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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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konnte. Auch Vaters fast polterndes Plätschern schloss ich immer aus, auch wenn es nicht ganz so unerträglich war wie Mutters Wispern. Aaaaaaaaaaaa , sagte ich, während ich gleichzeitig langsam bis zehn zählte und die Katze beobachtete. Ihres Spiels scheinbar überdrüssig, nahm sie die Maus in ihr Maul und schob sich durch die Hecke, über die Straße und in Gustavsens Ein fahrt, wo sie das Tier vor dem Wohnwagen ablegte. Eine Weile blieb sie dort stehen und starrte die Maus an, die so regungslos dalag, wie ein Geschöpf nur daliegen kann. Die Katze sprang auf die Backsteinmauer und balancierte zu der erdballförmigen Sonnenuhr auf dem Pfeiler an ihrem Ende. Ich ließ die Hände sinken und hörte auf zu summen. Im Bad rauschte es im Spülkasten. Die Katze wandte sich jäh um und spähte zu der Maus hinüber, die jedoch noch genauso still lag wie zuvor. Der Wasserstrahl aus dem Hahn spritzte auf das Porzellan im Waschbecken. Die Katze sprang von der Mauer, schlich auf die Straße hinaus und legte sich dort hin wie ein kleiner Löwe. Als Mutter die Klinke herabdrückte und die Tür öffnete, lief im selben Augenblick ein Zucken durch die Maus, als hätte das Geräusch einen Impuls in ihr ausgelöst, und im nächsten Moment war sie wieder verzweifelt auf der Flucht vor der Katze, die offensichtlich ebenfalls mit dieser Möglichkeit gerechnet hatte, da sie nur den Bruchteil einer Sekunde benötigte, um sich von Entspannung auf Jagd umzustellen. Diesmal kam sie jedoch zu spät. Eine weiße Eternitplatte auf dem Rasen wurde für die Maus zur Rettung, da es ihr gelang, sich eine oder zwei Sekunden, bevor die Katze bei ihr war, unter sie zu schieben.
    Es kam mir vor, als setzten sich die schnellen Bewegungen der Tiere in mir fort; noch lange, nachdem ich mich wieder ins Bett gelegt hatte, schlug mein Herz schneller. Vielleicht weil ich selbst ein kleines Tier war? Nach einer Weile wechselte ich erneut die Position, legte das Kopfkissen ans Fußende und zog den Vorhang ein wenig zur Seite, so dass ich liegend in den Himmel hinaufschauen konnte, der voller Sterne hing, Sandkörnern so ähnlich, ein Strand, an dessen für uns unsichtbare Ränder das Meer schlug.
    Aber was war eigentlich außerhalb des Weltalls?
    Dag Lothar behauptete, dort sei nichts. Geir sagte, dort brenne es. Das glaubte ich auch, das mit dem Meer lag wohl eher daran, dass der Sternenhimmel dem so ähnelte, dem er ähnelte.
    Im Schlafzimmer meiner Eltern herrschte wieder Stille.
    Ich zog den Vorhang zu und schloss die Augen. Langsam erfüllt von der Stille und Dunkelheit des Hauses, schlief ich bald darauf tief und fest.
    Als ich am nächsten Morgen aufstand, saßen Großmutter und Großvater mit Mutter im Wohnzimmer und tranken Kaffee. Vater ging draußen mit dem Rasensprenger in der Hand über das Gras. Er stellte ihn am Rande der grünen Fläche ab, so dass die dünnen Wasserstrahlen, die an eine winkende Hand erinnerten, nicht nur auf das Gras, sondern auch auf den Gemüsegarten unterhalb davon fielen. Die Sonne, die jetzt auf der anderen Seite des Hauses stand, über dem Wald im Osten, ließ ihr Licht über den Garten strömen. Die Luft stand offenbar noch genauso still wie am Vortag. Der Himmel war verschleiert, das war er morgens fast immer. Yngve saß am gedeckten Küchentisch und aß. Die weißen Eier in den braunen Eierbechern riefen mir in Erinnerung, dass es Sonntag war. Ich setzte mich an meinen Platz.
    »Was ist gestern passiert?«, erkundigte sich Yngve leise. »Warum hattest du Hausarrest?«
    »Ich habe den Fernseher kaputtgemacht«, antwortete ich.
    Er sah mich fragend an, hielt die Brotscheibe in seiner Hand kurz unter den Mund.
    »Ich habe ihn nur für Oma und Opa eingeschaltet. Und dann hat es puff gemacht. Haben sie nichts gesagt?«
    Yngve biss ein großes Stück aus der Brotscheibe, die er mit Kümmelkäse belegt hatte, und schüttelte den Kopf. Ich schlug mit dem Messer gegen die Spitze des Eis, hob sie ab wie einen Deckel, holte mit dem Messer das weiche Weiße darunter heraus, streckte mich nach dem Salzstreuer und klopfte mit dem Zeigefinger auf ihn, so dass ein paar Körner heraus fielen. Bestrich eine Brotscheibe mit Margarine, goss Milch in mein Glas. Unten öffnete Vater die Tür. Ich aß das Eiweiß und steckte den Löffel ins Ei, um festzustellen, ob es hart oder weich gekocht war.
    »Ich habe heute auch noch Hausarrest«, sagte ich.
    »Den ganzen Tag? Oder nur heute Abend?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Das Ei war hart

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