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Spiel um Macht und Liebe (German Edition)

Spiel um Macht und Liebe (German Edition)

Titel: Spiel um Macht und Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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Hielt er Saul für ihren Liebhaber? „Mein Bruder“, sagte sie ruhig und beobachtete seine Reaktion mit einer für sie ungewohnten weiblichen Genugtuung. „Wir sind uns oft nicht einig, obwohl er mich immer unterstützt hat, wenn ich Hilfe brauchte.“ Sie schwieg einen Moment nachdenklich, als ihr wieder einfiel, wie Sauls Verhalten sich in letzter Zeit geändert hatte. Irgendetwas hatte sein Leben durcheinandergebracht. War es das kühle, abweisende Verhalten seiner Kinder?
    „Dann stehen Sie ihm also nahe, obwohl Sie eine unterschiedliche Sicht des Lebens haben?“,hakte Leo nach. „Ich wünschte, ich könnte das auch über das Verhältnis zu meinem Bruder sagen.“ Jetzt wirkte er nachdenklich. Wieso hatte er das gesagt? Sein Verhältnis zu Wilhelm gehörte hier nicht her, und er hatte noch nie mit jemandem darüber gesprochen. Bisher hatte ihm noch nie jemand nahe genug gestanden, um über dieses Thema zu sprechen. Aber wie kam er darauf, dass ihm diese Frau nahestand? Sie wusste nicht einmal, wer er wirklich war.
    „Haben Sie nur diesen einen Bruder?“, erkundigte Christie sich.
    „Ja, und Sie?“
    Er hatte ihr immer noch nicht seinen Nachnamen verraten, und während sie feststellten, dass sie beide einen älteren Bruder hatten und dass ihre Eltern nicht mehr lebten, merkte Leo, dass er eine gute Möglichkeit verpasst hatte, ihr gegenüber ehrlich zu sein. Oder hatte er sie absichtlich verstreichen lassen, weil er Christies Reaktion fürchtete?
    „Sie sind mit Ihrem Vater nicht gut ausgekommen?“, fragte er Christie jetzt und wunderte sich über ihr kurzes Zögern, bevor sie ihren Vater erwähnt hatte.
    „Saul stand ihm immer näher. Ich muss ehrlicherweise dazusagen, dass es wahrscheinlich anders gelaufen wäre, wenn ich ein anderer Mensch gewesen wäre. Mein Vater wollte ein klar geordnetes Leben und Sicherheit. Wenn ich mich so fügsam und gehorsam verhalten hätte, wie er es von mir erwartet hat, dann …“ Sie hob die Schultern.
    „Dann hat er Angst vor Ihrer Intelligenz gehabt. Das kommt bei manchen Männern vor, die dadurch ihre eigenen Schwächen vor Augen geführt bekommen. Tut mir leid“, entschuldigte er sich schnell. „Ich meinte damit nicht Ihren Vater.“
    „Es kränkt mich nicht“, erwiderte sie. „Genau genommen hat er sich tatsächlich in vieler Hinsicht schwach gefühlt. Und deswegen hat er Saul angetrieben und ihm Ziele gesetzt, die er selbst gern im Leben erreicht hätte.“ Sie blickte ihn ruhig und gelassen an. „Sie mögen es für unweiblich und vielleicht sogar für nicht richtig halten, dass ich meinen Vater jetzt kritisiere, aber ich halte die Wahrheit immer für das Beste. Ich habe meinen Vater geliebt, aber ich mochte ihn nicht besonders, und er mich sicherlich auch nicht.“
    „Na, da ging es Ihnen noch besser als mir“, stellte er fest. „Ich habe meinen Vater weder gemocht, noch geliebt.“ Unvermittelt brach er ab. Das war das erste Mal, dass er das offen zu jemandem gesagt hatte. Er hatte es stets verheimlicht, dass er seinen Vater nicht gemocht hatte. Einerseits, weil es in seinem Leben niemanden gegeben hatte, dem er diese Gefühle hätte anvertrauen können, aber auch, weil er sich vor diesen Empfindungen gefürchtet und deswegen ein schlechtes Gewissen bekommen hatte. Dabei hatte sein Verstand ihm gesagt, dass diese Gefühle durchaus berechtigt waren. Im Gegenteil, er hatte keinen Grund dafür finden können, diesen Mann, der ihn immer verletzt und verachtet hatte, zu lieben.
    „Das ist alles nicht so einfach, stimmt’s?“, meinte er jetzt. „Sich seine Gefühle einzugestehen und festzustellen, dass man, sosehr man sich auch anstrengt, nicht der Mensch werden kann, den die eigenen Eltern in ihrem Kind sehen möchten. Zuerst fühlt man sich schuldig und verletzt, und dann bekommt man den Eindruck, dass man sie enttäuscht hat.“
    Christie nickte nur, und Leo fuhr fort: „Später gibt man auf und fühlt sich als Versager, weil man trotz aller Mühe nicht die Anerkennung bekommt wie der Bruder. Wenn man dann Glück hat, kehrt das Ganze sich in Wut um, und wenn man noch mehr Glück hat, entdeckt man seine eigenen Fähigkeiten und Talente und ihren Wert, auch wenn die eigenen Eltern sie nicht schätzen.“
    Sie hatte so lange geschwiegen, dass er schon meinte, er hätte sie abgeschreckt und angegriffen. Doch als sie dann den Kopf neigte, sah er, dass ihr glitzernde Tränen in den Augen standen.
    „Es ist ganz schön gefährlich, oder nicht?“, fragte

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