Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
angeht, die ich in der Firma verbringe. Und ich finde es nur gerecht, sie und unsere Ehe zur Abwechslung als das Wichtigere zu sehen. Wenn du mir etwas Zeit lassen könntest, um alles zu überdenken …“
Am anderen Ende der Leitung schwieg Davina, bevor sie höflich sagte: „Natürlich kann ich das, Giles, und ich verstehe dich sehr gut. Wie du sagst, ist Lucy sehr geduldig und verständnisvoll gewesen, und schließlich bist du es ihr schuldig, deine eigene finanzielle Position zu sichern. Es tut mir leid, dass ich dir in dieser Hinsicht keinerlei Versprechungen machen kann. Auch wenn ich es nicht muss, so möchte ich dir dennoch sagen, wie hoch ich das, was du für die Firma getanhast, einschätze.“
Lucy wartete, bis Giles den Hörer aufgelegt hatte, bevor sie ihn umarmte und ihn glücklich anlächelte.
„Bleib bei Carey’s“, sagte sie entschlossen und küsste ihn. „Mir ist es egal, jetzt, wo ich weiß, dass du mich liebst.“
„Wie konntest du nur jemals denken, dass ich dich nicht liebe?“, erwiderte Giles.
Lucy öffnete den Mund, um es ihm zu sagen, doch dann machte sie ihn wieder zu. Für alles gab es den richtigen Zeitpunkt, und jetzt war es nicht an der Zeit, ihn an das zu erinnern, was hoffentlich der Vergangenheit angehörte. Genauso wenig war der richtige Zeitpunkt, um ihm von ihrer Hoffnung zu erzählen, dass sie wieder schwanger sein könnte. Das konnten sie später teilen, und vielleicht waren sie eines Tages sogar in der Lage, über die vergangenen Monate zu sprechen und darüber, wie dicht sie daran gewesen waren, einander zu verlieren. Jedenfalls nicht jetzt. Nicht riskieren, die Wunden vielleicht wieder aufzureißen und mit Misstrauen zu verunreinigen. Im Moment mussten sie diese Wunden nur in aller Ruhe heilen lassen.
Früher hätte sie ihn in einer solchen Situation dazu überredet, mit ihr ins Bett zu kommen, um ihn durch ihre Sexualität und seine Empfänglichkeit dafür enger an sich zu binden. Doch jetzt lächelte sie nur und sagte ernsthaft: „Du musst dich nicht sofort entscheiden. Das heißt, was deine Stelle betrifft. Ich habe über Nicholas’ Baum nachgedacht, Giles. Er wird im Winter recht kahl aussehen. Ich dachte, dass wir vielleicht ein paar Sträucher drumherum pflanzen. Und wenn er größer ist, könntest du eine Bank um ihn herumbauen.“
Genau, wie sie einen schützenden Zaun um ihre Liebe herumbauen würde.
Im Nachhinein vermutete Leo, dass er schon bei seiner Rückkehr nach Hamburg an den fehlenden Beschwerden von Wilhelm hätte merken können, dass irgendetwas nicht stimmte.
Vielleicht lag es daran, dass er mit seinen Gedanken immer noch bei Christie war. Möglicherweise war er es auch einfach leid, immer den Bewacher seines Bruders zu spielen.
Jedenfalls fragte er sich nicht, weshalb Wilhelm sich so ungewöhnlich still verhielt, und nahm stattdessen die Gelegenheit wahr, in aller Ruhe die Erlebnisse in England zu verdauen. Er hatte Davina mit seinen Enthüllungen über die Vergangenheit schockiert, gleichzeitig fühlte er sich mit ihr sehr verbunden, und dann war da natürlich noch Christie.
Er hatte fast vom ersten Augenblick an gewusst, spätestens jedoch, nachdem sie ihm von sich erzählt hatte, dass sie niemals ihr Leben aufgeben würde, um ein Teil seines Lebens zu werden. Wie konnte sie das auch tun, wenn sie ihren Grundsätzen treu bleiben wollte? Aber da gab es einen wunden Punkt in ihm, einen winzigen rebellischen Kern, der durch das ganze Verständnis hindurch immer wieder sagte, dass wenn sie ihn so sehr lieben würde wie er sie, dass sie dann alles aufgeben würde, um bei ihm zu sein.
Dieses Flüstern in ihm stieß ihn selbst ab, und er war über seine eigenen Reaktionen enttäuscht, aber dennoch ließ ihn diese Stimme nicht in Ruhe, und Leo war erschöpft davon, nicht darauf zu achten. Die ersten zwölf Stunden nach seiner Rückkehr aus Cheshire brauchte er dazu, Abstand von dem Leo zu nehmen, der er sein wollte, und wieder zu dem Leben zurückzufinden, das er führen musste.
Leo war von diesen Überlegungen so eingenommen, dass ihm keine Zeit blieb, auf Wilhelms Schweigen einzugehen oder die Gründe dafür zu hinterfragen. Als er an einer roten Ampel die Schlagzeile entdeckte, die der Zeitungsverkäufer vor dem Bauch hielt, war er deshalb so erschreckt, dass er das Umspringen der Ampel verpasste und ein Hupkonzert hinter sich auslöste.
Er hielt so bald wie möglich am Straßenrand an und parkte auf dem Fußweg, um sich eine Zeitung zu
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