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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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schönen Blümchen an!«, sagte er. »Oh, sind die herrlich!«
    »Jetzt gib sie ihm schon zurück«, sagte irgendjemand. »Er weint doch.«
    »Oh, du armer kleiner Hosenmatz, möchtest du deine Badekappe wiederhaben?«, sagte er und warf sie auf meinen Platz. Ich ging zu ihr, legte sie in meine Tüte, griff nach dem Handtuch und trottete in die Dusche, stellte mich kurz unter den heißen Wasserstrahl, trocknete mich ab, zog mich an, verließ als Erster den Umkleideraum, zog meine Stiefel an, die zwischen den anderen Schuhen im Eingangsflur standen, öffnete die Glastür und trat auf den asphaltierten Vorplatz hinaus, dessen große, flache Pfützen, sichtbar nur, weil sie einen Hauch stärker glänzten als der sie umgebende Asphalt, unablässig von Regentropfen durchschlagen wurden. Es war kein Mensch zu sehen. Ich ging auf das Schulgebäude zu, das fast genauso aussah wie unseres, und sah den grünen Käfer, der genau dort parkte, wo Mutter uns vor etwas mehr als einer Stunde abgesetzt hatte.
    Ich öffnete die Tür und setzte mich auf die Rückbank.
    »Hallo«, sagte Mutter und drehte sich zu mir um. Ihr Gesicht wurde vom Licht der Laterne, die wie ein Aasgeier über der Dachkante der Schule hing, schwach erhellt.
    »Hallo«, erwiderte ich.
    »Wie ist es gelaufen?«
    »Gut.«
    »Wo sind denn Geir und Leif Tore?«
    »Die kommen gleich.«
    »Und, kannst du jetzt schwimmen?«
    »Fast«, sagte ich. »Aber wir sind die meiste Zeit auf dem Trockenen geschwommen.«
    »Auf dem Trockenen?«
    »Ja, auf Matten. Um die Schwimmzüge zu lernen.«
    »Ach so, ich verstehe«, sagte Mutter und drehte sich wieder nach vorn. Der Rauch der Zigarette in ihrer Hand hing grau und schwer unter der schrägen Windschutzscheibe. Sie rauchte noch einen Zug, zog anschließend den kleinen Metallaschenbecher heraus und drückte sie aus. Durch die Eingangstür der Schwimmhalle trat nun eine ganze Gruppe. Ein Paar Autoscheinwerfer schwenkte über den Asphalt, dann noch eines. Die beiden Wagen fuhren fast bis zum Eingang.
    »Vielleicht sollte ich ihnen Bescheid sagen, dass du hier stehst«, sagte ich und öffnete die Tür.
    »Geir und Leif Tore!«, rief ich. »Das Auto steht hier!«
    Sie sahen beide in meine Richtung, kamen aber nicht, sondern blieben weiter in der Gruppe stehen, die sich rund um die Eingangstür versammelt hatte.
    »Geir und Leif Tore!«, rief ich. »Kommt jetzt!«
    Daraufhin kamen sie. Erst sagten sie etwas zu den anderen, dann schlenderten sie nebeneinander über den Platz. Die weißen Plastiktüten, die in ihren Händen baumelten und als Einziges an ihnen das Licht reflektierten, ähnelten Köpfen.
    »Hallo, Frau Knausgård«, sagten sie und setzten sich auf die Rückbank.
    »Hallo«, sagte Mutter. »War es schön?«
    »Ja-a«, antworteten sie und sahen mich an.
    »Ja, es hat ziemlich viel Spaß gemacht«, sagte ich, »aber die Schwimmlehrerin war streng.«
    »Tatsächlich?«, sagte Mutter und ließ den Wagen an.
    Als ich vier Tage später zusammen mit Geir, Leif Tore und Trond nach der kurzen und gescheiterten Jagd auf den Schatz am Fuße des Regenbogens durch den Wald lief, ließ mich der fantastische Gedanke, zwischen den Bäumen schwimmen zu können, im nächsten Moment darüber nachgrübeln, ob ich überhaupt jemals würde schwimmen lernen. Großvater konnte nicht schwimmen, dabei war er sogar einmal Fischer gewesen. Ob Großmutter es konnte, wusste ich nicht, aber es fiel mir schwer, sie mir im Wasser vorzustellen.
    Hinter den schwankenden Kiefern jagten Wolken über den Himmel.
    Wie spät mochte es sein?
    »Hast du deine Uhr an, Geir?«, fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich hab eine«, sagte Trond und warf seine Hand mit einem Ruck nach vorn und oben, damit der Ärmel von selbst zurückrutschte und die Uhr freilag.
    »Fünf nach halb zwei, nein, halb drei«, sagte er.
    »Halb drei?«, fragte ich.
    Er nickte, und mir drehte sich der Magen um. Samstags aßen wir doch immer um eins Milchreis.
    Nein, oh nein.
    Ich rannte los, als ob dies noch etwas nützen würde.
    »Hast du Ameisen im Hintern, oder was ist los?«, rief Leif Tore hinter mir. Ich drehte mich zu ihm um.
    »Bei uns gab es um eins Essen«, sagte ich. »Ich muss los.«
    Den weichen, mit Tannennadeln bedeckten Hang hinauf, über den kleinen Grünstreifen, an der großen Fichte vorbei und die Böschung zur Straße hinauf. Sowohl Mutters als auch Vaters Auto standen vor dem Haus, Yngves Fahrrad dagegen nicht. War er zu Hause gewesen, hatte gegessen und war

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