer kurzen Begegnung und einem einstündigen Telefongespräch?«
Sie lächelte. »Ich weiß das, weil ich eine ausgeprägte Menschenkenntnis besitze. Die verdanke ich … der Tätigkeit, mit der ich mir jahrelang meinen Lebensunterhalt verdient habe.«
Er hob eine Augenbraue. »Red nur weiter. Ich will mehr über dich wissen, alles. Zum Beispiel, welche Art von Partnerschaft dich mit diesem Marshall verbunden hat und warum du nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten wolltest«, sagte er.
Er wollte sie näher kennenlernen, sie besser verstehen, genau wie sie ihn. Allerdings lag Mikes Neugier eine etwas andere Motivation zugrunde. Sie hatte ihm erklärt, warum sie ihn in Vegas allein zurückgelassen hatte, aber ihre Antworten waren ihm nicht ausführlich genug gewesen. Er wollte offensichtlich wissen, warum sie sich überhaupt mit einem Menschen wie Marshall eingelassen hatte, warum sie verfolgt wurde, was sie immer noch
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