Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
Männern, die ein Loch mitten in Giles’ makellosen Rasen gruben, ließ sie Davina einen Moment vergessen.
Sie lief hinunter und riss die Küchentür auf. Die anerkennenden Blicke der Männer berührten sie kaum. Dieser Rasen war Giles’ ganzer Stolz, und tief drinnen überkam sie die entsetzliche Angst, dass Giles sich von ihr bereits so weit entfernt hatte, dass ihm diese Entweihung des Rasens gleichgültig war.
Ja, sie seien sicher, dass dies die richtige Adresse sei, sagten die beiden Männer, als Lucy sie zur Rede stellte.
„Es ist schon in Ordnung, Lucy. Ich habe den Baum bestellt.“
Der unerwartete Klang von Giles’ Stimme ließ sie erzitternd herumfahren.
„Giles … Was machst du hier zu Hause?“ Ein kurzes Gefühl panischer Angst machte ihr wieder zu schaffen, und es wurde durch Giles’ angespanntes Gesicht nur noch verstärkt. Er war nach Hause gekommen, um ihr zu sagen, dass er sich entschieden hatte und sie verließ. Die Schutzmauern, die sie um sich herum errichtet hatte, stürzten schlagartig ein. Sie konnte sich weder bewegen noch sprechen und nichts anderes tun, als ihn wortlos anzustarren.
„Lass uns hineingehen“, hörte sie ihn sagen.
Er berührte sie am Arm, doch sie wand sich los und konnte den Gedanken nicht ertragen, von ihm angefasst zu werden. Sie wusste, dass an die Stelle der Liebe und des Verlangens jetzt Mitleid und Abscheu getreten waren.
Obwohl die Sonne durch die Fenster hereinschien, war es in der Küche eiskalt. Lucy schlang die Arme um sich herum und beobachtete Giles, der sich in dem Zimmer umsah.
Was tut er? überlegte sie und versuchte, das Zimmer mit seinen Augen zu sehen. Verglich erdie Unordnung und die Frühstücksreste, die immer noch auf dem Tisch standen, die ungeöffnete Post und die zahllosen Dinge überall mit dem tadellos aufgeräumten, fast kalt wirkenden Haus von Davina?
Die Ordnung bei Davina hatte Lucy schon immer leicht abgestoßen. Einmal hatte sie ihr Blumen gebracht, und Davina hatte die Blüten vorsichtig berührt und sich mit zitternder Stimme bedankt. Als Lucy am nächsten Tag wiedergekommen war, waren die Blumen nirgends zu sehen gewesen. Davina hatte ihr errötend gestanden, dass Gregory Blumen nur dann mochte, wenn sie für eine Dinnerparty zurechtgemacht waren.
War das tatsächlich das Zuhause, nach dem Giles sich sehnte? Ein Haus, wo alles kontrolliert und steif war?
Lucy sah ihm zu, wie er in der Küche hin- und herging, und die schreckliche Angst hatte eine betäubende Wirkung auf sie, damit sie den Schmerz nicht so sehr spürte, den sie jetzt erwartete.
„Ich kann nicht verstehen, was heute Morgen geschehen ist“, hörte sie Giles wütend sagen. „Und dann noch Davina! Ich weiß, dass sie nicht ganz die Zwänge begreifen will, die die Situation nach sich zieht, aber sich so einzumischen … Sie hat buchstäblich die einzige Chance zunichtegemacht, Carey’s zu verkaufen. Dass sie überhaupt denken konnte, sie komme mit solchen Forderungen durch … Und ohne mich zurate zu ziehen. Sie hat niemanden vorher gefragt.“
Lucy sah ihn starr an. Sein Gesicht war rot vor Zorn und Wut. Eine Wut, die sich nicht auf sie, sondern auf Davina richtete. Während sie noch versuchte, das alles zu verstehen, blieb er stehen und drehte sich zu ihr um.
„Ich begreife es immer noch nicht. Wie konnte Davina sich so aufführen. Sie war … Sie war wie ein anderer Mensch“, sagte er ihr, und aus seinem Tonfall klangen nicht nur Verwunderung und Schock, sondern auch Wut und Missfallen. „Und dann kommt sie in dieser Aufmachung zu dem Treffen! Das hätte sie doch wissen müssen.“
„In was für einer Aufmachung?“, wollte Lucy wissen. Ihre Angst ebbte ab und wurde von einem Gefühl ersetzt, das Lucy noch nicht recht deuten konnte, aber sie spürte die Veränderung. Und Giles’ Bemerkung hatte ihre Neugier so weit geweckt, dass sie nachfragte.
„So ein blasses Kostüm …“, sagte Giles ausweichend. „Es war für ein Geschäftstreffen wie dieses absolut unpassend. Überall waren Ziernähte aus Gold.“ Sein Missfallen war jetzt noch deutlicher. Lucy wusste genau, was Davina angehabt haben musste, und einen Moment lang gestattete sie sich die Erinnerung daran, dass unter der pflichtbewussten und zurückhaltenden, langweiligen Ehefrau eine andere Davina steckte. Die hatte einen sehr bissigen Humor, und ihre Freundlichkeit rührte daher, dass sie selbst schon so viel gelitten hatte. Sie machte sich lieber über sich selbst lustig, als
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