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Spieler Eins - Roman in 5 Stunden

Spieler Eins - Roman in 5 Stunden

Titel: Spieler Eins - Roman in 5 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Jahr, wenn ich die Luft rieche und weiß, dass der Herbst gekommen ist – nur ist es nicht der Herbst, Karen, es ist die Ewigkeit. Reißen Sie diese Barrikade da nieder und schauen Sie mal vor die Tür. Schauen Sie hinaus in dieses schreckenerregende und strahlende neue Zeitalter, in dem die Sonne die Augen der Schuldlosen verbrennt, in dem die Sonne brennt, wann immer und wo immer sie will, und die Nacht keine Erholung mehr bringt. Wo wollen Sie in einer solchen Welt Gnade finden? Wie wollen Sie den rechten Weg finden? Anarchie wird sich ausbreiten. Bürotürme werden einstürzen, und wenn Sie sich zu den Verschütteten durchgegraben haben, werden diese unter dem ungeheuren Druck zu Diamanten gepresst worden sein. Der Diamant ist Ihre Seele.«
    Luke hörte Schritte; Rick und Rachel kamen zurück in die Bar.
    »Ah«, sagte Bertis. »Die Turteltauben.«
    Rick betrat den Raum mit einer Frage. »He, du da, Bertis – wie bist du überhaupt aufs Dach raufgekommen?«
    »An der Ostwand steht ein Ontario-Hydro-Laster mit einem Bockkran.«
    »Na, das war einfach.«

RACHEL
    »Sehen so Träume aus?«, fragt Rachel Karen.
    »Hm? Wovon sprichst du?«
    »Von dem hier, jetzt – kein Licht, aber trotzdem passieren noch Sachen. Sehen so Träume aus?«
    »Willst du sagen, du hast noch nie geträumt?«
    »Nicht dass ich wüsste. Träume sind etwas für normale Menschen. Ich schlafe einfach.«
    »Das ist so traurig.«
    »Warum ist das traurig?«
    »Weil …« Karen bricht ab. »… Weil Träume zum Lebendigsein dazugehören.«
    »Ich denke, Träume sind eine biologische Reaktion darauf, dass unser Planet rotiert und dass die Erde seit einer Milliarde Jahren sowohl den Tag wie auch die Nacht kennt.«
    »Du tust den Träumen unrecht. Man kann sie nicht einfach so abtun. Sie können etwas Wunderbares sein.«
    »Aber wenn du schöne Träume akzeptierst, musst du auch Alpträume akzeptieren, und ich weiß, dass die etwas Schlimmes sind. Und wenn Träume so großartig sind, warum haben dann noch nie ein Mensch oder eine Firma versucht, ein Mittel zu erfinden, von dem man schöner träumt? Schlaftabletten, gut, aber Traumtabletten? Hat sich die Forschung jemals dieser Aufgabe gestellt?«
    Es werden weitere Kerzen angezündet, und Rachel sieht Ricks Gesicht orangerot über einem Windlicht, das von einer weißen Netzhülle umgeben und durch eine brennende Kerze von innen erleuchtet ist. Er zeigt die Zähne, doch weil seine Mundwinkel nach oben gezogen sind, weiß sie, dass er sie anlächelt. »Nein, Rachel, es istkein Traum«, sagt er, »nur das wirkliche Leben. Hier. Du. Ich. Wir. Jetzt. Und guck dir diese kitschigen Kerzen an, als würden wir im Restaurant Spaghetti essen wie in Susi und Strolch .« Rachel ist sich mittlerweile ziemlich sicher, Rick von Luke unterscheiden zu können. Jetzt im Moment ist es seine Stimme, die Rick ausweist. Rick – seit wenigen Augenblicken der designierte Vater ihres Kindes.
    Während sie Rick hilft, überall im Raum Kerzen aufzustellen, fragt sich Rachel, ob er ihr Kind gezeugt hat, weil sie gut aussieht, weil er in sie verliebt ist oder weil er, wie ihre Mutter sagen würde, ein Windhund ist. Aber wie kann ein Mann ein Hund sein? Oder umgekehrt? Und selbst wenn das ginge, was wäre so schlimm daran, ein Hund zu sein? Rachels Vater behauptet, wenn Katzen doppelt so groß wären wie gewöhnlich, wäre ihre Haltung wahrscheinlich illegal und sie müssten erschossen werden, aber Hunde könnten noch dreimal so groß sein und würden immer noch als bester Freund des Menschen gelten. Rachel findet, dass dies ein wirklich treffender Vergleich der beiden Tierarten ist.
    Rachel spielt noch einmal ihre Erinnerung an die letzte halbe Stunde ab – sowohl ihre normalen Erinnerungen als auch die Sicherungskopien, die ihr Mandelkern angelegt hat. Als Rick sie gefragt hatte, ob sie mitkomme, um ihm das Leck stopfen zu helfen, durch das das Gift ins Gebäude drang, hatte sie ihm gerne geholfen. Und dann war etwas Neues in ihr Leben getreten, etwas, das sie nicht erklären konnte. Rick stand auf ein paar Getränkekisten aus Plastik, und Rachel hielt seine Beine fest, während er die Lamellen des Fensters schloss. Aber als er damit fertig war, stieg er nicht herunter – und Rachel ließ auch seine Beine nicht los, obwohl Rick gar nicht mehr gestützt werden musste. Irgendwie hatte sie gewusst, dass sie, wenn sie ihn losließe, etwas verpassen könnte, was sie vielleicht nie wieder erleben würde. Sie fühlte, tja … das

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