Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
Hauptkommissar seine Frage vorsichtig.
»Nein!«
Das kam zu schnell. Nachtigall warf dem Vater einen skeptischen Blick zu. Doch ein Nachfassen erübrigte sich, denn Frau Keiser schaltete sich vehement ein.
»Red nicht so dummes Zeug. Natürlich steckte er bis zum Hals in Problemen. Allein der ganze Ärger beim Sport.« Zu Nachtigall gewandt erklärte sie in vertraulichem Ton: »Er war ja unser einziges Kind. Da versucht man schon, die entstehenden Wogen zu glätten. Aber es gibt eben ein Alter, in dem erreicht man sie einfach nicht mehr. Was die Eltern sagen, ist plötzlich nicht mehr wichtig – oder es führt sogar dazu, dass die Kinder genau das Gegenteil von dem tun, was man ihnen rät.«
Nachtigall unterdrückte ein Seufzen. Diese Phase war ihm gut bekannt. »Roland hatte doch sicher ein paar besonders enge Freunde«, schnitt er ein neues Thema an.
»Sicher. Die meisten sind längst weggezogen. Von Kalle weiß ich es ganz genau. Der lebt jetzt in der Schweiz, auf einer Alm. Ökobauer. Viele haben versucht, schnell im Westen Fuß zu fassen.« Vincent Keiser rieb sich mit beiden Händen fest übers Gesicht, als wolle er die Durchblutung anregen, um wach zu werden. »Friedrich arbeitet noch hier. Friedrich Konstantin Plau. Seinen Vater habe ich vor ein paar Tagen zufällig im Baumarkt getroffen. Einer seiner Freunde wird ihn wohl kaum umgebracht haben.«
»Die Ermittlungen haben gerade erst begonnen. Im Moment versuchen wir, so viel wie möglich über Ihren Sohn zu erfahren«, erklärte Skorubski missgestimmt.
»Wo haben Sie meinen Sohn eigentlich gefunden? Sehen Sie, ich muss das wissen«, drängte der Vater eindringlich, »sonst quält mich den Rest meines Lebens die Vorstellung, ich könnte mit Floh jeden Tag ahnungslos an der Stelle vorbeispaziert sein, an der mein einziges Kind«, er schluckte hart, suchte nach einem passenden Wort, »vergraben wurde.«
Nachtigall zuckte zusammen. Er hätte es gern vermieden, die genaueren Umstände zu erklären. Und wie weit sollte er dabei gehen? Sollten sie das Einfrieren der Leiche unerwähnt lassen? Aus ermittlungstaktischen Gründen?
Er gab sich einen Ruck. »Wir haben ihn auf einem Feld gefunden«, wählte er die Variante mit dem geringsten Informationsgehalt.
Der Vater starrte ihn sekundenlang ausdruckslos an, dann verzog er das Gesicht in neuem Schmerz. »Das ist nur die halbe Wahrheit. Wie immer, es wird eben nur verschwiegen und vertuscht«, flüsterte er böse. »Die Vogelscheuche. Das war mein Roland, nicht wahr?«
Renate Keiser lachte leise. »Roland hatte schon immer einen Hang zum Dramatischen. Es wäre nach seinem Geschmack gewesen. Ganz sicher!«
Auf dem Rückweg durch die Kleingartenkolonie telefonierte Nachtigall bereits mit der Einsatzzentrale. Eine Streife würde das Haus der Keisers im Auge behalten müssen.
»Noch ein Mord in der Familie muss ja nicht unbedingt sein.«
»Friedrich Konstantin Plau. Vielleicht finden wir in den alten Vernehmungsprotokollen noch mehr Namen von engen Freunden«, hoffte Skorubski. »Ich bin sicher, der ABV hat ziemlich genau gewusst, wen er befragen musste.«
Peter Nachtigall warf einen Blick über die Schulter zum Garten der Keisers und schüttelte ungehalten den Kopf. »Was für eine seltsame Reaktion auf die Nachricht vom Tod des einzigen Kindes. Was glaubst du, war Frau Keiser früher von Beruf?«
»Erzieherin«, schlug der Freund trocken vor.
»Bewahre!«, wehrte Nachtigall ab und lachte. »Das will ich mir lieber nicht vorstellen!« Insgeheim ahnte er jedoch, dass Skorubski vielleicht recht haben könnte.
Manuela verstand die Welt nicht mehr. Ihr Andy! Das war doch nicht möglich!
Er wollte mit ihr nicht mehr über dieses Thema diskutieren, hatte er sie wissen lassen, es sei alles gesagt.
Das sah Manuela verständlicherweise vollkommen anders.
Ihr war auch noch immer jeden Morgen schlecht, sie übergab sich heimlich und möglichst lautlos, damit die anderen nichts davon merkten.
Die Ursache dafür war klar!
Andys Baby.
Und nun tat er einfach so, als ginge ihn die ganze Sache nichts an.
Ein verzweifeltes Schluchzen stieg in ihr auf, heiß liefen Tränen über ihre Wangen.
Was nun?
Ihre Mutter würde die Angelegenheit nicht locker nehmen, das war klar. Ein Riesengezeter würde es geben! Sie hörte schon die schrille, unangenehme Stimme ihrer Mutter im Kopf, die unbeherrscht Vorwürfe spuckte.
Wie konntest du nur?
Als ob Manuela sich das nicht auch selbst fragte! Wieso nur war ihr nie
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