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Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)

Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)

Titel: Spines - Das ausradierte Ich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherm
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dem Kopf in Richtung auf seinen Kumpel, der seinen Kopf aus der Garage steckte. »Und du? Können wir dir irgendwie helfen?«
    Sarah überlegte einen Augenblick, ob sie lügen sollte, aber dann sagte sie sich, dass bei diesen beiden Jungs die Wahrheit am besten war. »Ich hab die Garage da gegenüber. Hab ich von meinem Vater geerbt und ich weiß nicht, wo ich im Moment bleiben soll, deshalb wohne ich da.«
    Der Typ schien nicht im Geringsten erstaunt. Für ihn schien es vollkommen normal, dass jemand in seiner Garage wohnte. Im Gegenteil, ihre Antwort hatte jegliches Misstrauen aus seinem Blick verschwinden lassen. Er lächelte sie breit an und streckte ihr die Hand hin. »Ich heiße Harry und der da hinten ist Christoph. Hast du Lust auf ein Becks?«
    »Gern.«
    »Na dann komm rein und mach’s dir gemütlich!«
    Sarah folgte ihm in die Garage. Es war eine Doppelgarage, die ziemlich gemütlich eingerichtet war. Die eine Hälfte war bis zur Decke voll mit Waren, in der anderen Hälfte gab es eine gemütliche Sitzecke im 60er-Jahre-Stil mit einem Fernseher und zwei Kisten Becks. Ein knallblauer Camping-Kühlschrank diente zum Kühlen eines kleinen Getränkevorrats.
    Christoph holte in einem unglaublich routinierten und nahtlosen Bewegungsablauf drei Flaschen Becks aus dem Kühlschrank, machte sie auf und verteilte sie in der Runde. Harry deutete auf einen Sessel und meinte zu Sarah gewandt: »Setzt dich!« Sarah setzte sich in den trichterförmigen Sessel aus Stahlgeflecht aus den 60er-Jahren, schob sich das Sitzkissen zurecht, stieß mit Harry und Christoph an und nahm einen ersten Schluck Becks. Sofort fühlte sie sich wohl und angenehm entspannt.
    »Ist gemütlich hier«, bemerkte sie nach einem weiteren Schluck Becks und fügte möglichst beiläufig an: »Was macht ihr mit dem ganzen Zeug hier eigentlich?«
    »Verscherbeln auf Ebay oder auf irgendwelchen Flohmärkten«, antwortete Harry lakonisch. Es klang nicht, als wolle er das Thema vertiefen.
    »Und wo kriegt ihr das Zeug her?«
    »Verschieden, ist nicht so wichtig!« Harry nahm einen tiefen Schluck aus seinem Becks und machte klar, dass er nicht weiter über ihre Geschäfte reden wollte. Sarahs Blick streifte eine Kiste, die einen ganzen Packen Rolex-Uhren enthielt. Dass die nicht echt sein konnten, war auch ihr sofort klar. Sie ließ sich ihre Gedanken nicht anmerken und verzichtete auf weiteren Fragen.
    »Und du?«, fragte Harry. Es klang als würde er erst mal eine Gegenleistung fordern.
    »Ich studiere in Berlin, seit ein paar Wochen.«
    »Und die Garage?«
    »Hat mein Vater gemietet. Er hat dort so einen alten Citroën untergestellt, zum Restaurieren. Ich glaub einen DS 21.«
    »Cool, super Kiste, gibt’s nicht mehr viele von!«, bemerkte Christoph anerkennend. »Lust auf ein bisschen Sound?«, fragte Harry in die Runde und setzte sich in Richtung einer kleinen Mini-Anlage in Bewegung, die auf einem Stapel abgefahrener Reifen stand. »Ich hab hier eine uralte Scheibe von Can, aber nicht schlecht, das war schon korrekter Sound damals. «
    Sarah hatte ihr Becks schon zu drei Vierteln getrunken und fühlte, wie sie schwerer und schwerer wurde. Christoph holte einen Beutel Tabak aus der Tasche und fing an, einen Joint zu rollen. »Rauchst du?«, fragte er Sarah.
    »Ne, ich hab's mal probiert, vor ein paar Jahren, aber mir wird nur schlecht von dem Zeug.«
    »Tja, mir nicht!«, grinste Christoph breit und voller Vorfreude auf den Turn und baute weiter an seinem Joint.
    Für den Augenblick schien alles gesagt. In Erwartung des Joints kehrte eine fast heilige Stille in die Garage ein.
    Harry bemerkte, dass die Becks zur Neige gingen, und beugte sich zum Kühlschrank vor. »Trinkst du noch eins mit?«, fragte er Sarah mit entspannter Stimme. Sarah war drauf und dran, anzunehmen, entschied sich dann aber doch anders. »Ne, danke, ich denke, ich geh schlafen für heute, ich muss morgen früh raus.« Sie stand auf und stellte ihre leere Flasche auf den Tisch. »Ich wünsch euch noch einen schönen Abend und danke für das Bier. Man sieht sich!« Damit ging sie langsam zu ihrer Garage.
    »Hey, war schön, dich kennen zu lernen!«, rief Harry ihr nach. »Bis morgen. Wir sind morgen Abend wieder hier!«
    »Okay, vielleicht geb ich euch dann ein Becks aus, mal sehen!«, antwortete Sarah, ohne sich umzudrehen. Sie konnte spüren, dass Harry ihr nachschaute, und sie wusste, was er vor allem im Blick hatte. Männer waren doch alle gleich, darauf war wirklich Verlass auf

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