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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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Schwanz einer toten Ratte.
    »Sie haben ihn gerettet, sagt der Stationsarzt«, schnarrte sie mäßig begeistert.
    »Zufall. Ich wollte mich mit Ihrem Mann über Roland Keiser unterhalten. Er war mit ihm befreundet.«
    »Ist das nicht der, der in den Westen rüber ist? Das muss mehr als 20 Jahre her sein! Was soll mein Mann denn über den wissen? Soweit ich mich erinnern kann, hat er sich nie wieder gemeldet.«
    »Ihr Mann hatte damals als Einziger von Plänen seines Freundes berichtet, das Land zu verlassen.«
    »Und? Kann doch sein, dass Roland ihm etwas anvertraute, was er ansonsten niemandem erzählt hätte. Immerhin waren sie eng befreundet.«
    »Natürlich wäre das denkbar. Nur hat Roland diesen Fluchtversuch nie unternommen. Er wurde am Tag seines Verschwindens ermordet. Wir haben seine Leiche entdeckt.«
    »Igitt!«, murmelte sie spontan.
    Nachtigall beobachtete, wie sich hinter ihrer Stirn die Gedanken überschlugen.
    Als sie sich ihm zuwandte, hatten sich ihre Augen zu Schlitzen verengt. »Jetzt verstehe ich, worauf das Ganze rauslaufen soll«, flüsterte sie mit einer Stimme, die sich schmerzhaft ins Fleisch bohrte. »Sie glauben, mein Mann könnte die Geschichte erfunden haben. Es kam ihm darauf an, mögliche Nachforschungen schon im Keim zu ersticken. Daran konnte aber nur dem Mörder gelegen sein.« Sie atmete tief durch und reduzierte die Lautstärke ein wenig, als eine Schwester sie im Vorbeihuschen zornig von oben bis unten maß nahm. »So ein ausgemachter Schwachsinn! Ronny tut nie irgendjemandem irgendetwas. Er ist ein verdammter Softie ohne jeden Biss! Roland und er waren echte Freunde, fast wie Brüder. Fühlt es sich eigentlich gut an, einen Menschen vor dem Suizid zu retten, damit man ihn wegen eines Mordes, den er nicht begangen hat, lebenslang einsperren kann?«
    Die automatischen Türen schwangen mit lautem Summen zur Seite. Ein rothaariges Mädchen erschien am Ende des Ganges, sah sich orientierend um.
    Etwa 12, taxierte Nachtigall automatisch.
    Mit ungelenken, staksigen Bewegungen kam sie langsam näher, jeder Schritt ein Ausdruck größten Missbehagens.
    »Krissie! Das ist der Herr, der dafür gesorgt hat, dass Papa in die Klinik kam«, erklärte Frau Zobel und ihre Augen warnten Nachtigall eindringlich davor, das zuletzt angeschnittene Thema weiterzuführen, jetzt, wo die Tochter alles hören konnte.
    »Tag«, grüßte das Mädchen artig, gab ihm aber nicht die Hand. Ihr Blick wanderte desinteressiert an ihm vorbei durchs Fenster.
    »Was ist nun mit Papa?« Das klang völlig unbeteiligt.
    »Er schläft. Wir gehen schnell was trinken und kommen später wieder.«
    Krissie zuckte mit den Schultern. »Wenn du meinst.« Das Mädchen machte auf dem Absatz kehrt und trabte den Weg zurück, den es gekommen war.
    »Es nimmt sie ziemlich mit. Erst der ständige Streit, dann der Umzug und nun … na ja. Sie liebt ihren Vater, glaubt sie. Ich weiß, dass er ihr nie einen Wunsch abschlägt, nie einen Gedanken an Erziehung verschwendet und ihr deshalb sympathischer ist als ihre Mutter. Da ist noch einiges aufzuarbeiten.«
    »Frau Zobel, wenn Ihr Mann und Roland so gute Freunde waren, warum erzählte er dann von den Fluchtplänen? Hätte es wirklich welche gegeben, wäre doch danach alles hinfällig gewesen«, lenkte Nachtigall das Gespräch wieder auf seine Ermittlungen zurück. Die innerfamiliären Probleme der Zobels mussten die Eltern selbst in den Griff bekommen, dachte er, die gingen ihn im Grunde nichts an.
    Bevor die Mutter hinter Krissie herstürmte, riet sie ihm schnippisch: »Fragen Sie ihn!« und war verschwunden. Das in dieser Umgebung unpassend laute Klacken ihrer hochhackigen Pumps war weithin zu hören.
     
    Peter Nachtigall kehrte zu seinem schweigsamen Zeugen zurück.
    Leise angelte er sich einen der unbequemen Besucherstühle ans Bett und setzte sich. Betrachtete schweigend das schmale, ausgemergelte Gesicht und fragte sich, ob die Ehe wirklich nur daran gescheitert war, dass Zobel ein Softie war. Diskussionen mit seiner Tochter Jule fielen ihm ein, in denen von den günstigen Eigenschaften des zukünftigen Partners die Rede war. Er konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Sein Schwiegersohn hatte nun wirklich kaum Ähnlichkeit mit dem Bild des Traummanns, das Jule damals hatte. Zum Glück, dachte er, waren Softies heute anscheinend out.
    »Ist sie weg?«, wisperte eine kraftlose Stimme unerwartet.
    Nachtigall zuckte ertappt zusammen. »Ja.«
    Zobel öffnete probeweise die Augen,

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