Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spieler Eins - Roman in 5 Stunden

Spieler Eins - Roman in 5 Stunden

Titel: Spieler Eins - Roman in 5 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
Vom Netzwerk:
»Stattdessen hat Gott mir dich gegeben, Rachel, und du bist hier, um diese Worte zu hören, während ich sie ausspreche.«
    Rachel blinzelte und musterte Rick. Rick war sich nicht sicher, ob seine Botschaft angekommen war. Rachel erklärte: »Im Sozialen Kompetenztraining haben wir gelernt, dass Menschen häufig dann am attraktivsten und charismatischsten wirken, wenn sie verwirrt sind und glauben, dass sie unmöglich jemand mögen kann.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Bitte, Rick, steh auf und komm mit mir. Ja?«
    »Roger.« Rick stand auf. »Was mir an dir so gefällt, ist, dass ich nie weiß, was dir als Nächstes über die Lippen kommt, Rachel.«
    »Was meinst du, Rick«, fragte Rachel, »als Donald Duck anfing, seine Flügel als Arme zu benutzen, fand er da, dass er einen guten oder einen schlechten Tausch gemacht hatte?«
    »Donald Duck? Einen schlechten natürlich. Wer würde nicht lieber fliegen können?«

LUKE
    Bertis sagt: »Alle wollen in den Himmel kommen, aber niemand will sterben.«
    Karen blinzelt.
    Der Strom fällt aus, und niemand ist überrascht. Ein bisschen Licht sickert durch die verbarrikadierte Eingangstür herein, aber nicht sehr viel, gerade genug, dass Karen hinter der Theke einen Karton mit Tischkerzen und eine Packung Streichhölzer finden kann; jetzt haben sie wieder einigermaßen Licht.
    Bertis sieht zu Luke hinüber und ändert seinen Tonfall: »Sie sind also ein Dieb?«
    »Sieht so aus.«
    »Ihre zwanzig Riesen sind wahrscheinlich jetzt nicht mehr viel wert. Welche Ironie. Ihre Schäfchen werden sauer sein.«
    Luke gibt sich gelassen. »Die haben jetzt andere Sorgen. Wahrscheinlich wissen sie noch nicht mal, was ich getan habe. Und wenn sie erfahren, dass das Geld ohnehin nichts mehr wert ist, bin ich aus dem Schneider. So hab ich’s nicht geplant, aber so ist es nun mal gekommen.«
    Karen steht auf, geht zu Bertis und tröpfelt noch mehr Wodka auf die Überreste seines Zehs. Bertis’ Miene verrät Schmerzen, während er zu Luke sagt: »Sie hätten etwas klauen sollen, das einen Wert an sich darstellt, Luke. Geklonte DNS von einem Heftpflaster des Papstes – oder ein Stück Antimaterie aus diesem Supercollider-Dingsbums in der Schweiz.«
    »Na schön, jetzt hast du dein Sprüchlein aufgesagt«, erwidert Luke. »Soll ich dir deinen anderen Zeh auch noch abschießen?« Die Kerzenbeleuchtung und die Schrotflinte lassen den Raum wie einGemälde aus einem vergangenen Jahrhundert wirken – eine ländliche Stubenszene. Ein paar tote Hasen und Rebhühner würden sich noch gut dazu machen.
    Bertis höhnt: »Uups. Sieht aus, als wäre Ihnen die Macht zu Kopf gestiegen.«
    Karen schaltet sich ein: »Schluss jetzt, Leute.«
    Luke weiß, dass es vernünftig von Karen ist, eine Eskalation zu unterbinden. Aber wow! … Es ist später Nachmittag, und Luke ist nun Gefängnisaufseher in einer Cocktaillounge, die mit dem von draußen hereindringenden Gestank nach brennenden Winterreifen verpestet ist. Wie ist es dazu gekommen? Vor vierundzwanzig Stunden hat er noch … Was habe ich da getan? Jetzt weiß ich wieder: Ich habe überlegt, ob ein Fischmac umweltfreundlich ist und ob ich mein Kabel-Paket upgraden und auf Kosten der Kirche abrechnen soll. Kirche: wie seltsam, gerade jetzt daran zu denken . Luke steht zwar unter feindlichem Beschuss, aber deshalb sucht er nicht sofort wieder Unterschlupf bei Gott, von dem er sich gerade erst abgewandt hatte. »Warum hast du Leslie Freemont umgebracht?«
    »Warum? Weil er in den Himmel wollte, ohne vorher zu sterben.«
    »Entschuldigung – das musst du mir erklären.«
    »Er war ein Gefangener des Irdischen. Er dachte, weltliches Glück sei alles, was wir brauchen. ›Power Dynamics Seminar System‹. Was zum Teufel soll das sein? Leslie Freemont dachte, die Menschen sähen sich selbst als nie versiegende Quelle der Kreativität und Einzigartigkeit. Aber Gott ist nicht bereit, auch nur irgendjemanden in seiner Beziehung zu Ihm Selbst als einzigartig zu betrachten. Niemand bekommt eine Extrawurst. Und das irdische Leben ist nur eine Bushaltestelle auf dem Weg zu größerer Herrlichkeit oder größerem Leid.«
    Damit löst Bertis gleich mehrere von Lukes Vater-Triggern aus.
    Als Luke noch ein Kind war, hatte Caleb mit der gleichen evangelikalen Inbrunst gesprochen wie Bertis. Dieser alte DreckskerlCaleb, seit drei Jahren ist er jetzt tot, zurückgefordert von dem Staub, dem Planeten, dem Sonnensystem, aus dem er gekommen war. Warum bekommt man einen Sohn? Nur um

Weitere Kostenlose Bücher