Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
er mich ab? Während des gesamten Abends habe ich dieses Prickeln gespürt. Ihr Verlangen und ihre Erregung hatten den Moment ersehnt, in dem sie mit ihm allein war, aber jetzt wandte er sich von ihr ab und sagte ihr, dass der Abend vorbei war. Konnte sie sich so sehr in einem Menschen täuschen? Begehrte er sie gar nicht? War es nur ihre eigene Lust gewesen, die diesen Abend so erotisch gemacht hatte? Nein, bei dem Kuss hatte sie seine körperliche Reaktion auf sie gespürt. Auch er begehrte sie.
Ich kann ihn schlecht mit ins Zimmer schleifen und über ihn herfallen, überlegte sie und versuchte, ihren schützenden Spott wiederzuerlangen.
Wollte er sich wirklich morgen mit ihr treffen, oder war das nur eine Ausrede, um ihnen beidendie peinliche Situation zu erleichtern? Es war auf dem Gang sehr heiß, aber innerlich fror Christie.
Vermisste sie die Wärme dieses Mannes? Sie war zutiefst enttäuscht darüber, dass dieser Abend ganz anders endete, als sie es sich erhofft hatte.
„Ich weiß nicht genau, ob ich morgen Vormittag Zeit habe“, antwortete sie vorsichtig. „Aber auf jeden Fall würde es mir Spaß machen, etwas von der Stadt zu sehen.“ Wenn er solche Spielchen mochte, dann konnte er sie bekommen. Sie ließ sich in keiner Weise anmerken, was sie empfand. Schon gar nicht das brennende, sehnsüchtige Verlangen, das sich nur noch verstärkte, weil ihr bewusst wurde, dass es keine Erfüllung finden sollte, jedenfalls nicht so, wie sie es sich vorgestellt hatte.
„Wenn Sie die Zeit finden sollten, dann könnten wir uns doch um elf Uhr in der Halle treffen“, schlug Leo vor.
„Wenn möglich, werde ich da sein“, stimmte sie zu. Sie wandte sich um, um die Tür zu öffnen, und die erregende Anspannung des Abends fiel von ihr ab. Übrig blieb die vernichtende Enttäuschung.
Sie wünschte ihm eine gute Nacht, während sie in ihr Zimmer ging, und machte sie energisch hinter sich zu. Dann schloss sie ab. Immerhin hatte auch sie ihren Stolz. Wütend schleuderte sie die Handtasche aufs Bett. Sie würde weder ihn noch sonst irgendeinen Mann anbetteln. Wenn es ihm Spaß machte, ihr weiszumachen, dass er sie begehrte und ihr Verlangen erwiderte, indem er es zuließ, dass sich die Spannung zwischen ihnen den ganzen Abend über verstärkt hatte und auf einen Höhepunkt zusteuerte, dann sollte er diesen Spaß haben. Christie wollte deswegen nicht ins Grübeln geraten, und ganz bestimmt würde sie sich morgen nicht mit ihm treffen.
Trotzdem trat Christie am nächsten Tag um elf Uhr aus dem Fahrstuhl. Unwillkürlich richtete sie sich etwas auf, als sie Leo entdeckte, der in der Halle auf sie wartete.
Er hatte sie noch nicht entdeckt. Vielleicht hatte er gestern Abend tatsächlich zu viel zu tun gehabt, um bei ihr zu bleiben, und möglicherweise hatte sie ihn mit dem unausgesprochenen Angebot überrumpelt.
Sie fragte sich, wie lange die Stadtbesichtigung dauern würde. Bestimmt wollte er genau wie sie die Veranstaltungen am Nachmittag nicht versäumen. Immerhin stand ihnen der Höhepunkt des ganzen Wochenendes bevor. Es gab eine Rede über die Fortschritte der modernen Arzneimittelchemie von der Führung des Hesslerkonzerns.
Es hatte sie angewidert, dass die Kongressteilnehmer mit Broschüren über die Produktpalette förmlich überhäuft worden waren. Alle Konzerne verteilten großzügig Proben und kleine Geschenke. Doch auch wenn sie alles ablehnte, was dieser Konzern und seinesgleichen verkörperten, so war sie doch auf den Vortrag gespannt, zumal sich eine Fragestunde daran anschloss. Sie war neugierig, wie der Sprecher von Hessler-Chemie sich gegen Kritik wehren würde, falls er kritische Fragen überhaupt beantwortete. Christie hatte ein Gerücht gehört, dass der Hesslerkonzern diesen Kongress zum Teil mitfinanzierte.
Ihr Puls beschleunigte sich, als Leo sich umdrehte und sie sah. Er lächelte sie so warm und herzlich an, dass in ihr jeder Zweifel verschwand, ob es richtig war, sich noch einmal mit ihm zu treffen.
Sie war fast bei ihm, als ein Mann auf ihn zulief und aufgeregt auf Deutsch zu ihm sagte: „Herr von Hessler, Ihr Bruder ist am Telefon. Der Anruf wurde zu Ihrer Suite in dem anderen Hotel durchgestellt. Ich fürchte, er ist nicht erfreut darüber, dass er Sie so schlecht erreichen kann.“
Herr von Hessler!
Christie verstand nur sehr wenig Deutsch, aber ihr reichte schon der Nachname, um zu begreifen. Sie erstarrte und konnte den Blick nicht von Leo abwenden. Er runzelte die Stirn und sagte
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