Spielen: Roman (German Edition)
so viele wie du«, antwortete ich. »Ich musste zwei Gewichte herunternehmen.«
»He, das ist doch richtig gut!«, sagte Lars.
»Wenn du meinst«, erwiderte ich.
In all diesen Jahren, seit ich in der ersten Klasse mit Anne Lisbet zusammen gewesen war, hatte ich geglaubt, dass ich jedes Mal etwas dazulernen würde. Dass es bei jedem neuen Mädchen, mit dem ich ging, besser laufen würde. Dass Kajsa der letzte Rückschlag gewesen sein würde. Ja, nach ihr würde es gut laufen, und ich würde endgültig wissen, worauf es ankam, und alle Fehler vermeiden.
Aber das stimmte nicht.
Ich verliebte mich in Lene. Sie ging in die Parallelklasse. Sie war die Schönste in der ganzen Schule. Keine konnte ihr das Wasser reichen. Sie war hübscher als alle anderen, aber auch schüchtern, und das hatte ich noch nie erlebt. Sie hatte etwas Zerbrechliches, was einen einfach bezaubern und zum Träumen animieren musste.
Sie hatte eine Schwester, die in die neunte Klasse ging, sie hieß Tove und war das genaue Gegenteil von Lene, auch sie war schön, aber auf eine wildere, provozierendere und kokettere Art. Beide wurden von vielen umschwärmt.
Bei Lene geschah dies jedoch nur indirekt, sie war ein Mädchen, das man bloß heimlich anschaute und nach dem man sich nur insgeheim verzehrte. So war es jedenfalls bei mir. Sie hatte schmale Augen, hohe Wangenknochen, weiche und blasse Wangen, die häufig leicht gerötet waren, sie war groß und schlank, trug den Kopf ein wenig schief, und wenn sie ging, flocht sie oft die Hände ineinander. Aber sie hatte auch etwas von ihrer Schwester in sich, das sah man gelegentlich, wenn sie lachte, an dem Leuchten, das dann in ihre blaugrünen Augen trat, und an der rechthaberischen und unerschütterlichen Haltung, die sich manchmal bei ihr zeigte und so gar nicht zu dem sonst vorherrschenden Eindruck verträumter Zerbrechlichkeit zu passen schien. Sie war eine Rose. Ich sah sie an und gewöhnte mir an, den Kopf ein wenig schiefzulegen wie sie. So kam ich in Kontakt mit ihr, so entstand eine Verbindung zu ihr. Mehr konnte ich mir im Grunde nicht erhoffen, denn ich bewunderte sie viel zu sehr, um mich ihr in irgendeiner Form nähern zu können. Der Gedanke, sie zum Tanzen aufzufordern, kam mir beispielsweise absurd vor. Mit ihr zu reden, war völlig undenkbar. Ich begnügte mich damit, sie anzusehen, und zu träumen.
Stattdessen ging ich mit Hilde. Sie fragte mich, ich sagte Ja, sie ging in dieselbe Klasse wie Lene, hatte einen breiten und kräftigen, fast männlichen Körper, war einen halben Kopf größer als ich, hatte hübsche Gesichtszüge und einen netten, freundlichen Charakter und machte zwei Tage später Schluss mit mir, weil, so ihre Worte, du kein bisschen in mich verliebt bist. Bei dir dreht sich alles nur um Lene. Nein, entgegnete ich, du irrst dich, aber sie hatte natürlich recht. Alle wussten es, ich dachte doch an nichts anderes, und wenn wir uns in den Pausen auf dem Schulhof aufhielten, war mir jederzeit bewusst, wo sie war und mit wem sie zusammenstand, und diese Aufmerksamkeit konnte nun wirklich keinem entgehen.
Eines Tages meinte Lars, er habe von jemandem gehört, sie habe gesagt, dass sie mich durchaus sympathisch finde. Obwohl ich femi war. Obwohl ich im Werkunterricht geflennt hatte. Obwohl ich kein guter Fußballspieler war und es mit knapper Not schaffte, die bloße Stange hochzustemmen.
Ich sah sie auf dem Schulhof, sie begegnete meinem Blick, lächelte und wandte sich mit leicht geröteten Wangen ab.
Ich dachte, dass ich die Chance ergreifen musste, solange sie sich mir bot. Ich dachte, dass ich nichts zu verlieren hatte. Sagte sie Nein, tja, dann blieb eben alles beim Alten.
Sagte sie dagegen Ja …
Eines Freitags schickte ich deshalb Lars zu ihr, um sie zu fragen. Sie waren sechs Jahre in dieselbe Klasse gegangen, er kannte sie gut. Und er kehrte mit einem Lächeln auf den Lippen zurück.
»Sie hat Ja gesagt«, verkündete er.
»Wirklich?«
»Ja klar. Du bist jetzt mit Lene zusammen.«
Daraufhin ging es wieder los.
Konnte ich jetzt zu ihr gehen?
Ich sah in ihre Richtung. Sie lächelte mich an.
Und was sollte ich ihr sagen?
»Nun geh schon zu ihr«, sagte Lars. »Gib ihr einen Kuss von mir.«
Er stieß mich zwar nicht über den Schulhof, aber viel fehlte nicht.
»Hallo«, sagte ich.
»Hallo«, erwiderte sie.
Sie senkte den Blick, ihr Fuß drehte sich ein wenig auf dem Asphalt.
Mein Gott, war sie schön.
Oh je, oh je, oh je.
»Danke, dass du Ja gesagt
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