Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
andere lächerlich zu machen, und sie hatte Lucy versprochen, eine der wenigen wirklichen Freundinnen zu sein, die Lucy je gehabt hatte.
Und sie hatte Lucy den Ehemann weggenommen. Aber es war nicht diese Davina, nach der Giles sich sehnte, sondern die andere. Die angesehene, ruhige und öde Frau, die anscheinend niemals einen eigenen Gedanken hatte fassen können. Die Frau, die die perfekte Ehefrau gewesen war, die über die Untreue ihres Mannes hinweggesehen hatte, so wie sie alles Unangenehme im Leben nicht hatte sehen wollen. Diese Frau hatte lieber die geschenkten Blumen weggeworfen, als einen Streit mit ihrem Ehemann zu riskieren. Nach dieser Davina sehnte Giles sich.
Zum ersten Mal in ihrem Leben beherrschte Lucy sich und hielt die Gefühle zurück, die sie dazu drängten, Giles all die Dinge an den Kopf zu werfen, die sie bedrückten. Sie hielt ihre Wut und ihren Kummer zurück und hörte stattdessen auf die leiseren Anweisungen ihres Verstands, die ihr sagten, dass dies hier ihre Gelegenheit war, die Situation zu ihren Gunsten zu verändern.
Sie hatte noch nie etwas vom Pläneschmieden gehalten und fand so etwas nur berechnend und gefühllos. Lieber ließ sie sich von ihren Stimmungen treiben, und je stärker die Stimmung, desto wichtiger und bedeutender waren auch die Gefühle, die dahintersteckten. Aber merkwürdigerweise hörte sie sich jetzt beinahe beruhigend sagen: „Das klingt überhaupt nicht nach Davina. Vielleicht liegt das an der Belastung durch die Firma. Wieso setzt du dich nicht hin, Giles. Dann mache ich uns beiden einen Kaffee.“
Sie sah die Überraschung in seinem Blick. Er blinzelte und blickte sie fast verunsichert an, bevor er sich setzte.
„Ich bin sicher, wenn sie erst in Ruhe nachgedacht hat, wird Davina erkennen, dass sie dich vorher hätte fragen sollen“, fügte sie hinzu, während sie den Kaffee aufsetzte.
„Ich kann einfach nicht glauben, was sie getan hat“, beschwerte Giles sich. „Dieses … Dieses … Dieses Schreiben, das sie verfasst hat. Sie muss verrückt sein, wenn sie denkt, dass irgendjemand auf diese Forderungen eingeht. Ich bewundere ihren Einsatz für die Angestellten, aber sie kann nicht ernsthaft erwarten, dass sich irgendjemand damit einverstanden erklärt, der gesamten Belegschaft für mindestens drei Jahre die Arbeitsplätze zu garantieren.“
Giles fuhr sich durchs Haar. „Niemand würde sich auf so etwas einlassen. Natürlich werden Leute ihre Arbeit verlieren. So ist das Leben. Und dann verlangt sie von dem Käufer die Zusage, dass er einen Kindergarten mit ausgebildetem Personal für die Arbeitnehmer mit Kleinkindern einrichtet. Außerdem soll er Mindestlöhne für alle Gehaltsklassen garantieren.“
Giles verstummte einen Augenblick fassungslos. „Sie hat das tatsächlich getan. All diese Forderungen. Damit macht sie sich, Carey’s und uns alle zum Gespött. Oh, ich wette, dass Jardine es nicht abwarten kann, in London davon zu erzählen. Und natürlich fällt das auf mich zurück. Wer wird mir noch Arbeit geben, wenn sich herumspricht, dass ich zugelassen habe, dass sie auch den letzten Arbeitsplatz wegen dieses blödsinnigen Forderungskatalogs aufs Spiel setzt?“
„Hier ist dein Kaffee“, beruhigte Lucy ihn.
Er sagte nichts mehr und blickte zu ihr hoch. Sein Blick war so musternd, dass ihr mit einem Mal ihre Tränen wieder einfielen. Sie musste schrecklich aussehen. Ihr Aussehen, das ihr sonst immer so wichtig gewesen war und sie immer vor der Welt geschützt hatte, hatte sie bei der panischen Angst über die Zerstörung von Giles’ prächtigem Rasen völlig vergessen. Dabei hatte ihre Angst eher der Zerstörung von Giles’ Gefühlen für sie gegolten.
„Giles, der Rasen … dieser Baum“, fragte sie ihn. „Was …?“
„Ja, es tut mir leid. Ich hätte es dir sagen sollen“, entschuldigte er sich. Lucy sah, dass er verlegen war und leicht rot anlief. Er wandte sich ab und sah sie nicht an, als er sagte: „Ich habe ihn für Nicholas gekauft. Es ist ein richtiger Baum … Und ich dachte …
Lucy rührte sich nicht. Sie sah, dass er sich umdrehte, um sie anzusehen, und ihr blieb keine Zeit, ihre Gefühle zu verbergen.
Sofort stand Giles auf und berührte unbeholfen ihre Schulter, als wisse er nicht genau, ob sie es zuließ, dass er sie anfasste. „Es tut mir leid“, sagte er. „Ich hätte etwas sagen sollen. Dich vorher fragen. Es war ein plötzlicher Einfall. Ich dachte, dass ein Baum etwas ist, das für immer da ist,
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