Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
sah. Sie musste vor Kurzem geduscht haben, denn Saul bemerkte, dass ihr Haar noch feucht am Kopf anlag. Sie stand auf, und es war fast rührend, wie wenig ihre Haltung zu ihrem Aussehen passte.
Einen Moment lang hätte er sie fast für ein junges Mädchen halten können, so zart wirkte die nackte Haut ihrer Schulter. Aber sie war eine Frau, und noch dazu eine sehr verwirrende.
„Ich wusste ja, dass es bei Carey’s nicht sehr viel zu tun gibt“, sagte er langsam und beobachtete sie genau, „aber …“
„Was tun Sie hier, Mr Jardine?“, unterbrach Davina ihn kühl. „Ich meine mich zu erinnern, dass Sie sagten, sie bräuchten etwas Zeit, um die Meinung Ihres Chefs zu meinen Vorschlägen und Verkaufsbedingungen zu hören.“
„Da habe ich gelogen“, sagte Saul ruhig.
Einen Augenblick gestattete er sich, das Aufblitzen ihrer Augen zu genießen.
„Ich weiß jetzt schon, was Sir Alex davon halten wird“, fuhr er fort. „Er wird sich darüberwundern, dass Ihre Berater Sie nicht für unzurechnungsfähig erklären lassen“, sagte er in freundlichem Ton. „Sehen Sie, was wollen Sie denn eigentlich? Sie wissen so gut wie ich, dass niemand diese Forderungen annehmen würde. Ich schätze, das Ganze ist eine ziemlich fremde Welt für Sie, und sicher macht es Ihnen Spaß, da ein bisschen mitzuspielen.“
„Ich spiele nicht, Mr Jardine“, entgegnete Davina erbost. „Das überlasse ich Leuten wie Ihnen.“
Aus ihrem Blick sprach pure Verachtung, und seltsamerweise spürte Saul, dass ihn dieser Blick traf. Gerade noch rechtzeitig bekam er seine Gefühle unter Kontrolle.
„Was ich will, steht ausführlich in den Bedingungen, die ich für Sie aufgeschrieben habe.“
„Sicherheit für Ihre Angestellten. Nichts für sich selbst.“ Jetzt ließ er sie seine ungläubige Verachtung spüren. „Kommen Sie. Niemand ist so um das Wohl anderer besorgt.“
„Ich sehe das nicht ganz so wie Sie, Mr Jardine“, entgegnete Davina. „Ich nenne es Gewissen.“
Saul blickte sie an.
„Was ist los? Kennen Sie das Wort nicht?“, fragte sie ihn spöttisch. „Mein Vater und danach auch mein Mann haben die Leute, die für Carey’s arbeiten, ausgenutzt. Vielleicht konnte ich nichts ausrichten, solange sie lebten. Aber ich hätte es wenigstens versuchen können, und das habe ich nicht getan. Ich habe es hingenommen, dass mein Vater und auch mein Mann mir vorgeschrieben haben, ich hätte nichts mit der Firma zu tun. Jetzt ist es allein meine Angelegenheit, und wenn ich auch an der Vergangenheit nichts ändern kann, so kann ich wenigstens dafür sorgen, dass es nicht so weitergeht. Die Menschen sind wichtiger als Besitz, Reichtum oder Ehrgeiz. Und wenn man den Menschen diese Bedeutung abspricht, dann nimmt man ihnen eines ihrer menschlichen Grundrechte. Man setzt sie herab und wertet sie ab. Und damit verliert man auch den eigenen Wert als Mensch.“
Saul fuhr fort, sie anzustarren. Das Letzte, was er erwartet hätte, war, dass sie sich ihm so offen anvertrauen würde. Er hatte sich auf Tricks und Täuschungen eingestellt und darauf, dass sie nicht zugeben wollte, was sie mit alledem bezweckte. Aber er hatte nicht gedacht, dass es ihr mit diesen Forderungen tatsächlich ernst war. Sie wollte diese Bedingungen durchsetzen und sonst nichts.
Glaubte sie denn wirklich, Sir Alex zu solchen Eingeständnissen bewegen zu können? „Sir Alex wird sich darauf niemals einlassen“, sagte Saul ihr direkt.
Davina zuckte beim überzeugten Klang seiner Stimme zusammen. „Dann muss ich wohl jemanden finden, der sich darauf einlässt, oder?“, erwiderte sie abweisend.
„Den werden Sie nicht finden“, teilte Saul ihr mit. „Das ist uns allen längst klar.“
„Wenn Carey’s Ihrem Sir Alex so viel bedeutet, dann wird es auch jemand anderem etwas bedeuten. Oder denken Sie, ich sei so einfältig zu glauben, dass die Davidson Corporation keine Konkurrenten hat?“
„Sie verstehen immer noch nicht, stimmt’s?“, fuhr Saul sie verärgert an. „Sir Alex wird Carey’s am Ende bekommen, dagegen können Sie nichts unternehmen. Sie können lediglich jetzt mit ihm verhandeln und …“
„Aber ich dachte, das sei genau das, was ich versuche“, unterbrach Davina ihn.
Saul fühlte sich hilflos angesichts ihrer Unfähigkeit zu verstehen, wie angreifbar sie war. Hilflos und wütend. Selbst ihre offene, ehrliche Art lehnte er in diesem Moment ab. Es regte ihn so auf, dass er ihr am liebsten genau erzählt hätte, was Sir Alex mit ihrer
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