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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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waren doch erst seit fünf Tagen zusammen!
    »Hallo?«, sagte sie.
    »Ist es aus?«, fragte ich.
    »Ja«, antwortete sie. »Es ist aus.«
    Ich sagte nichts. Ich hörte ihre Atemzüge am anderen Ende der Leitung. Mir liefen Tränen über die Wangen. Es verging eine längere Zeit.
    »Dann mach’s gut«, sagte sie plötzlich.
    »Mach’s gut«, erwiderte ich, legte auf und trat auf die Bushaltestelle hinaus. Meine Augen waren vor lauter Tränen blind. Ich wischte sie mit dem Handrücken fort, schluchzte, setzte mich aufs Fahrrad und fuhr los. Die Straße vor mir konnte ich kaum sehen. Warum hatte sie das nur getan? Warum? Ausgerechnet jetzt, als es anfing, gut zu laufen? Ausgerechnet an dem Tag, an dem wir bei ihr alleine sein wollten? Vor ein paar Tagen hatte sie mich gern, warum hatte sie mich plötzlich nicht mehr gern? Lag es daran, dass wir nicht so viel miteinander geredet hatten?
    Und sie war doch so schön. Sie war so unglaublich schön.
    Verdammter Mist.
    Zum Teufel, verdammt noch mal.
    Verdammte Drecksscheiße.
    Als ich zum B-Max hinaufkam, wischte ich die Tränen mit den Ärmeln meiner Jacke fort, es war Samstag kurz vor Ladenschluss, der Parkplatz war voller Autos, Menschen mit Einkaufstüten und Kinder, viele Kinder. Aber sahen sie die Tränen, konnten sie vom Wind kommen? Immerhin fuhr ich Fahrrad.
    Ich kämpfte mich den kleinen Anstieg vor der ebenen Strecke hinauf. Vollkommen leere und neutrale Räume entstanden in mir, manchmal vergingen zehn Sekunden, ohne dass ich einen einzigen Gedanken fasste, ohne auch nur zu wissen, dass es mich gab, bis plötzlich Kajsas Bild in mir einschlug, es war aus, und mich ein Schluchzen durchzuckte, das sich nicht unterdrücken ließ.
    Ich schloss das Fahrrad ab und stellte es an seinen Platz vor dem Haus, blieb hinter der Tür stehen, um die Position der anderen zu ermitteln, da ich möglichst niemandem begegnen wollte, und als ich den Eindruck hatte, dass der Weg frei war, stieg ich die Treppe hinauf und ging ins Bad, wo ich mir gründlich das Gesicht wusch, ehe ich mich in meinem Zimmer aufs Bett setzte.
    Nach einer Weile stand ich auf und ging zu Yngve. Er saß auf dem Bett, spielte Gitarre und schaute zu mir auf, als ich hereinkam.
    »Was ist los, hast du geweint?«, fragte er. »Ist es wegen Kajsa? Hat sie Schluss gemacht?«
    Ich nickte und brach erneut in Tränen aus.
    »Aber Karl Ove«, sagte er. »Das geht bald vorüber. Es warten noch viele Mädchen auf dich. Die Welt wimmelt doch nur so von Mädchen! Vergiss sie einfach. Das ist nicht so schlimm.«
    »Das ist es wohl«, sagte ich. »Wir sind doch nur fünf Tage zusammen gewesen. Und sie ist so hübsch. Ich will nur mit ihr zusammen sein, mit keiner anderen. Ausgerechnet heute. Wir wollten doch bei ihr alleine sein.«
    »Warte mal kurz«, sagte er und stand auf. »Ich spiele dir ein Lied vor. Vielleicht hilft dir das.«
    »Was denn für ein Lied?«, fragte ich und setzte mich auf den Stuhl.
    »Warte«, sagte er und blätterte in dem Stapel Singles, der im Regal stand. »Da ist sie«, murmelte er schließlich und hielt eine Platte von The Aller Værste! vor mir hoch. »Kein Weg führt zurück.«
    »Ach das.«
    »Achte mal auf den Text«, meinte er und ließ die Single in seine Hand rutschen, legte zuerst den runden Klotz auf den Plattenteller, danach die Single, hob den Tonarm an und führte ihn zur ersten Rille, die sich bereits drehte. Nach kurzem Kratzen begann das pumpende, energische Schlagzeug, dann setzten der Bass, die Gitarre und die Farfisaorgel mit der restlichen Begleitband ein, gefolgt von diesem brachialen, unglaublich fesselnden Gitarrenriff und der Stimme des Mannes, der im Stavanger Dialekt sang:
    Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, ich wusste
    Dass unsere Beziehung nicht im Lot war
    Du hast versucht, alles zurückzuhalten
    Bis das Verletzlichkeitskondom platzte
    Ewigkeitspläne und Aussichten
    Zunichtegemacht in einem Moment
    Du gabst mir einen flüchtigen Kuss,
Ich wollte dir mehr geben
    Aber da war es schon verboten
    »Jetzt hör zu!«, rief Yngve
    Alles geht vorüber – alles muss enden
    Du legst dich hin und schläfst, erwachst zu etwas Neuem
    Kein Weg führt jetzt zurück, es gibt nichts zu danken,
    Nichts ist der Rede wert, nimm deinen Mantel und geh
    »Ja«, sagte ich.
    Wir waren ganz kurz vor dem Banalen
    Ich hörte, was ich sagte, und wurde sauer
    Wir betranken uns und wurden sentimental
    Aber unser Gespräch wurde trotzdem laut
    Du brachst mir das Herz, aber schenktest mir die

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