Spiel mit mir!: Roman (German Edition)
vor ihm verheimlichte .
Aber sie war noch nicht bereit, damit herauszurücken. Also beschloss sie, ihm vorerst nur von den Bereichen ihres Lebens zu erzählen, auf die sie stolz war und die sie von der Seite präsentierten, die er von ihr kennen sollte. Er sollte einen Eindruck davon bekommen, wer Amber Rose … Amber Corwin … wirklich war.
Sie nahm einen tiefen Atemzug und fing an. »Ich war früher Concierge in L.A., im Crown Chandler in Beverly Hills, und ich habe meinen Job geliebt. Soziale Kompetenz ist meine große Stärke, und ich habe ein fotografisches Gedächtnis, was in meinem Beruf äußerst hilfreich ist. Sich Namen und Gesichter einprägen zu können ist eine wichtige Voraussetzung für diese Tätigkeit, und für mich war das nie ein Problem. Ich hatte mit den ganz großen Stars zu tun, und ich habe mich immer ins Zeug gelegt, um jeden ihrer Wünsche zu erfüllen. Ich war eine Meisterin meines Fachs«, berichtete sie etwas melancholisch.
»Was ist dann passiert? Du sagst, du warst Concierge. Warum bist du es jetzt nicht mehr?«, wollte er wissen.
Es schien ihn nicht zu stören, dass sie etwas weiter ausgeholt hatte.
»Nun, als mein Vater krank wurde, musste ich zurück nach Vegas. Er war nicht krankenversichert, also musste ich seine Pflege übernehmen.«
»Das war bestimmt nicht leicht für dich.« Er drückte sie an sich und liebkoste mit den Fingerspitzen ihren Arm.
Sie wusste seine tröstenden Worte und sein Mitgefühl zu schätzen. Auf beides hatte sie in letzter Zeit weitgehend verzichten müssen. Sie hatte angenommen, sie sei daran gewöhnt, auf sich gestellt zu sein. Das war sie auch gewesen, aber das bedeutete noch lange nicht, dass es ihr auch gefallen hatte, das wurde ihr nun klar.
Sie seufzte. »Nein, war es wirklich nicht. Ich habe einen Teilzeitjob in der Bar eines alten Freundes angenommen, weil ich dort weggehen konnte, wann immer der Zustand meines Vaters es erfordert hat. Leider ist die Krankheit viel schneller vorangeschritten als ich gehofft hatte.«
Mike ließ weiter die Finger über ihren Arm wandern. »Willst du mir davon erzählen?«
»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Der geistige Verfall eines Menschen ist ein trauriger Prozess. Ich habe ihn zu Hause behalten, so lange es ging, bis eines Tages der Nachbar, der hin und wieder nach ihm sah, angerufen hat und sagte, Dad wäre abgehauen und würde ziellos durch die Stadt irren.« Die Angst, die Amber an jenem Tag hatte ausstehen müssen, überwältigte sie aufs Neue und schnürte ihr die Kehle zu. »Wir haben die ganze Nachbarschaft durchkämmt, all seine Lieblingslokale abgeklappert.«
»Und wo habt ihr ihn schließlich aufgegriffen?«, fragte Mike.
»Am Strip, auf dem Weg in Richtung Innenstadt. Er hat das alte Casino gesucht, in dem ihm meine Mutter zum ersten Mal begegnet war. Das Gebäude war schon vor Jahren abgerissen worden.«
»Wie furchtbar.«
Amber sah eine Chance, ihr Leben und ihre Erfahrungen mit den seinen zu verknüpfen. »Tja, dein Vater lebt ja gewissermaßen auch in seiner eigenen Welt. Nur mit dem Unterschied, dass Edward geistig einigermaßen präsent ist, wenn du mit ihm sprichst. Er reagiert, ist bei Bewusstsein. Weißt du, was ich meine?«
Er nickte. »Ja, aber lass uns jetzt nicht über ihn reden. Wie ging es weiter, als dein Vater wieder aufgetaucht war? Und wie heißt er überhaupt? Es kommt mir so abstrakt vor, immer nur von ›deinem Vater‹ zu sprechen.«
Sie lächelte. »Er heißt Sam, und du hättest ihn bestimmt gemocht«, sagte sie nachdenklich. »Ich habe ihn damals erst einmal mit nach Hause genommen, und am nächsten Tag habe ich mich sofort auf die Suche nach einem sauberen, ordentlich geführten Pflegeheim gemacht. Tja, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
Sie musste unbedingt verhindern, dass Mike noch weiter nachbohrte.
Denn wenn er das tat, müsste sie lügen oder Informationen unterschlagen, und das wollte sie Mike einfach nicht antun. Ihnen beiden nicht antun.
Sie richtete sich auf, wobei sie sich züchtig das Laken vor die Brust hielt. »Mike, was ich dir vorhin klarzumachen versucht habe, ist, dass im Falle meines Vaters – im Gegensatz zu Edward – keine Chance auf echte Kommunikation oder eine Beziehung mehr besteht. Bei deinem Vater ist das wenigstens theoretisch noch möglich.«
Er legte die Stirn in Falten, sichtlich wenig angetan von ihrem Themenwechsel. »Glaubst du etwa, ich
Weitere Kostenlose Bücher