Spielen: Roman (German Edition)
gekocht, das Eigelb zerkrümelte am Löffelrand.
»Ich glaube den ganzen Tag«, sagte ich.
Die Straße draußen lag verwaist, sie glänzte in der Sonne. Unten im Graben, unter den dichten Zweigen der Fichte, war jedoch alles dunkel und voller Schatten.
Ein Fahrrad sauste die abschüssige Straße hinunter. Der Junge, der darauf saß, er mochte ungefähr fünfzehn sein, hielt mit einer Hand den Lenker und mit der anderen einen roten Benzintank fest, den er auf dem Gepäckträger festgezurrt hatte. Er hatte schwarze Haare, die im Fahrtwind flatterten.
Auf der Treppe waren Vaters Schritte zu hören. Ich setzte mich gerade hin und warf einen schnellen Blick auf den Tisch, um mich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Ein bisschen von dem bröckeligen Ei war neben dem Eierbecher gelandet, die Krümel bürstete ich schnell über die Tischkante in meine wartende Hand, die sie anschließend auf den Teller streute. Yngve wartete damit, seinen Stuhl an den Tisch zu rücken und sich aufrecht zu setzen, bis es fast zu spät gewesen wäre, aber nur fast, denn als Vater durch die Tür trat, saß er kerzengerade und hatte die Füße auf den Fußboden gestellt.
»Packt eure Badesachen, Jungs«, sagte Vater. »Wir machen einen Ausflug nach Hove.«
»Ich auch?«, wollte ich schon sagen, behielt die Frage aber für mich, denn es war durchaus denkbar, dass er meinen Hausarrest vergessen hatte, woran meine Frage ihn dann jedoch erinnert hätte. Auch wenn er sich erinnerte, es sich aber anders überlegt hatte, würde es am besten sein, den Hausarrest unerwähnt zu lassen, da es sonst so verstanden werden könnte, dass er sich gestern geirrt und einen Fehler gemacht hatte, und ich wollte nicht, dass er das dachte. Also holte ich meine Badehose und ein Handtuch von der Wäscheleine im Heizungskeller, legte sie in eine Plastiktüte, zusammen mit der Taucherbrille, die ich anziehen würde, wenn wir zu einem der beiden Strände in Hove wollten, und setzte mich in mein Zimmer, um auf die Abfahrt zu warten.
Als wir eine halbe Stunde später zur Seeseite der Insel fuhren, am vielleicht schönsten Tag des Jahres, lag das Meer so spiegelglatt, dass es kaum einen Laut von sich gab, und verlieh deshalb der Umgebung, den ohnehin schon stillen Uferfelsen und dem ohnehin schon stillen Wald darüber, den Anschein von etwas Unwirklichem, in dem jeder Schritt auf dem Felsgrund und jedes Klirren der Flaschen klangen wie beim ersten Mal. Die Sonne, die am Himmel im Zenit stand, wirkte wie etwas zutiefst Primitives und Wesensfremdes an diesem Tag, an dem man sehen konnte, wie sich das Meer krümmte und in der Tiefe hinter dem Horizont verschwand, über dem der Himmel mit seinem hellen, zarten, halb diesigen Blau so leicht schwebte, und sowohl Yngve und ich als auch Mutter und Vater zogen Badehosen und Badeanzüge an, und jeder von uns ließ auf seine Art die von der Sonne erhitzten Körper vom lauen Wasser umschließen, während Großmutter und Großvater dort in ihren Sonntagskleidern saßen, unangefochten von der Umgebung und allem, was in ihr geschah, so als wäre das Fünfzigerjahrehafte und Westnorwegische an meinen Großeltern nicht nur etwas, was sie oberflächlich prägte, durch ihre Kleidung, ihre Manieren und ihren Dialekt, also als etwas von außen, sondern als käme es im Gegenteil von innen, aus der Tiefe ihrer Seelen, aus dem Kern ihres Charakters. Es war eigenartig, sie auf den Felsen sitzen und in das grelle Licht blinzeln zu sehen, das von allen Seiten auf uns geworfen wurde, ganz fremd wirkten sie dort.
Am nächsten Tag fuhren sie wieder heim. Vater brachte sie zum Flughafen Kjevik und nutzte die Gelegenheit, um seine Eltern zu besuchen, während Mutter mit Yngve und mir einen Ausflug zum See Gjerstadvannet machte. Geplant war, dass wir dort schwimmen und Kekse essen und es uns gut gehen lassen würden, aber erstens fand Mutter keine Straße, die zum Wasser führte, so dass wir ziemlich lange durch einen Wald voller Gestrüpp und Unterholz laufen mussten, zweitens stellte sich heraus, dass das Wasser an der Stelle, zu der wir gelangten, von Algen ganz grün war und die Felsen glatt und rutschig waren, und drittens begann es praktisch sofort zu regnen, als wir die Kühltasche und den Korb mit Keksen und Apfelsinen abgesetzt hatten.
Meine Mutter tat mir daraufhin wahnsinnig leid, sie wollte mit uns einen schönen Ausflug machen, aber dann lief einfach alles schief. Es gab keinen Weg, ihr das verständlich zu machen. So etwas
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