Spiel Satz Tod - Kriminalroman
vergessen?«
»Ich habe es nicht vergessen!«, zischte ich, denn jetzt wurde auch ich wütend. »Dumm gehandelt haben Sie – stellen sich vor meine Tür, ohne dass ich es weiß. Wie sollte ich mich denn fühlen, wenn nach allem, was passiert ist, plötzlich ein Fremder vor meinem Haus herumlungert?«
»Ich dachte, Sie wären nicht zu Hause. Überall war es stockdunkel.«
»Ich bin auf der Couch eingeschlafen.«
Wir starrten einander wütend an, weil wir uns beide erschreckt hatten. Dabei stellte ich fest, dass er nicht das trug, was ich für sein offizielles Outfit hielt – das gebügelte Hemd, Krawatte und Hose wie am Tag zuvor. Jetzt stand er in ausgeblichenen Jeans und einem einfachen schwarzen T-Shirtvor mir. Die schwere Pistole steckte in einem Futteral an seinem Gürtel. Er war rasiert, aber an seinem Kinn zeigten sich die ersten dunklen Stoppeln.
»Sind Sie außer Dienst?«, fragte ich.
»Ich bin niemals außer Dienst.«
Ich verdrehte die Augen. »Das bezweifle ich. Sie sind gar nicht zur Überwachung meines Hauses abgestellt, stimmt’s? Sie machen das in Ihrer freien Zeit.«
Er blickte beinahe schuldbewusst drein. Irgendwie erinnerte er mich an einen Schüler, der Hausarbeiten für einen Freund erledigt. Er antwortete nicht.
Ich schaute ihn einen Moment lang nachdenklich an.
»Danke dafür«, sagte ich schließlich. »Und es tut mir leid, dass ich beinahe Ihren Wagen zerbeult hätte.«
Aber so leicht kam ich ihm nicht davon. »Wissen Sie, wie dumm das war? So etwas machen Sie nie wieder, versprochen?«
»An Ihrem persönlichen Auftreten müssen wir aber auch noch etwas arbeiten«, sagte ich, als dächte ich laut. »Wenn ein Gentleman einer Lady schon erfolgreich seinen Standpunkt klargemacht und ihre Entschuldigung erhalten hat, sollte er niemals das Wort ›dumm‹ gebrauchen. Und sich zudem selber entschuldigen«, fügte ich hinzu.
»Wofür denn?«, entfuhr es ihm ärgerlich.
»Dafür, dass Sie mich so erschreckt haben.«
Er presste die Lippen zusammen. Nach einer Weile streckte er mir eine Hand hin. Es war ein ziemlich ungeeigneter Augenblick für Triumphgebärden, aber Männer sind nun mal seltsame Wesen. Ich klopfte leicht auf seine Handfläche und hielt ihm meine hin.
Mit einem erleichterten Lachen ergriff er sie und zog mich vom Stuhl hoch. Plötzlich stand ich nur wenige Zentimeter vor seiner Brust und schaute ihm überrascht ins Gesicht. Er schlang seinen Arm um meine Schultern und drückte mich fest an sich, so dass ich die Wärme seines ganzen Körpers spürte. Mit der freien Hand strich er mir das Haar sanft vom zerschundenen Gesicht zurück und senkte den Kopf, um mich zu küssen.
Und ich küsste tatsächlich zurück. Ohne auch nur einen Augenblick nachzudenken, schlang ich meine Arme um seinen festen Leib und schmiegte mich an ihn. Er roch wunderbar nach Rasiercreme, warmer Haut und Mann. Und wie er sich anfühlte! Seine Größe und die festen Muskeln unter seinem Hemd gaben mir das Gefühl, klein, sehr fraulich und sexy zu sein. Seine Lippen berührten meine nur ganz sacht, dann hob er den Kopf, atmete tief und schaute mir in die Augen.
Mir stockte der Atem, ich erwiderte seinen Blick und verlangte mehr. Ich wollte seine Lippen auf meinen spüren. Da aber schaltete sich nach diesem kurzen Aussetzer mein Hirn wieder ein und ließ die Alarmsirenen schrillen.
»O nein!«, rief ich, entwand mich seinen Armen und schlug eine Hand vor meinen Mund.
Sein Kopf fuhr mit einem Ruck hoch, verstört und beleidigt, wie er es bei einer solchen Reaktion auf einen der schönsten Küsse aller Zeiten nur sein konnte. Ich spürte noch seine Lippen und die warme, verführerische Mattigkeit, die meinen Körper wie Honig durchströmt hatte. Ich stampfte mit dem Fuß auf und wich etwas zurück. Aber nicht sehr weit. Jeder Teil von mir wünschte sich, wieder in seinen Armen zu liegen.
Erschrocken über meine eigenen Gefühle, ging ich um den Tisch herum, damit mir das polierte Eichenholz als eine Barriere diente, die ich selbst nicht aufbauen konnte.
»Ich habe einen Freund«, flüsterte ich. »Was mache ich hier?«
Als Colin das hörte, entspannte sich sein Gesichtsausdruck ein wenig, und seine blauen Augen blickten wieder sanft drein. Mein Gott, war er schön!
»Dein Freund ist es also. Ich habe ihn noch nie bei dir gesehen.«
Diese leicht dahingeworfene Bemerkung klang wie ein Urteil. Das Gleiche hatte Kyla erst kürzlich gesagt. Ich schluckte und versuchte mir Alan
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