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Spiel unter Freunden

Spiel unter Freunden

Titel: Spiel unter Freunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PJ Tracy
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Reaktionen auf alle
Chemikalien mitgenommen hatte, die nicht von Lancôme
stammten, hatte er seine Utensilien ins Haus geschleppt und im
Wohnzimmer aufgebaut. Zwei Monate lang malte er dort, schon allein
deswegen, weil er es endlich unbehelligt tun konnte. Erst als seine
Frühstücksflocken nach Lösungsmittel schmeckten,
schaffte er alles auf den Dachboden.
    Tief durchatmend
kletterte er durch die Luke in den Bodenraum und sog den angenehm
beißenden Geruch von Terpentin und Ölfarben ein, der
dort oben in der Luft hing. Das empfand er als wahre
Aromatherapie.
    Als er seine Pinsel
gesäubert hatte und erschöpft ins Bett fiel, war es schon
fast zwei Uhr morgens. Die herbstliche Landschaft bestand noch
immer nur aus Farbblöcken und war nichts als ein heilloses
Durcheinander, aber das würde sich schon geben, dachte er, als
er einschlief. Das Telefon am Bett weckte ihn kurz nach vier mit
seinem schrillen Läuten. Für den Bruchteil einer Sekunde
überlegte er, die Waffe zu ziehen und das Telefon für
immer zum Schweigen zu bringen, aber dann verflüchtigte sich
der Wunschtraum, und er griff nach dem Hörer. Dabei fragte er
sich, ob wohl irgendwann in der Geschichte der Telekommunikation
ein Anruf am frühen Morgen eine gute Nachricht gebracht hatte.
Er bezweifelte das. Gute Nachrichten konnten stets warten, aber aus
irgendeinem Grund galt das nicht für die schlechten.
«Magozzi.»
    «Schwing deinen
Arsch rüber zum Lakewood-Friedhof», sagte Gino.
«Diesmal haben wir einen echten Knaller. Die Jungs von der
Spurensicherung sind schon unterwegs.»
    «Scheiße.»
    «Wie Recht du
hast.» Magozzi stöhnte, schlug seine Bettdecke zur Seite
und krümmte sich zusammen, als ihn die kalte Luft traf. Mit
diesem Schock wollte er seinen Körper dazu bringen, dass er
wieder funktionierte. «Warum, zum Teufel, hörst du dich
eigentlich so an, als wärst du schon stundenlang auf den
Beinen?»
    «Was denkst du
denn? Ich bin schon die halbe Nacht mit dem Unfall auf.» Er
sprach von seinem sechs Monate alten Sohn, einem
überraschenden Nachzügler, und zwar dreizehn Jahre nach
dem letzten Kind.    
     
    Magozzi seufzte
inbrünstig und anhaltend. «Hast du
Kaffee?»      
    «Ich hab Kaffee
­ meine anbetungswürdige Frau füllt in diesem Moment
die Thermoskanne. Und nimm deinen Parka mit. Es ist
scheißkalt.» Eine halbe Stunde später standen
Magozzi und Gino auf dem Lakewood-Friedhof und betrachteten in
stummem Entsetzen eine riesige Statue aus Stein, einen Engel, der
seine mächtigen Schwingen ausgebreitet hatte. Ein totes
Mädchen war auf einem der Flügel abgelegt worden. Die
Arme hingen auf der einen Seite hinunter, die Beine auf der
anderen, das Gesicht der Toten war durch einen Schleier
blutverschmierter blonder Haare zum Teil verdeckt. Das Mädchen
trug ein rotes Kleid, Netzstrümpfe und hochhackige
Schuhe.
    Die Kriminaltechniker
hatten auf hohen Aluminiumstativen gleißend helle
Scheinwerfer installiert, um das schauerliche Tableau
auszuleuchten, und die Wirkung besaß etwas Surreales. Magozzi
vermochte das Gefühl nicht ganz abzuschütteln, an den
Drehort eines David-Lynch-Films versetzt worden zu sein. Oder an
den eines Horror-B-Movies.
    Er blickte
hinüber auf eine Reihe zerfallener Grabsteine, deren
Rückseite von den Jupiterlampen beleuchtet wurde, und sah die
zarten Nebelschleier, die sich auf dem Boden
kräuselten.
    Er blinzelte ein paar
Mal, um dieses Bild zu vertreiben.
    Dann wurde ihm klar,
dass es sich um echten Nebel handelte und dass ja auf echten
Friedhöfen manchmal echter Nebel genau so über den Boden
kroch wie im Film.
    Gino nahm einen
kräftigen Schluck Kaffee. «Guter Gott, das hier sieht
mir verdammt nach irgend so einer Sektenscheiße aus.»
Jimmy Grimm vom Team der Kriminaltechniker zog einen peinlich
genauen Kreis um den Sockel des Grabmonuments, hob winzige
Beweisstücke mit der Pinzette auf und sammelte sie in kleinen
Plastikbeuteln.
    Anantanand stand
abseits und wartete darauf, dass Jimmy seine Arbeit beendete.
Bedrückt nickte er den Detectives zu.
    Nach Geplänkel
war ihm an diesem Morgen nicht zumute.
    Magozzi blickte wieder
hinauf zur Leiche. «Sie ist jung», sagte er leise.
«Fast noch ein Kind.» Auch Gino sah jetzt genauer hin.
Nicht viel älter als Helen, dachte er, verscheuchte den
Gedanken aber sofort wieder.
    Seine
vierzehnjährige Tochter gehörte nicht in den Teil seines
Gedächtnisses, in dem Bilder toter Mädchen
umhergeisterten.
    «Guter
Gott», flüsterte er

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