Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
kaufen. Mit wachsender Wut las er die Schlagzeile und lief zurück zu seinem Wagen.
„Geliebte deckt geheimen Plan auf: Hessler-Boss soll abgesetzt werden“, lautete die Überschrift, und dann folgte ein Bericht, der in dramatischen Worten schilderte, wie Wilhelm seiner letzten Geliebten gebeichtet hatte, dass er in einer geheimen Vorstandssitzung Leo anschwärzen und die Kontrolle über den Konzern an sich reißen wollte.
Es war nicht so sehr der Mangel an brüderlichem Verhalten von Wilhelm, das Leo verärgerte. Beim Lesen verkrampfte er sich immer mehr. Wilhelms Meinung über ihn kannte er gut, und auch die schmierige Art, in der der Artikel geschrieben war, mit all den sexuellen Anspielungen und den genauen Beschreibungen von Wilhelms Freundin, wie ausdauernd und unersättlich Wilhelm imBett sei, war nicht das Entscheidende. Im Grunde hieß es in dem Artikel nur, dass Wilhelm wie viele andere Männer in seinem Alter entdeckt hatte, was für eine Auswirkung eine hübsche kleine Geliebte, die sich sicher mehr von seinen Kontoauszügen als von ihm angezogen fühlte, auf seinen sexuellen Appetit haben konnte. Aber am meisten fühlte Leo sich durch die Nachricht betroffen, die auch andere sicher genauso leicht wie er aus dem Artikel würden ziehen können: dass Hessler-Chemie von einer inneren Spaltung bedroht war, an der der Konzern möglicherweise zerbrechen konnte.
Leo war nicht einfältig. Bestimmt gab es im Vorstand Leute, die aus den unterschiedlichsten Gründen Wilhelms Anspruch auf die Leitung unterstützen würden.
Und dann war da noch der viel größere Schaden, den der Konzern erleiden würde, wenn die Geschäftswelt davon erfuhr und die Aktienkurse beeinflusst wurden.
Das Bürogebäude des Konzerns stand in bester Lage mit Blick auf den Fluss. Ursprünglich hatten die Büros, die Forschungslabors und die Produktionsstätten auf demselben Gelände gelegen, aber als der Konzern immer größer wurde, waren größere Büroräume erforderlich geworden, und ebenso mehr Forschungsräume. Natürlich auch viel größere Fabriken, sodass jetzt in dem Gebäude, das einst die gesamte Firma beherbergt hatte, nur noch die Büros der Führungskräfte waren.
Leo parkte seinen Wagen auf dem Privatplatz vor dem Gebäude. Wenigstens den macht Wilhelm mir nicht streitig, stellte er verbittert fest, als er sah, dass der Wagen seines Bruders ein paar Meter weiter stand.
Leo hätte sich einen Oldtimer als Wagen gekauft, wenn sein Umweltbewusstsein ihm nicht gesagt hätte, dass so ein Wagen unverantwortlich war. Wilhelm hingegen fuhr immer den neuesten und teuersten Mercedes, den es auf dem Markt gab.
Wenigstens ich fahre eine deutsche Marke, hatte er verächtlich gesagt, als Leo gelassen feststellte, dass er es unpassend fände, einen so teuren Wagen zu fahren, zumal es sich um einen Firmenwagen handle.
Leo ließ sich von der gehässigen Bemerkung nicht einschüchtern und stand zu seinem schon etwas in die Jahre gekommenen Wagen. Er hatte nur erwidert, dass die Firma bereits einen Mercedes mit Chauffeur besitze und Wilhelm sich deshalb auch einen etwas unauffälligeren Wagen hätte zulegen können.
Er sähe es nur ungern, wenn die anderen Vorstandsmitglieder sich jetzt auch einen dieser luxuriösen Wagen leisten wollten, hatte er hinzugefügt. Wilhelm hatte ihn natürlich missverstanden und gemeint, Leo wolle nur betonen, dass Wilhelm jetzt genauso wie die anderen nur noch ein einfaches Vorstandsmitglied sei, obwohl er damit gerechnet hatte, eine viel höhere Position zu erlangen, und zwar die, die Leo jetzt innehatte.
Beim Vorübergehen am Wagen seines Bruders verzog er das Gesicht. Er musste an die überraschend offenen und genauen Beschreibungen der letzten Geliebten von Leo denken. Für ein Mädchen, das offen zugab, der Verstand sei nicht ihre „größte Stärke“, konnte sie sich verblüffend genau an die kleinsten Einzelheiten von Wilhelms Plan erinnern. Nachdenklich ging Leo zu dem privaten Fahrstuhl.
Als er einstieg und die Türen sich schlossen, dachte er daran, wie Anna auf diese Enthüllungen reagieren mochte. Leo zweifelte nicht daran, dass seine Schwägerin genau über die Untreue ihres Ehemanns Bescheid wusste. Aber solange diese Affären im Geheimen abliefen, erlaubte ihr das, noch etwas Selbstrespekt zu empfinden. Aber es musste etwas vollkommen anderes sein, wenn diese Affären ihres Ehemannes in der Sensationspresse ausgebreitet wurden, und so alle ihre guten und nicht so guten Freunde über
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