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Spiel ohne Regeln (German Edition)

Spiel ohne Regeln (German Edition)

Titel: Spiel ohne Regeln (German Edition)
Autoren: Shannon McKenna
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waren die Ärzte gekommen und hatten sie vielen Tests unterzogen, mit Maschinen, Röntgengeräten, dann kamen die Blutuntersuchungen. Niemand hatte ihnen den Grund verraten. Es hatte sich tagelang hingezogen.
    Am nächsten Tag war Aleksandra weg gewesen. Sveti war morgens aufgewacht und hatte das Bett leer vorgefunden. Im Kissen war noch immer eine Delle vom Kopf ihrer Freundin.
    Sveti kuschelte sich enger an Rachel, bis das Baby protestierend strampelte. Sie versuchte zu atmen. Die Dunkelheit drückte ihr die Kehle zu wie eine eiserne Faust.

6
    Nick hatte dieses Phänomen schon früher erlebt: Bedeutsame Ereignisse, vor denen er sich seit Jahren fürchtete, schwollen in seinem Kopf zu kolossaler Wichtigkeit an – doch wenn sie schließlich eintraten, stand er ihnen völlig gelassen gegenüber. Als würde er einen alten Film sehen, der ihn nicht sonderlich interessierte oder berührte. Der Tod seines Vaters war so ein Ereignis gewesen. Eine Reihe von Details, um die er sich kümmern musste, ein langer Blick auf den Leichnam im Sarg. Das knochige Gesicht, das seinem so sehr ähnelte, nur dass es leblos und eingesunken war, durchzogen von den Falten essigsaurer Verbitterung, die sich nach dem Tod von Nicks Mutter hineingegraben hatten. Von jenem Tag an konnte er seinem Sohn nur noch mit dieser Miene begegnen.
    Auf der Suche nach irgendeiner Emotion, die er angesichts des Todes seines Vaters benennen konnte, hatte Nick tief in sich hineingeblickt – und nichts gefunden.
    Genauso erging es ihm bei der Ankunft von Vadim Zhoglo.
    Das Schiff tauchte ohne Vorwarnung auf. Es war reiner Zufall, dass er um 10:42 Uhr vormittags gerade die Kamera checkte, die die Bucht überwachte. Ihm blieb gerade noch die Zeit, sich hastig ein paar anständige Klamotten überzuwerfen, seine Haare zu ordnen und sich Wasser ins Gesicht zu spritzen. Danach war der künstliche Adrenalinrausch verflogen, und diese seltsame, lähmende Ruhe legte sich über ihn.
    Er war zu ruhig. Jeder, dem ein Treffen mit Zhoglo bevorstand und der wusste, wozu der Mann fähig war, hatte allen Grund, sich vor Angst in die Hose zu scheißen. Arkady Solokov, professioneller Waffenhändler und Drecksack im Allgemeinen, müsste sich zu Tode fürchten bei dem Gedanken, vor dem Großen Vor zu versagen, und gleichzeitig vor Aufregung vibrieren angesichts der Vorstellung, seine kriminelle Karriere voranzutreiben.
    Nichts regte sich in ihm, als der Mann das Schiff verließ. Selbst wenn er die qualitativ schlechten Fotos nicht gesehen hätte, die das Einzige waren, was die Polizeibehörden weltweit vorweisen konnten, hätte er Zhoglo von seinen Speichelleckern sofort unterscheiden können.
    Die treffende Beschreibung für Zhoglo war »grobschlächtig«. Er hatte Wurstfinger, die feiste Wampe eines Vielfraßes, Schweinsbacken und wulstige, hängende Lippen. Sein silbriges Haar war kurz geschnitten, und seine eisengrauen Augen versanken halb hinter violett schimmernden Tränensäcken. Er verströmte pure Bösartigkeit.
    Nick betrachtete ihn und erkannte dabei, dass er so ruhig war, weil er nichts zu verlieren hatte. Keine Frau, keine Kinder. Keine unerledigte Aufgabe, außer Sveti aufzuspüren und Sergei zu rächen.
    Sergei ist noch immer am Leben gewesen, als ich ihn gefunden habe. Mit ausgestreckten Gliedern an ein Hotelbett gefesselt, der Mund mit Klebeband verschlossen. Aus seinem aufgeschlitzten Leib quollen die Gedärme und türmten sich auf seiner Brust. Er war bei vollem Bewusstsein.
    Scheiße! Normalerweise schaffte er es, die Erinnerung abzublocken, bevor sie auf ihn einstürmen konnte. Er wandte die Augen ab, als die Männer an ihm vorbeieilten. Der einzige, den er persönlich kannte, war Pavel. Er war grau und dünn, sah aus wie Scheiße. Er war um zehn Jahre gealtert, seit Nick ihn zuletzt gesehen hatte.
    Zhoglo marschierte an ihm vorbei. Er schien Nick nicht einmal zu bemerken.
    Er stieß den Atem aus, wobei er nicht gewusst hatte, dass er ihn anhielt, dann reihte er sich – ganz unterwürfiger Hund, der wusste, wo sein Platz war – hinter dem letzten Mann ein.
    »Willkommen, Vor«, sagte er auf Ukrainisch. »Ich hoffe, die Reise verlief angenehm?«
    »Halt die Fresse, Dummkopf!«, bellte der letzte Mann in der Reihe, ein großer, schwerfälliger Blondschopf. »Du bist nicht hier, um zu quatschen.«
    Nick verstummte und folgte ihnen den Bohlenweg hinauf. Der Buzzer an seinem Gürtel summte.
    Eine eisige Vorahnung verknotete ihm den Magen.
    Es könnte ein Tier
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