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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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ehemaligen Abschnittsbevollmächtigten arbeitete. Mehrfach fuhr Kramer sich mit den Händen über das Kinn, die Lippen bebten und die Augenlider zuckten unkontrolliert, die Brauen ruckten immer wieder in Richtung Haaransatz. Er räusperte sich, schluckte mühsam, brachte jedoch nur ein Krächzen zustande, das ihm einen seltsamen Blick von Philomena eintrug.
    Er räusperte sich erneut, befeuchtete mit der Zunge seine Lippen und fragte tonlos: »Wo?«
    »Auf einem Feld. In der Nähe der Bahnstrecke nach Zittau.«
    »Also nicht im Westen.« Das war keine Frage, es klang eher wie eine resignierte Feststellung.
    Nachtigall antwortete dennoch. »Nein. Nicht im Westen. Fast noch im Stadtgebiet.«
    »Dann verstehe ich, dass sich neue Aspekte ergeben haben. Aber warum wird der ganze Fall wieder aufgerollt?«
    »Weil Mord nicht verjährt.«
    Selbst Philomena hielt jetzt den Schnabel.
    Selbstbewusst stolzierte sie mit einem erbeuteten Sonnenblumenkern davon. Offensichtlich gefiel ihr der Stimmungsumschwung am Tisch nicht. Kramer schien es nicht einmal zu bemerken.
    »Mord?« Das Gesicht des Hausherrn wirkte unversehens alt und eingefallen. »Mann!«
    Das Schweigen dehnte sich wie eine schmerzvolle Behandlung beim Zahnarzt.
    »Wissen Renate und Vincent schon Bescheid?«
    »Ja. Mit den beiden habe ich heute Morgen schon gesprochen.«
    Hans Peter Kramer schlug sich kraftvoll auf die strammen Oberschenkel und strich mit den Händen Richtung Knie. »Also ist Ihnen ja auch klar, wie schwierig das alles werden kann.«
    Nachtigall überlegte, was Kramer damit wohl meinen konnte. »Schwierig, weil die Eltern so zerstritten sind?«, fragte er nach.
    »Nein – weil die Eltern gelitten haben. Und wie sich jetzt herausstellt, unnötig. Ihr Sohn war gar nicht getürmt.«
    »Ich hatte den Eindruck, besonders den Vater habe die Situation in all den Jahren belastet.«
    »Er hat seinen Job verloren. Und dann kam die Wende. Er konnte keine feste Anstellung mehr finden, war immer wieder arbeitslos. Er hat sich mit kleinen Nebenjobs über Wasser gehalten. Hausmeisterdienste und solche Sachen. Aber es hat ihm gewaltig zugesetzt, besonders, weil Roland sich in all den Jahren nie gemeldet hat.« Kramer starrte in seinen Kaffee. »Nun wissen wir ja, dass er das gar nicht konnte!«
    »Ich habe einige der Aussagen von Freunden über Roland Keiser gelesen. Danach war er ein ganz normaler Jugendlicher.«
    »Nee!«, widersprach Kramer entschieden. »Der Roland war alles andere als ein normaler Twen, wie man das ja heute nennt. Nee, ganz sicher nicht.«
    »Erzählen Sie mir von ihm.«
    Kramer nickte, atmete tief durch. Stand auf. »Ich denke, auf den Schreck sollten wir unserem Kaffee mehr Aroma gönnen!«
     
    Nachdem er einen kräftigen Schluck seines gestreckten Kaffees getrunken hatte, lehnte er sich zurück. »Der Roland. Na ja. Ich kenn die Keisers schon ziemlich lange. Vielleicht fing alles damit an, dass Renate ihren Sohn unbedingt Roland nennen musste. Da führte kein Weg dran vorbei. Damals wusste noch niemand, was aus diesem jugendlichen Gesangstalent werden würde. Nur Renate muss was geahnt haben. Ihre Freundin von drüben hat ihr wohl mal was von ihm erzählt. An Zufall mag ich in diesem Fall nicht glauben. Schon während der Schwangerschaft erzählte sie es jedem, der es hören wollte – oder auch nicht. Das gab natürlich Getuschel. Immer lauter und lauter, als der Sänger im Westen erfolgreicher wurde. Da soll wohl jemand mal ganz besonders berühmt werden, wurde gelästert, der Erfolg wird dem Kind schon in die Wiege gelegt. Manche fragten auch, was Renate tun würde, wenn es gar kein Junge, sondern eine kleine Keiserin werden würde. Es war wirklich nicht nett. Nun, es wurde ein Roland. Wahrscheinlich hätte sich alles irgendwann beruhigt, wäre der Junge nicht solch ein arroganter Schnösel geworden. Renate hatte es geschafft, ihn bei einem Werbespot für ›Halloren Trinkschokolade‹ unterzubringen. Die gab’s damals in einer roten Dose, daran kann ich mich noch erinnern. In ihren Augen war der Fünfjährige damit endgültig ein Star. Vincent erlaubte sie gerade noch, mit dem Jungen zum Fußball zu gehen – Roland spielte wirklich talentiert –, doch ansonsten kümmerte sich ausschließlich Renate um das Kind. Sie war schließlich ausgebildete Erzieherin von Beruf und glaubte, das sei die perfekte Grundlage für diese Aufgabe. Der Junge wurde vom Friseur gestylt, als andere die Haare noch von Mutti geschnitten bekamen. Renate

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