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Spiels noch einmal

Spiels noch einmal

Titel: Spiels noch einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esi Edugyan
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Bads, dessen Gewölbedecken sich in Schatten und waberndem Dampf verloren. Ein riesiger Saal unter einer Kuppel wie in einer Kathedrale, mit einer gespenstisch hallenden Akustik, an den Wänden entlang Bogengänge, von denen der Putz bröckelte.
    Chip rannte auf das Becken zu und sprang mit einem Bauchklatscher hinein.
    »Mann«, sagte ich lachend, »du musst echt einen Bauch aus Stein haben.«
    »Nee, das hat wehgetan.« Chip grinste und ließ einen langen Strahl Wasser durch seine Schneidezähne spritzen.
    Ich setzte mich auf den Rand des Beckens und glitt langsam ins Wasser. Unsere Stimmen hallten von den Wänden wider. Um uns herum stieg Dampf auf, der alle Umrisse in einem weißen Schimmer verschwimmen ließ. Man kam sich vor wie auf einem Feld im Herbst, eingehüllt in dichten Nebel.
    Die anderen trudelten nach und nach ein. Ernst ließ das Handtuch fallen, das er sich um die rundliche Taille gebunden hatte, und watete ins Becken, eine bleiche, wächsern schimmernde Gestalt. Paul stand wie ein Kranich auf einem Bein, bevor er weiterging. Fritz trug seinen enormen Bauch, der von der Hitze immer rosiger und schließlich krebsrot geworden war, mit beiden Händen ins Wasser; sein Schwanz sah aus wie eine rote Nacktschnecke.
    Ernst spritzte Wasser über den Rand des Beckens. »Wo ist Hiero?« Er wischte sich übers Gesicht.
    »Ach, er geniert sich«, sagte ich.
    »Als ob irgendjemand sich für den so besonders interessieren würde«, sagte Chip.
    »Wahrscheinlich ist er noch im Umkleideraum und schnüffelt in Chips Sachen rum, um endlich rauszukriegen, was das ›C.‹ in Chips Namen bedeutet«, rief Paul durch die Dampfschwaden.
    »Ich geb dir gleich ein C. hinter die Löffel«, knurrte Chip leise.
    Der Große Fritz hustete, dass es wie dumpfes Donnergrollen von den Wänden widerhallte.
    Und dann kam Hiero; krampfhaft hielt er sein Handtuch fest. Gegen den weißen Stoff wirkte seine Haut noch dunkler als sonst. Seine magere Brust hob sich beim Einatmen, der Junge war sichtlich nervös. Er tat mir leid.
    »Gerade haben wir von dir gesprochen, Junge«, begrüßte ihn Chip.
    Hiero stieg ins Wasser. Er sah richtig ängstlich drein.
    »Wir haben uns gefragt, ob du da unten auch so schwarz bist.«
    »Hey, Chip!«, rief Paul. »Das obere von den beiden Löchern ist nicht dafür da, Scheiße abzulassen. Es wird Zeit, dass du das endlich mal lernst.«
    Hiero sah zu Paul hinüber und musste lachen.
    »Ah, das findest du lustig?«, sagte Chip und lächelte ganz harmlos. Aber dann machte er plötzlich einen Satz auf den Jungen zu, hob seine muskelbepackten Arme über Hieros schmalen Kopf und drückte ihn mit einem heftigen Ruck unter Wasser, dass es nur so schäumte. Hieros Körper zappelte
wie ein aufgeregter Aal. »Lach nur, Junge«, knurrte Chip. »Lachst du jetzt immer noch?«
    »Chip!«, schrie ich. »Hör auf!«
    »Es reicht«, sagte Fritz, packte Chips Unterarme und zog ihn scheinbar ohne jede Anstrengung weg. Chip zappelte hilflos vor seinem Bauch. »Lass den Jungen in Ruhe, du Grobian.«
    Das Wasser spritzte auf, und der Junge schoss hoch. Er hustete und spuckte und wand sich. Er zwang sich zu einem Lächeln, das lässig wirken sollte, aber in seinem Gesicht spiegelten sich Scham und Schrecken und Wut.
    Chip versuchte erbittert, sich aus Fritz’ eisernem Griff zu befreien. »Du brauchst gar nicht so blöd zu grinsen«, schrie er. »Hau ab! Zieh Leine!«
    Fritz ließ ihn los, und er flüchtete außer Reichweite. »Pass bloß auf, Mann«, rief er. »Ich muss mir nur noch einen Hocker zum Draufstellen besorgen, damit ich zu dir hoch reiche, aber dann hau ich dir eine in die Fresse.«
    Ernst blieb am Rand des Beckens abrupt stehen. Eine große Welle schwappte gegen seine bleiche Brust. Sein tiefschwarzes Haar hatte er nass zurückgestrichen. »Wollen wir jetzt darüber reden? Ob wir gehen oder nicht?«
    »Nach Paris?«, rief Paul. »Natürlich, ist doch klar.«
    Chip und Fritz schauten von Paul zu Ernst und dann wieder zu Paul hin.
    »Hast du eine Ahnung, von was die reden?«, fragte Fritz.
    Chip zuckte die Achseln.
    »Wir haben ein Angebot, meine Herren«, sagte Ernst. »Heute hat eine Dame vorbeigeschaut, um zu fragen, ob wir eine Platte mit Louis Armstrong aufnehmen wollen.«
    Chip pfiff leise.
    »Und was habt ihr geantwortet?«, fragte Fritz.
    »Dass wir die Sache erst miteinander besprechen müssen. Was sonst hätte ich sagen sollen?«
    Chip grunzte im Dampf. »Ich versteh überhaupt nicht, was es da groß zu

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