Spiel mit mir!: Roman (German Edition)
unterdrückte ein Lachen. Er konnte verstehen, warum Amber sich darüber wunderte, dass sich Clara zu seinem ziemlich verwildert aussehenden Vater hingezogen fühlte.
Clara lächelte. »Er sah genauso aus wie heute. Er ist ein attraktiver Mann, und hinter seinem Gepolter verbirgt er eine verwundete Seele.«
Ohne Frage sah sie etwas in Edward, das der Rest der Welt, selbst sein eigener Sohn, nicht sehen konnte. Ein Teil von Mike fürchtete sich stets davor, zu tief zu graben, denn Edward wirklich zu verstehen würde bedeuten, dass womöglich Mike selbst nicht allzu weit vom Wahnsinn entfernt war.
Clara nahm einen Schluck von ihrem Tee und sagte dann: »Am Anfang kam Edward in meinen Laden, weil er nach Möglichkeiten suchte, um den Fluch abzuwehren, aber nach einer Weile kam er, um mich zu besuchen.«
»Edward ist auf Freiersfüßen gewandelt?«, fragte Amber überrascht.
Mike war froh, dass sie die Fragen stellte. Obwohl er ein auf Verhöre spezialisierter Polizist war, konnte er sich nicht dazu durchringen, in dieser Angelegenheit nachzubohren und damit ungewollt allzu persönliche Details über seinen Vater zu erfahren.
»Nun, nicht direkt, aber eine Frau spürt es einfach, wenn ein Mann an ihr interessiert ist. Wenn er sich um sie bemüht.«
Amber nickte. »Stimmt. Als Frau weiß man das.« Sie warf Mike einen Blick aus den Augenwinkeln zu, und dieser hatte prompt einen Kloß im Hals.
»Edward und ich hatten viel gemeinsam, und ich habe ihm versprochen, ich würde ihm helfen, seine Ängste zu überwinden«, fuhr Clara fort. »Leider machte ich gerade eine schwierige Zeit durch, als er in mein Leben trat. Mein Vater war eben aus Jamaika in den Staaten angekommen. Meine Mutter ist Amerikanerin und hat mich hier aufgezogen, aber mein Vater kam mit einem seiner Freunde und hatte vor, mich zu verheiraten.«
»Wie alt waren Sie denn da?«, fragte Amber ungläubig.
»Vierzig. Zu alt, als dass ich mir hätte sagen lassen, was ich tun soll. Aber wir sind nie zu alt, um nach der Anerkennung unserer Eltern zu streben, nicht?«
Ein weiterer aufschlussreicher Kommentar, dachte Mike.
»Vermutlich nicht«, antwortete Amber. »Was passierte dann?«
»Ich tat, was mein Vater verlangt hatte und traf mich mit diesem Mann, obwohl ich nicht vorhatte, ihn zu heiraten. Edward habe ich nichts von dem Rendezvous erzählt.« Clara senkte die Augen.
Mike rieb sich die Schläfen. Sein Vater hatte sich aus seinem Schneckenhaus herausgewagt und Clara seine Zuneigung gezeigt, und sie hatte ihn verletzt … Er straffte die Schultern. »Und wie ging es weiter?«, fragte er schroff.
»Am nächsten Morgen hat mir der Mann Blumen gebracht. In den Laden.«
»Während Edward da war«, mutmaßte Amber und schüttelte bekümmert den Kopf.
Clara nickte. »Und mein Vater, der sich lang und breit über meine Zukunft ausließ.«
Mike wurde übel, als er sich die Reaktion seines Vaters vorstellte. Just in dem Moment, als Edward die ersten Schritte unternommen hatte, sich von den Zwängen des Fluches zu befreien, hatte das Schicksal erneut zugeschlagen.
»Verdammt«, knurrte Mike.
Amber ergriff seine Hand. »Erinnerst du dich an diese Zeit im Leben deines Vaters?«
Er dachte zurück. Seine Eltern hatten sich vor zehn Jahren scheiden lassen. »Vor sieben Jahren? Da war ich zwanzig und auf dem College. Ich bin nur selten nach Hause gekommen, und wenn, dann war ich bei Mum«, gab er zu und blickte zur Seite.
Amber drückte seine Hand. Mike versuchte, die Schuld dafür, dass er damals nicht bei seinem Vater hatte sein wollen, nicht bei sich zu suchen, aber in solchen Momenten plagte ihn unwillkürlich das schlechte Gewissen. Irgendwann war er erwachsen geworden und hatte gelernt, seinen Vater mit all seinen Schwächen zu akzeptieren, genau wie seine Pflichten als Einzelkind. Er liebte Edward und machte ihn nicht dafür verantwortlich, dass er ihm nie ein richtiger Vater gewesen war.
Aber es war kein Wunder, dass Edward verbittert und wütend gewesen war und sich noch mehr hinter seinen negativen Gedanken verschanzt hatte, nachdem diese Frau ihm das Herz gebrochen hatte. Und Mike war nicht da gewesen, um ihm in dieser schweren Zeit beizustehen.
»Wie hat Edward denn in dieser Situation reagiert? «, erkundigte sich Amber.
Clara schnaubte. »Er hat kein Wort gesagt. Ist einfach rausgestürmt, und mein Herz hat er mitgenommen. «
»Sind
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