Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
zu kraulen.
Auf der Liste, die Helmut Hallow geschickt hatte, stand der Name Wladimir Kowalski nicht. Das bedeutete wohl, dass der Zusammenhang mit der Sportschule in Potsdam nicht so eng war, wie gedacht. Hallow hatte Beziehungen und Freundschaften skizziert. Aus dem engsten persönlichen Umfeld von Roland Keiser waren noch zwei Namen offen. Ein Mann, Franz Knöfel, und eine Frau, Patricia Klever. Hieß das, einer von den beiden kam als Täter infrage – oder bedeutete es eher, dass beide potenzielle Opfer waren? Wobei der Täter seine Opfer ja nicht ausschließlich im schulischen Bereich suchte. Trotzdem wollte er sie warnen, erreichte aber bei Patricia Klever nur den Anrufbeantworter und bei Franz Knöfel eine Ehefrau, die erzählte, ihr Mann sei mit seiner Schulklasse zur Studienfahrt in Südfrankreich.
Es musste eine dritte Person geben.
Während Nachtigall die immer ekstatischer schnurrende Katze streichelte, ließ er seinen Überlegungen grenzenlosen Spielraum. Kristallisationspunkt war nicht Roland Keiser. All die Opfer kannten vielmehr ein und dieselbe Person!
Und alle hatten eine Verbindung nach Cottbus.
Domino stupste sanft gegen seine Hände, die ihre Bewegungen eingestellt hatten.
Lächelnd nahm Nachtigall das Kosen wieder auf. Am Ende ging es doch um eine gescheiterte Liebesbeziehung. Nebenbuhler wurden getötet – vielleicht die beste Freundin, die dem Kontakt zum Täter schon vor 20 Jahren im Weg gestanden hatte. Gleich morgen würden sie die Freundinnen Roland Keisers noch einmal gründlich überprüfen.
Seine Laune verschlechterte sich sofort wieder, als er an das Gespräch mit Dr. März dachte. Der leitende Staatsanwalt war über die Schlagzeile in einem überregionalen Boulevardblatt verärgert gewesen. ›Frauen-WM in Gefahr – Killer kommt aus Cottbus‹, prangte die Überschrift da in riesigen roten Buchstaben auf der Titelseite. Dr. März hatte regelrecht geschäumt – und eine völlig neue Theorie entwickelt. Demnach sollten Freunde aus Potsdam Roland Keiser verschleppt und später getötet haben. Dass die anderen Spuren auch in die Lausitzmetropole wiesen, sei nur der Tatsache geschuldet, dass die Opfer hier lebten. Nicht aber notwendigerweise der Täter.
Nein, nein! Bestimmt wäre es jemandem aufgefallen, wenn ein junger Mann an zwei Krücken in einen Wagen gezerrt worden wäre. Es hätte schon damals Zeugen gegeben, überlegte Nachtigall selbstbewusst und konnte doch einen leisen Zweifel nicht unterdrücken.
Und Albrecht? Auf seine Frage hin hatte er angefangen zu lavieren. Er sei zufällig zu der Gruppe gestoßen und eingeladen worden. Er habe keinen von den jungen Leuten gekannt. Dabei wirkten alle sehr vertraut auf dem Schnappschuss. Welchen Grund sollte es für Albrecht geben, zu lügen?
26
Hajo Mangold lag bewegungslos im Krankenhausbett und starrte die Decke an.
Das gleiche Bild verfolgte ihn seit Stunden. Plötzlich hatte der Lkw vor ihnen die Spur gewechselt, sich unmittelbar vor Mangolds Wagen gesetzt. Hatte er sofort gebremst?
Natürlich hatte er gebremst. Das würde das Spezialteam Unfallermittlung schon herausfinden. Keine Schrecksekunde, keine verzögerte Notbremsung. Der hinter ihnen fahrende Kleintransporter hatte seinen Wagen voll erwischt.
Die Sekunden dehnten sich zu Ewigkeiten, während Mangolds Auto unter den Lkw geschoben wurde. Er erinnerte sich noch daran, dass er Ankekatrin »Raus!« zugebrüllt und versucht hatte, sie nach draußen zu stoßen. Was daraufhin mit der Beifahrerseite passierte, bemühte er sich, zu verdrängen. Mit mäßigem Erfolg.
Er musste sich auf etwas anderes konzentrieren. Peter war vorbeigekommen. Es gab ein weiteres Opfer. Eines, das nichts mit dem Sportinternat zu tun hatte. Sie hatten keinen Ansatz mehr.
Einen Atemzug lang drohte ihn das Gefühl der Hilflosigkeit zu übermannen. Dann hatte er sich im Griff. Es musste darum gehen, diese Morde mit aller Kraft aufzuklären – schon deshalb, weil dem möglichen Tod seiner Partnerin nicht auch noch ein ungelöster Fall folgen durfte.
Peter Nachtigall schreckte aus einem entsetzlichen Traum auf.
Er öffnete die Augen – und begegnete einem grünem Feuer. Casanova.
Die Vorderpfoten gegen die Matratze gestemmt, war der rot getigerte Kater jetzt Aug in Aug mit dem Hausherrn und hatte seine Nase dicht vor dem Gesicht seines Menschen in Stellung gebracht. Ob der Kater spüren konnte, dass er wach war? Konnten Katzen Albträume erschnuppern?
Hunde, das
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