Spiel um Macht und Liebe (German Edition)
dass er sie sehen und alles tun musste, um so viel wie möglich über die Vergangenheit seines Vaters herauszufinden. Sonst würde er sich immer vorwerfen, dass er der Wahrheit ausgewichen sei.
Seine Nachforschungen in Deutschland hatten nichts ergeben, das er nicht schon wusste. Wenn sein Vater jemals etwas mit der SS zu tun gehabt hatte, dann hatte er mit aller Sorgfalt dafür gesorgt, dass das außer ihm niemals jemand erfuhr. Selbst seine vorsichtigen und sehr umständlichen Nachforschungen in Israel hatten nichts über das Tun oder die damalige Stellung seines Vaters gebracht.
Aber er konnte diese Zeitungsausschnitte nicht einfach vergessen. Es widerstrebte ihm, zu tief in Alan Careys Vergangenheit herumzuwühlen. Außerdem konnte jemand in Leos Position nur schlecht eingehende Nachforschungen betreiben, ohne dass es anderen auffiel. Deshalb musste er Davina James persönlich treffen.
Über Davina hatte er nicht mehr als über ihren Vater herausbekommen. Sie war bekannt und beliebt. Eine ruhige, stille Frau, die offenbar jede Untreue ihres Mannes ertragen und sich aufopfernd um ihren kranken Vater gekümmert hatte.
Jetzt, so schien es, hatte sie eine andere Last auf sich genommen. Sie führte die Firma, die kurz vor dem Bankrott stand.
Anscheinend war sie es gewohnt, Lasten zu tragen, doch gab das Leo das Recht, ihr noch eine zusätzliche aufzuhalsen? Aber wenn er andererseits nicht einmal den Versuch machte, die Wahrheit zu ergründen …
Doch wie viele Beweise brauchte er noch? Wusste er nicht im Grunde schon ganz genau, was sein Vater getan hatte? Er konnte die Vergangenheit nicht ändern und kein Unrecht wiedergutmachen. Aber Leo wusste gleichzeitig, dass er keine Ruhe finden würde, wenn er Davina James nicht traf.
Wenn Alan Carey sich jemandem anvertraut hatte, dann sicher eher seinem Schwiegersohn als seiner eigenen Tochter. Soviel hatte Leo herausgefunden. Die beiden Männer waren sich ähnlich gewesen, und jetzt waren sie beide tot, genau wie sein Vater. Zum Glück.
In Hamburg fuhr er direkt vom Flugplatz zu sich nach Hause. Er hatte sich vor zehn Jahren in der Nähe der Alster ein kleines Haus gekauft, aber für ihn war es nie ein richtiges Zuhause gewesen.
Die Frau, die täglich zum Saubermachen kam, hatte während seiner Abwesenheit gelüftet undStaub gewischt. Auf dem Tisch im Flur standen frische Blumen, und eigentlich hätte das Haus durch die eierschalenfarbenen Wände freundlich und warm wirken müssen.
Stimmt etwas mit dem Haus nicht oder mit mir? fragte er sich und überlegte, wie lange es her war, dass er mitten in der Nacht aufgewacht und in das Gesicht einer Frau neben sich geblickt hatte. Wann hatte er sich zum letzten Mal so sehr nach der Wärme einer Frau gesehnt, dass ihn allein das Gefühl ihrer nackten Haut schon aufstöhnen ließ?
Die letzte Affäre hatte er leise und unauffällig kurz nach dem Tod seiner Mutter beendet. Elle und er waren über zwei Jahre zusammen gewesen. Sie war etwas älter als er und eine elegante blonde Frau, die er auf einer Dinnerparty getroffen hatte. Ihr Ehemann, ein Regierungsbeamter, der zwanzig Jahre älter als sie war, beachtete offenbar ihre Affären nicht, solange sie sich dabei diskret und taktvoll verhielt.
Sie hatte den ersten Schritt gemacht und Leo unter verschiedenen Vorwänden angerufen. Zwischen den Zeilen hatte sie ihm ihre Absicht zu verstehen gegeben, ihm aber gleichzeitig den Freiraum gelassen, ihre sexuelle Einladung zu überhören, falls er nicht wollte. Fast hätte er das auch getan, doch sie war sowohl intelligent als auch attraktiv, und sein Verlangen überwog seine Vorsicht.
Es kam für sie überhaupt nicht infrage, ihre Ehe aufzugeben oder ihren Mann zu verlassen. Das sagte sie Leo ganz deutlich. Hans passe als Ehemann zu ihr.
„Egal, wie wunderbar und aufregend der Sex zwischen uns ist, Leo. Eines Tages wird diese Erregung nicht mehr da sein. Und die Ehe hat nichts mit sexueller Lust zu tun, nicht einmal mit Liebe. Für mich jedenfalls nicht. Hans versteht mich, und unsere Ehe funktioniert. Ich werde dafür sorgen, dass das auch in Zukunft so bleibt, aber in der Zwischenzeit gibt es keinen Grund, weswegen du und ich nicht Spaß miteinander haben sollten. Vorausgesetzt, wir werden nicht entdeckt.“
Und sie hatten sich nicht entdecken lassen. Bis Elle kurz nach dem Tod seiner Mutter ruhig und beiläufig erwähnte, dass es an der Zeit für eine Trennung sei. „Unsere Beziehung ist nur noch Routine, so als kämen wir
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