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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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fort, die sich in ihrer Strickjacke verhakt hatten.
    »So«, sagte ich.
    »Ich muss jetzt nach Hause«, erklärte sie, als wir zu den Fahrrädern kamen.
    »Ich auch«, sagte ich und zeigte aufwärts. »Es gibt eine Abkürzung durch den Wald.«
    »Tschüss«, sagte sie, setzte sich auf ihr Rad und rollte den holprigen Weg hinunter.
    »Tschüss«, erwiderte ich, legte die Hände auf den Lenker und ging den Weg hinauf.
    An diesem Abend lag ich im Bett, stellte mir ihre Brüste, milchig weiß und groß, und alles Mögliche vor, was wir auf dem Waldboden hätten tun können, bis ich schließlich einschlief. Ich musste sie anrufen, denn wir hatten nicht besprochen, wann ich am Samstag zu ihr kommen sollte, aber ich schob es den ganzen nächsten Tag und sogar einen Teil des Samstags vor mir her, bis es nicht länger ging und ich gegen zwei auf mein Fahrrad stieg und ein weiteres Mal zur Telefonzelle fuhr. Es gab noch ein anderes Problem, denn ich musste um halb neun zu Hause sein, was mit dem Leben, das ich nun führte, völlig unvereinbar war. Ich konnte doch nicht um acht wieder gehen, weil ich ins Bett musste, was sollte sie denn von mir denken? Meiner Mutter gegenüber deutete ich an, dass ich an dem Abend etwas Wichtiges vorhätte, ob ich eventuell um halb zehn nach Hause kommen könne oder vielleicht sogar um zehn? Sie wollte wissen, was ich denn vorhätte, und ich erwiderte, das könne ich ihr leider nicht sagen. Wenn du es nicht sagen kannst, erlaube ich es dir auch nicht, meinte sie daraufhin. Wir müssen wissen, wo du bist und was du tust. Dann können wir dir eventuell erlauben, länger wegzubleiben. Das verstehst du doch, nicht wahr? Sicher, das verstand ich und war darauf eingestellt, in den sauren Apfel beißen und ihr von Kajsa erzählen zu müssen. Aber vorher musste ich sie erreichen.
    Der Himmel war bedeckt, und die graue, matte Wolkendecke saugte alle Farben aus der Landschaft. Die Straße war grau, die Steine im Straßengraben waren grau, selbst die Blätter an den Bäumen hatten einen Hauch von mattem Grau in ihrem Grün. Auch die Wärme der letzten Tage war inzwischen verschwunden. Kalt war es zwar nicht, ungefähr sechzehn oder siebzehn Grad, aber doch so kühl, dass ich die Jacke bis zum Hals zuknöpfte, als ich hinunterfuhr. Durch den Wind blähte sie sich auf wie ein kleiner Ballon. Zwei Busse standen an der Haltestelle, die im Grunde eine Art Minibusbahnhof war, da die Busse dort manchmal über Nacht stehen blieben. Im Moment hielten sie mit laufenden Motoren, sie wollten in unterschiedliche Richtungen, der eine über die Insel, der andere in Richtung Stadt, und die beiden Fahrer hatten so rangiert, dass sie sich durch die offenen Seitenfenster unterhalten konnten.
    Ich stellte das Fahrrad direkt hinter dem grünen, hutähnlichen Kunststoffunterstand ab. Ein Bach rieselte dort durch Zweige und Gebüsch und haufenweise Müll, vor allem Schokoladenpapier, wahrscheinlich von der Tankstelle; Caramello, Hobby, Nero, Bravo nahm ich genauso wahr wie ein blaues Hubba-Bubba-Papier, aber dort lagen auch einige glänzende Flaschen ohne Etikett, ein paar Zeitungen und ein Pappkarton voller Schrott. Ich zog das Geld aus der Hosentasche, betrat die Zelle und legte die Münzen auf den Fernsprecher. Dann schlug ich ihre Nummer im Telefonbuch nach, während mir der Witz, haben Katzen Eigentumswohnungen, nein, sie wohnen im Miezhaus, durch den Kopf schoss und als Nächstes, warum gehen Ameisen nicht in die Kirche, weil sie In-Sekten sind, und schließlich, was hat einen Sprachfehler und liegt am Strand? Eine Nuschel. Den Zeigefinger unter der Nummer und den Hörer in der Hand blieb ich lange stehen und blickte durch die staubmatte Glasscheibe hinaus, ohne wirklich wahrzunehmen, was ich dort sah, ehe ich mir einen Ruck gab, den Hörer ans Ohr hob und die Nummer wählte.
    »Hallo?«, meldete sich eine Stimme.
    Es war Kajsas!
    »Hallo«, sagte ich. »Hier spricht Karl Ove. Bist du das, Kajsa?«
    »Ja«, sagte sie. »Hallo.«
    »Wir haben vergessen auszumachen, wann ich heute zu dir kommen soll«, erklärte ich. »Wäre es dir zu einer bestimmten Uhrzeit recht? Mir ist alles recht.«
    »Äähh«, sagte sie. »Also daraus wird eigentlich nichts.«
    »Daraus wird nichts«, wiederholte ich. »Kannst du nicht? Gehen deine Eltern doch nicht aus?«
    »Darum geht es nicht«, antwortete sie. »Aber … ähhh … ähh … ich kann nicht … na ja, nicht mehr mit dir zusammen sein.«
    Was?
    Machte sie Schluss?
    Aber … wir

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