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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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des Mannes wurden von der Wasseroberfläche verschluckt, die finster und unheimlich wirkte, als berge sie so manches grausige Geheimnis. Um die Stirn des Toten wand sich ein dickes Schaumstoffband.
    »Tod mit Aussicht«, kommentierte Kruse. »Mit wunderbarem Blick auf die Auen und direkt auf das Finanz- und Kulturministerium. Leicht nach rechts sogar auf die Staatskanzlei. Ziemlich exklusiv.«
    Drei dicke Taue zogen sich über die Mauer. Ihre Enden waren am Geländer fest vertäut, registrierte Mangold und ging in die Hocke.
    Zwei der Kunststoffseile führten zu je einem Arm. Sie schnitten an den Handgelenken tief ins Fleisch des Opfers. Der Hauptkommissar räusperte sich unbehaglich. Das konnte auf keinen Fall als Erklärung für die weit zu den Seiten ausgebreiteten Arme ausreichen.
    »Da muss es noch eine Vorrichtung geben, die verhindert, dass die Arme aus den Schultern gerissen werden«, erklärte er an Ankekatrin Kruse gewandt.
    Die junge Frau nickte. »Ja, vielleicht eine stabile Holzlatte. Von hier aus ist nichts zu sehen.«
    »Wir ziehen die Leiche jetzt hoch. Der Gerichtsmediziner ist auch schon da«, kündigte einer der Kollegen an.
    »Aber nicht so ruppig! Seien Sie ausnahmsweise mal ein bisschen zartfühlend«, mahnte eine tiefe und energische Stimme unfreundlich. »Sonst vernichten Sie am Ende nur wertvolle Spuren am Körper. Am besten ist, Sie klemmen eine Plane zwischen Körper und Mauer, bevor Sie ziehen.«
    Mangold stand etwas steif auf.
    »Aha! Ein neues Gesicht. Willkommen in Dresden. Mein Name ist Dr. Teufel. Und Sie sind …?«, stellte der Besitzer des volltönenden Basses sich vor.
    »Hajo Mangold, Hauptkommissar.«
    »Na, dann haben Sie noch Glück, dass Sie nicht Rapunzel heißen.« Laut dröhnend breitete sich sein Lachen über das Elbeufer aus. »Ich mache die Obduktion sofort. Wenn Sie hier fertig sind, nehme ich das Opfer mit«, erklärte Dr. Teufel in selbstbewusstem Ton, was darauf hindeutete, dass er nur selten mit Widerspruch zu rechnen hatte.
     
    In der Zwischenzeit hatten die Kollegen eine stabile Plane herbeigeschafft und damit begonnen, sie vorsichtig an der Mauer entlang unter den Teil des Körpers zu schieben, der sich problemlos von der Wand lösen ließ.
    »Dr. Teufel? Meinen Sie, das funktioniert so?«
    Der Rechtsmediziner grunzte unwillig, trat näher heran und begutachtete die getroffenen Vorbereitungen.
    Widerstrebend nickte er.
    Langsam begannen die Beamten, den Körper emporzuziehen.
    Das Geräusch auf der Folie, das dabei entstand, bewegte sich irgendwo zwischen Knirschen, Knistern und Schaben. Ankekatrin Kruse beugte sich über die Böschung und beobachtete die ungewöhnliche Bergung genau.
    »Wenn der Kopf höher kommt, muss ihn jemand abstützen«, gab Dr. Teufel ärgerlich-ungeduldig Anweisung.
     
    Es verstrichen gut zehn Minuten, in denen außer dem Knarzen der Folie nur das unregelmäßige Keuchen der Beamten des Bergungstrupps zu hören war. Dann lag das Opfer ausgestreckt vor ihnen.
    Ein schwerer, mittelgroßer Mann im edlen Anzug mit weißem Hemd und auffälliger, grün-schwarzer Krawatte. Die Haare trug er asymmetrisch kurz, ihr Schwarz war absolut makellos und glänzend. Ankekatrin Kruse hätte wetten können, dass es aus einer Tube beim Friseur stammte. An der rechten Hand steckte ein protziger Goldring mit einem großen, klaren Stein. Wenn das kein Bergkristall war, konnte er gut und gerne mehrere 10.000 Euro wert sein.
    »Raubüberfall scheidet wohl aus«, stellte sie lapidar fest und Mangold brummte zustimmend. »Sehen Sie, eine stabile Holzlatte. Sie hat die Arme in Position gehalten.«
    »Ja. Ganz einfach. Kennt jemand den Mann?«
    Kopfschütteln.
    Mangold streifte sich Handschuhe über. Griff in die Taschen des Opfers. »Ein Taschentuch, ein Lippenpflegestift, ein unleserliches, durchgeweichtes Dokument – mehr nicht«, zog er unzufrieden Bilanz, als er sich durch Jacke und Hose gefingert hatte.
    »Seltsam, aber irgendwoher kenne ich dieses Gesicht«, murmelte Dr. Teufel, ungehalten über sein Gedächtnis, das ihn nicht zum ersten Mal im Stich ließ. »Ich muss ihm schon begegnet sein.«
    »Diese Kunststofftaue könnten eine Spur zum Täter sein. Vielleicht können wir ermitteln, wo sie gekauft wurden.«
    »Für mich sehen sie wie ganz normale Kletterseile aus. Die bekommen Sie überall, selbst bei Karstadt«, nahm der Rechtsmediziner Mangold den Wind aus den Segeln. »Sie lesen wohl Douglas Preston, wie?«, wollte er geringschätzig wissen.

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