Spiel Satz Tod - Kriminalroman
Ich schaute in seine blauen Augen und dachte bei mir, welch bemerkenswerte Farbe sie doch hatten. Ein tiefes Nachtblau. Wenn ich den Kopf ein wenig drehte, konnte ich mein Spiegelbild darin sehen.
Als er die Maske zu meinem Gesicht hob, lehnte ich mich zurück. Was tat er da?
»Sweetheart, du musst durch dieses Ding atmen.«
Wenn er mich nun schon Liebling nannte, dann musste ich ihn wohl gewähren lassen.
Er setzte mir die Maske auf und wartete geduldig an meiner Seite. Inzwischen füllte sich das Foyer mit Menschen. Immer mehr Polizisten kamen, ein Fotograf mit Kamera, ein Mann in Zivil, wahrscheinlich auch ein Kriminalbeamter. Der watete ebenfalls in die Mädchentoilette. Endlich tauchte auch der Hausmeister Alonzo mit einem Eimer auf Rädern und einem Mop auf. Er machte sich daran, das Wasser im Foyer aufzuwischen. Das tat er rasch und mit heftigen Bewegungen, wobei er unter gesenkten Lidern zu den Polizisten schielte.
Endlich ging mein Atem wieder etwas ruhiger, mir war nicht mehr ganz so kalt, und ich fühlte mich munterer. Das fiel Colin auf. Er schaute mir in die Augen und nahm meine Hand. Die Wärme, die von seinen großen Händen ausging, machte mir bewusst, dass meine immer noch aus purem Eis zu bestehen schienen. Aber zu meinem Erstaunen konnte ich die Finger schon wieder bewegen.
»Geht es dir jetzt besser?« Ich nickte schwach.
»Dann muss ich dir ein paar Fragen stellen.«
Ich setzte mich etwas auf und versuchte klar zu denken. Natürlich musste er Fragen stellen. Einer hatte Laura das angetan. Und wir mussten ihn finden.
»Also, ich habe mich in der Toilette umgeschaut. Kannst du mir exakt beschreiben, wie du sie gefunden hast?«
»Ich kam sehr früh hier an und bin in der Pfütze ausgerutscht. Ich glaubte …, eine Toilette sei übergelaufen, und wollte versuchen, zumindest das Wasser abzustellen.«
»Aha. Und als du in den Toilettenraum kamst, hat sie so dagelegen?«
Tränen schossen mir in die Augen. »Nein«, flüsterte ich. »Wo war sie dann?«
Eine heiße Träne lief mir über die Wange. Mir versagte die Stimme.
»War sie in einem der Toilettenbecken?«, fragte er.
Ich schloss die Augen und nickte.
»Weißt du, wer sie ist?«
»Sie heißt Laura Esperanza«, flüsterte ich. »Sie ist Spanischlehrerin an der Schule.« Ich schluckte, und die Tränen liefen mir übers ganze Gesicht. »Sie ist … sie ist meine Freundin. Meine beste Freundin. Wir essen zusammen Mittag, wir gehen zusammen einkaufen. Sie ist …«
»Mein Gott«, sagte er erschrocken. »Ach, Jocelyn.«
Er legte mir den Arm um die Schultern, ich barg mein Gesicht an seiner Brust und schluchzte laut auf.
»Wir bringen dich gleich nach Hause. Ich rufe deine Cousine an. Nur … gibt es sonst etwas Wichtiges, das du uns noch sagen willst?«
Ich hob den Kopf ein wenig. »Sie ist klein und zierlich. Jemand hat ihren Kopf in das Toilettenbecken gedrückt. So ein Schwein. Ich will, dass du ihn findest. Ich bringe ihn um!«
»Ja«, sagte Colin.
»Das meine ich ernst!«, sagte ich heftig.
»Ich weiß.«
An die nächsten Stunden kann ich mich kaum erinnern. Colin rief Kyla an und fuhr mich dann mit meinem Wagen nach Hause. Er blieb bei mir, bis sie kam. Ein Polizist brachte ihn zur Schule zurück. Erst später fiel mir ein, dass er hätte am Tatort bleiben müssen, statt bei mir den Babysitter zu spielen, aber ich war ihm dankbar dafür.
Kyla machte ihre Sache perfekt. Statt herumzujammern oder Fragen zu stellen, während ich duschte und meineHaut schrubbte, bis sie puterrot war, schaltete sie den Fernseher ein und mixte ein paar Drinks. Dann hüllte sie mich in eine Decke, setzte mich auf die Couch, eine Schachtel Kleenex in Reichweite.
Ich ergriff das Glas, das sie mir reichte, und nahm einen großen Schluck, denn ich glaubte, es sei Orangensaft. Als der Alkohol sich brennend seinen Weg zu meinem Magen bahnte, zeterte ich ein bisschen mit ihr, trank dann aber den Rest aus und ließ mich in die Kissen sinken.
Am Nachmittag klingelte das Telefon. Ich nahm ab, ohne nach dem Anrufer zu schauen, was ich längst gelernt haben sollte.
»Was zum Teufel ist an deiner Schule los?«
Es war mein Ex, Mike Karawski. Welche Freude.
»Ich hab dort angerufen, und die haben mir gesagt, du bist nach Hause gegangen. So was wie, du hättest die Leiche gefunden. Stimmt das?«
»Stimmt was?«
»Dass du die Leiche gefunden hast.«
»Was willst du von mir, Mike?«
Kyla hatte aufmerksam zugehört. Als ich den Namen aussprach,
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