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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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oberhalb von unserem schallte Musik aus einem Radio herüber. Ich schaute zu ihnen hinauf. Martha saß genau wie meine Mutter mit der aufgeschlagenen Zeitung vor sich auf einem Campingstuhl. Etwas weiter hinten, an der Steinmauer vor dem Wald, stand Prestbakmo selbst mit einer Hacke in der Hand über ein Beet im Gemüsegarten gebeugt. Dann ließ mich eine Bewegung auf dem Weg den Kopf in diese Richtung drehen. Es war Freddie, was ich sofort erkannte, weil er Albino war und seine kreideweißen Haare jeden Irrtum ausschlossen. Er ging in die vierte Klasse und hatte einen Buckel.
    Ich sah wieder Mutter an.
    »Weißt du vielleicht, was ›femi‹ bedeutet, Mama?«, fragte ich.
    Sie senkte die Zeitung.
    »Femi?«, wiederholte sie.
    »Ja.«
    »Nein, eigentlich nicht, aber es ist bestimmt eine Abkürzung für ›feminin‹.«
    »Also weiblich?«
    »Ja, genau. Warum fragst du? Hat dich jemand so genannt?«
    »Nein. Ach was. Ich habe es heute nach dem Spiel gehört. Ein anderer wurde so genannt. Ich hatte das Wort nur noch nie gehört.«
    Sie schaute mich an, und ich sah, dass sie etwas sagen wollte, und stand auf.
    »Ja, ja«, meinte ich, »ich denke, ich bringe dann mal die Trainingssachen ins Haus.«
    Nach dem Abendessen ging ich zu Yngve hinein und erzählte ihm, was passiert war.
    »Ich bin seit heute Abend mit Kajsa zusammen«, sagte ich.
    Er blickte von den aufgeschlagenen Schulbüchern auf seinem Schreibtisch auf und grinste.
    »Kajsa? Von der habe ich noch nie gehört. Wer ist das?«
    »Sie geht in die Roligheden. In die sechste Klasse. Sie ist echt hübsch.«
    »Das bezweifele ich nicht«, meinte Yngve. »Gratuliere.«
    »Danke«, sagte ich. »Es ist nur … ich könnte vielleicht einen Rat gebrauchen …«
    »Ja?«
    »Ich weiß nicht … Na ja, ich kenne sie doch gar nicht. Ich weiß nicht … was sollen wir denn tun? Sie kommt morgen vorbei, verstehst du. Ich weiß nicht einmal, was ich zu ihr sagen soll!«
    »Das wird schon«, erwiderte Yngve. »Denk einfach nicht darüber nach, dann klappt es schon. Außerdem könnt ihr euch ja immer küssen!«
    »Ha ha.«
    »Das läuft schon, Karl Ove. Bleib lässig.«
    »Meinst du?«
    »Na klar.«
    »Okay«, sagte ich. »Was machst du da?«
    »Hausaufgaben. Chemie. Und danach Erdkunde.«
    »Ich freue mich schon darauf, wenn ich ins Gymnasium komme«, sagte ich.
    »Man muss ganz schön viel lesen«, meinte Yngve.
    »Ja«, sagte ich, »aber trotzdem.«
    Yngve wandte sich erneut seinem Buch zu, und ich ging in mein Zimmer. Yngve hatte gerade die erste Klasse des Gymnasiums abgeschlossen, und ich hatte ihn so verstanden, dass er am liebsten weiterhin den sozialwissenschaftlichen Zweig gewählt hätte, während Vater wollte, dass er den naturwissenschaftlichen nahm, was er schließlich auch getan hatte. Das Ganze war ein wenig seltsam, denn Vaters eigene Unterrichtsfächer waren Norwegisch und Englisch.
    Ich schaltete McCartney II ein und legte mich aufs Bett, um mir etwas auszudenken, was ich am nächsten Tag sagen und tun konnte. Ab und zu überlief mich ein Schauer. Kaum zu glauben, dass ich tatsächlich mit ihr ging. Lag sie jetzt vielleicht zu Hause in ihrem Zimmer in ihrem Bett und dachte in diesem Moment an mich? Hatte sie sich hingelegt, trug sie im Bett nur einen Slip? Ich legte mich auf den Bauch, rieb meinen Unterkörper an der Matratze, sang dabei Temporary Secretary und dachte an alles, was mich erwartete.

Sie kam eine Stunde, nachdem wir zu Mittag gegessen hatten. Immer wieder war ich zu den Fenstern gegangen, die zur Straße hinaus gingen, und war so vorbereitet, wie ich es nur sein konnte. Trotzdem war es ein Schock, als ich sah, wie sie die Straße herauffuhr. Sekundenlang war ich nicht in der Lage, richtig zu atmen. Kent Arne, Geir Håkon, Leif Tore und Øivind hingen da draußen über ihren Fahrrädern, und als sich ihre Köpfe Kajsa zuwandten, bekam ich vor Stolz eine Gänsehaut. Ein hübscheres Mädchen hatte man in Tybakken noch nie zu Gesicht bekommen. Und sie kam zu mir.
    Ich zog Schuhe und Jacke an und ging hinaus.
    Sie war vor ihnen stehen geblieben und sprach mit ihnen.
    Ich nahm das Fahrrad, schob es neben mir her und ging auf sie zu.
    »Sie will wissen, wo du wohnst, Karl Ove!«, rief Geir Håkon.
    »Ah ja?«, sagte ich zu ihm. Mein Blick begegnete Kajsas. »Hallo«, sagte ich. »Du hast den Weg gefunden?«
    »Ja, kein Problem«, antwortete sie. »Ich wusste nur nicht, welches Haus es genau ist, aber …«
    »Wollen wir los?«, fragte

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